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Die Tochter des Teufels

Die Tochter des Teufels

Titel: Die Tochter des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Möglichkeiten hatte. »Warum sollen wir uns die Schädel einschlagen? René war ein Feuerkopf. Ich gestehe, er hat einen blendenden Geschmack entwickelt, als er sich mit Ihnen liierte. Ich gönne dem Jungen die Freude an Ihrer Seite und die Erschöpfung in Ihrem Bett! Aber nun ist René tot. Über den Schmerz eines Vaters hinaus fühle ich die Pflicht, seinen Nachlaß zu ordnen. Zum Nachlaß gehören auch Sie. Als lebendes Inventar. Die Villa, die Einrichtung, die Pferde, die Autos kann ich verkaufen, und ich werde es auch tun. Sie leider nicht. Aber ich werde Ihre Vorzüge offerieren in Bekanntenkreisen. Ich kenne genug reiche Junggesellen, aber auch erlebnishungrige Ehemänner, die gern in Renés Nachlaß einsteigen und Sie übernehmen …«
    »Hinaus!« sagte Nadja gefährlich leise. »Gehen Sie sofort hinaus …«
    »Gut! Beachten wir die Ehre, die jeder Mensch hat. Wie hoch schätzen Sie Ihre vorübergehende Trockenheit ein? Zwanzigtausend Francs? Mein letztes Angebot.«
    »Wollen Sie, daß ich Ihnen einen Leuchter an den Kopf werfe?« Nadjas Hände zuckten. Bewundernd betrachtete Marcel sie und bedauerte, sich zu weit vorgewagt zu haben, um nun nicht mehr selbst in das Erbe seines Sohnes einsteigen zu können, wie er es nannte. Er sah ihr nach, wie sie zu einer Klingel rannte und auf den Knopf drückte. Mal sehen, wer jetzt kommt, dachte er. Hat sie im Schlafzimmer einen Advokaten versteckt? Nun ja, eine Urkunde hat sie, aber man wird sie anfechten.
    »Wir Stanislas' haben harte Schädel«, sagte er. »Unser Urgroßvater kam aus Nischni Nowgorod. Von ihm geht die Sage, daß er einmal mit einem Ochsen zusammenrannte, Kopf gegen Kopf, und der Ochse brach zusammen. Das hat sich nicht geändert, nur René schlug aus der Art.«
    Die Tür klappte hinter Marcel. Neugierig sah er sich um. Saparin war hereingekommen. »Wer ist denn das?«
    »Wirf ihn hinaus, Boris Michailowitsch«, sagte Nadja hart. »Nimm ihn und alle, die im Haus sind, und hinaus mit ihnen. Und gehen sie nicht freiwillig … nimm die Nagaika aus dem Kaminzimmer und peitsche sie hinaus! Mir wird übel, wenn ich sie sehe!«
    Marcel Stanislas stand starr und mit zuckenden Backenmuskeln. Er war unschlüssig, was er tun sollte … Gegenwehr oder nachgeben!
    Saparin ließ ihm nicht viel Zeit zur Überlegung.
    »Entfernen wir uns, Monsieur«, sagte er dunkel und spreizte die Hände. »Wenn in unserem Dorf ein Männlein frech wurde, trat man ihn so lange in den Hintern, bis sein Gehirn wieder klargeschüttelt war! Beachten Sie, Monsieur, daß ich einen guten Tritt habe!«
    Marcel Stanislas atmete tief auf. »Ich schlage mich nicht mit dem Pöbel!«
    »Wenn es Sie beruhigt – ich bin Graf Saparin. Ich glaube nicht, daß Sie so schnell wieder zu einer gräflichen Ohrfeige kommen!«
    »Grafen! Fürsten! Großfürsten! Generäle! Admiräle! Alles ein einziges russisches Pack! Diese Läuse haben in Frankreich noch gefehlt!« Marcel Stanislas ging hocherhobenen Hauptes zur Tür. Saparin hatte die Hände gefaltet … es war die einzige Möglichkeit, sich zu zwingen, ruhig zu bleiben. »Ich weiche dem Plebs … aber Sie werden von mir hören!«
    Und so war es auch. Nadja hörte sehr deutlich von der Geldmacht Marcel Stanislas'. Schon drei Tage später ging es los. Zwei Rechtsanwälte fochten das inzwischen eröffnete Testament Renés an. Ein Testament, das er ohne Wissen Nadjas hinterlegt hatte, bevor er hinausfuhr zum Bois de Boulogne, zu dem unsinnigen Duell um die einzige Liebe Nadja Gurjewas. Ein Testament, in dem er Nadja zur Alleinerbin bestimmte. Es war ein Geschenk im Wert von sechs Millionen Francs.
    »Wir werden auch die besten Anwälte nehmen!« sagte Saparin. »Ich habe am Sonntag beim Gottesdienst in unserer Kirche in der Rue Daru alle gesprochen, die Geld haben! Wir helfen Ihnen, Nadja Grigorijewna. Sogar die Fürstin Marina Arkadijewna Lepika. Sie stiftet tausend Francs. Sie sagt, Väterchen Grigori habe sie 1911 von der Fallsucht geheilt.«
    »Was sind tausend Francs …«, sagte Nadja resigniert. »Es geht um sechs Millionen!«
    Es zeigte sich, daß Nadja das richtige Gefühl hatte. Was die russischen Emigranten jeden Sonntag nach dem Gottesdienst in der orthodoxen Kirche zusammenlegten – Saparin ging wie ein Bettler mit dem Hut kassieren –, reichte nicht aus, dem Heer der Stanislasschen Anwälte eine Armee eigener Advokaten gegenüberzustellen. Die Mittel waren bald zu Ende, und da Gerechtigkeit zu allen Zeiten eine Frage des Kapitals und des

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