Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
Vom Netzwerk:
sich.
    Mit gesenktem Kopf verließ Beatrice die Küche, in der es nach gebratenem Schwein zu riechen begann. An den Wänden hingen zwar Schinken, büschelweise getrocknete Gewürze, und auf den Regalen hatte sie eingelegte Feigen, Obst und Gemüse gesehen, doch es mangelte an den Köstlichkeiten, die von Reichtum sprachen. Weder Schalen voller kandierter Früchte noch exotische Obstsorten oder eine Auswahl an Wildbret waren vorhanden, Dinge, die bei ihrer Ankunft im Palazzo Buornardi zu finden gewesen waren. Wie war es tatsächlich um die Buornardis bestellt?
    In Gedanken ging sie die Treppe hinauf, berührte dabei ihre Ohrringe, die einzigen Schmuckstücke, die sie neben einer schlichten Goldkette ihrer Mutter behalten hatte. Federico hatte seine Geschenke zurückgefordert und auch nach den Sachen ihrer Mutter gefragt. Nachdem sie lächelnd erklärt hatte, dass sie alles verschenkt hätte, war er wütend geworden, hatte alle ihre Räume durchwühlt und sie mit Drohungen überhäuft, doch sie hatte nur die Schultern gehoben und ihm Clarices Ohrringe und diese Kette angeboten. Anscheinend waren die Sachen nicht wertvoll genug, denn er hatte sie ihr gelassen.
    Â»Beatrice!«
    Sie wandte sich um und sah Lorenza in der Tür zu ihrem Schlafgemach stehen. »Signora?«
    Â»Was geht da unten vor sich?« Federicos Mutter hatte sich noch nicht angekleidet, die Haare waren fettig und unfrisiert, die Haut wirkte fahl, und sie hatte dunkle Schatten unter den Augen.
    Â»Richter Luparini ist hier. Alberto Mari ist tot im Kanal der Via del Fosso gefunden worden.«
    Â»Und das sagt Ihr so gelassen? War das nicht Euer Freund? Ihr macht doch sonst aus allem ein Drama!«
    Beatrice antwortete nicht, sondern ging einfach weiter.
    Â»Unverschämtes Frauenzimmer!«, keifte Signora Buornardi. »Ihr werdet schon sehen, was Ihr davon habt! Pietro! Komm sofort her!«
    Die Kohlenwannen in den Korridoren glühten kaum, und in den Räumen gab es gerade genügend Brennholz, um spärliche Feuer am Leben zu halten. Lorenzas Sparmaßnahmen fanden ihre Anwendung, ob auch in ihren eigenen Räumen, wagte Beatrice zu bezweifeln. Im Ammenzimmer zog feuchte Kälte durch die Fenster. Die Amme stand bei ihrem Eintreten auf und legte eine Handarbeit zur Seite. »Die Kleine ist wach. Ihre Stirn ist wärmer als sonst, aber ich glaube nicht, dass sie Fieber hat.«
    Erschrocken nahm Beatrice ihre Tochter aus dem Bett und untersuchte sie. »Doch! Sie hat Fieber! Wir brauchen einen Medicus. Ich werde Ansari holen lassen.«
    Â»Aber Kinder haben ständig irgendetwas. Es muss nichts Schlimmes sein!«, sagte die Amme. »Ich habe ein halbes Dutzend eigene und genügend fremde Kinder genährt und heranwachsen sehen, um das zu wissen.«
    Â»Meinst du?« Zweifelnd fühlte Beatrice Giulias warme Stirn, doch ihre Tochter sah sie nur mit großen Augen an. »Vielleicht hast du recht, und ich bin zu besorgt, weil es mein erstes Kind ist. Warten wir ab, was geschieht, aber bei dem geringsten Anzeichen einer ernsthaften Erkrankung hole ich Hilfe.«
    Ihre Amme neigte plötzlich den Kopf, und Beatrice drehte sich um. Federico stand in der offenen Tür.
    Â»Hilfe? Wozu?«, griff er die letzten Worte auf.
    Â»Wenn meine Tochter krank ist, hole ich den Medicus Ismail Ansari.«
    Â»Wenn Eure Tochter krank ist, könnt Ihr anfangen zu beten, Beatrice. Ansari kommt nicht mehr in dieses Haus.«
    Â»Aber warum denn nicht? Wegen der Bezahlung …«
    Â»Darum geht es nicht«, unterbrach er sie. »Er kommt nicht hierher, basta. Ihr werdet niemanden holen oder benachrichtigen. Das heißt, Ihr schickt auch keinen Brief ab, den ich nicht zuvor gelesen habe. Im Klartext bedeutet das – Ihr habt ab heute Hausarrest, Beatrice! Jeder, der Euch hilft, wird bestraft, und ich scheue mich nicht davor, auch Frauen peitschen zu lassen.« Er warf der Amme einen warnenden Blick zu. »Seht es einfach als Maßnahme zu Eurer eigenen Sicherheit an. Ach ja, einer meiner Knechte wurde vor der Stadt aus einer Jauchegrube gezogen. Ich glaube, sein Schädel war eingeschlagen. Da seht Ihr, wie gefährlich es in Lucca geworden ist. Ich will doch nicht, dass meiner eigenen Frau ein Leid zustößt.« Ein schiefes Lächeln unterstrich die Ironie seiner Worte.
    Erschrocken drückte Beatrice ihr Kind an sich, das unruhig wurde und zu quengeln begann. »Meine

Weitere Kostenlose Bücher