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Die Tochter des Tuchhandlers

Titel: Die Tochter des Tuchhandlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilken Constanze
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Fühlt Ihr die Beule hinter dem Ohr?«
    Sacht drehte sie seinen Kopf und erblickte eine taubeneigroße Beule unter seinen Haaren. »O nein!«
    Â»Das ist nicht weiter schlimm. Kühlt die Stelle, und später habe ich eine Tinktur, die die Schwellung vermindern hilft. Jetzt haltet hier den Verband, damit die Blutung nicht wieder beginnt.«
    Ismail zeigte ihr, wo sie drücken musste, während er geübt die Wundränder zusammenschob und vernähte. Nachdem er den Faden verknotet und abgeschnitten hatte, griff er nach einem verkorkten Fläschchen und goss von der Flüssigkeit über die frische Wunde. Federico zuckte, erwachte jedoch nicht. Der Medicus hielt ihr die Flasche hin. »Branntwein. Trinkt einen Schluck. Dann bekommen Eure Wangen wieder Farbe.«
    Zögernd nahm Beatrice die Flasche und nippte daran. Der scharfe Branntwein rann ihre Kehle hinab, und sie musste husten. Doch dann spürte sie, wie eine Hitzewelle ihren Magen durchströmte, und ihre Hände hörten auf zu zittern. Ismail tupfte die Wundränder leicht ab, strich eine streng riechende Paste über die Naht und wickelte einen strammen Verband um den Oberschenkel. Schließlich sah er sich den Schnitt an Federicos linker Hand an, den er anfangs nur notdürftig versorgt hatte.
    Â»Diesen Schnitt brauche ich nicht zu nähen. Haltet die Wunde sauber, dann bleibt kaum eine Narbe.«
    Beatrice nickte. Sie hatte Ismail manches Mal bei seiner Arbeit zugesehen, wenn er in ihrem Elternhaus verletzte Knechte oder Soldaten versorgt hatte. In den Stallungen, auf den Feldern und bei Transporten ereigneten sich häufig Unfälle, aber unter Ismails fachkundiger Anleitung waren die Verletzten fast immer schnell genesen. Anders sah es aus, wenn ein sogenannter Medicus oder ein Bader kam. Diese Männer wussten oft nicht mehr als ein Schlachter und behandelten mit groben Händen ihre armen Opfer. Darüber hinaus war Ismail ein Freund ihres Vaters. Sie seufzte und kämpfte gegen ein Schwindelgefühl an, das sie plötzlich überkam.
    Â»Beatrice, habt Ihr nicht gehört?« Ismail Ansari hielt ihr zwei Tiegel entgegen. »Mit diesen Salben reibt Ihr die Beule am Kopf ein. Die sind gut für Schwellungen, Blutergüsse und schmerzende Beine.«
    Â»Danke. Tut mir leid, Ismail …« Sie konzentrierte sich, und der Schwindel verflog. Die Tiegel stellte sie auf ein Tischchen neben Federicos Bett. Sein Atem ging weniger unregelmäßig. Beatrice tauschte den Kopfwickel aus und strich ihrem Mann ein Haar aus der Stirn.
    Ismail räumte seine Utensilien zusammen. »Die Schwangerschaft scheint Euch gut zu bekommen, Beatrice. Ihr seid eine starke Frau.« Er lächelte.
    Ãœberrascht sah sie ihn an. »Euch kann ich nichts verheimlichen, nicht wahr?«
    Der Perser wusch sich die Hände, trocknete sie mit einem sauberen Handtuch ab und hängte seine Tasche um. »Nicht, wenn es um den menschlichen Körper geht. Ich komme morgen wieder. Wenn rote Streifen von der Wunde nach oben ziehen, fließt Gift in seinen Körper, dann können wir nur noch amputieren, aber das werden wir in den nächsten Tagen sehen. Haltet sein Bein ruhig, gebt ihm zu trinken und kräftige Brühe, wenn er aufwacht.« Ismail berührte mit einer Hand Kinn und Stirn in der Weise, wie es die Orientalen taten, und neigte den Kopf.
    Â»Ich kann Euch nicht sagen, wie dankbar ich bin, dass Ihr kommen konntet, Ismail.« Sie nahm den Geldbeutel von ihrem Gürtel und reichte ihn dem Arzt, der jedoch keine Anstalten machte, ihn anzunehmen.
    Â»Wenn Euer Mann gesund ist, gebt den Armen, die es benötigen. Wir sind unter Freunden, Beatrice, Euer Dank ist mir genug.«
    Beschämt steckte sie die Börse wieder ein und nahm sich vor, Ismail einen Mantel anfertigen zu lassen. Ein Geschenk würde er nicht ablehnen.
    Nachdem Ismail Ansari gegangen war, saß Beatrice allein neben dem Krankenlager ihres Mannes. In ihrem Ärmel steckte noch immer der Brief mit Alessandros Bitte um Geld. Es musste etwas geschehen. Aber nicht heute. Sie ging hinaus und fand Andrea wartend vor der Tür.
    Er hatte sich notdürftig gesäubert, und sein linker Arm war verbunden worden. Die durchlittenen Strapazen hatten Spuren in seinem Gesicht hinterlassen, waren seinem guten Aussehen jedoch nicht abträglich gewesen. Warum blieb ein Mann seiner Erscheinung als Diener in den Diensten eines Kaufmanns? Was trieb ihn

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