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Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Tochter des Tuchkaufmanns: Historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Rosemann
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betraf. Drei Tage Pause empfanden sie als genug, sie
mussten weiter, wollten ihre Geschäfte abwickeln.
    Jolanthe
war mit Abschürfungen und Prellungen davongekommen, die ihr mittlerweile kaum noch
Schmerzen bereiteten. Der Schreck wog schwerer. Am ersten Tag nach dem Unfall wollte
sie keine Berge mehr sehen und verfluchte ihren Wagemut, sich auf so eine Reise
zu begeben.
    Nun saß
sie mit der Freundin vor dem Hospizgebäude in der Sonne. Martha stöhnte, als sie
ihr Gewicht verlagerte. Der Fels hatte sie am Oberkörper getroffen. Nach einer durchwachten
Nacht hatte Martha schließlich in einer schmerzhaften Prozedur selbst festgestellt,
dass sie sich wohl ein paar Rippen gebrochen oder zumindest angeknackst hatte. Jolanthe
hatte an ihrem Bett gekauert und gebetet, keinem war es gelungen, sie dort fortzubringen.
Den ganzen folgenden Tag über hatte sie nach Marthas Anweisungen die Salbenwickel
auf ihrem Brustkorb erneuert. Am zweiten Tag hatte die Kranke sich einfach erhoben
und behauptet, das Liegen helfe sowieso nichts. Zudem müsse sie sich um den verletzten
Kaufmann kümmern, mit Mühe zwar, aber es ging. »So etwas geschieht auf einer solchen
Reise«, hatte sie nur gesagt. »Sei froh, dass unser Pascal für solch gute Begleitung
gesorgt hat, sonst hätten wir schon längst mit Strauchdieben zu kämpfen gehabt.
Glaub mir, er hat sicher nicht wenig dafür bezahlt.«
    Pascal kam
zu ihnen geschlendert und blieb vor ihnen stehen. Jolanthe blinzelte gegen das Sonnenlicht,
als sie zu ihm hochsah. Seine Stirn war gerunzelt, so als mache ihm etwas Sorgen.
    »Morgen
ziehen sie weiter«, sagte er. »Es wurde eben beschlossen.«
    »Was ist
mit dem Verletzten?«, fragte Martha. Sie hatte sich aufgerichtet und klopfte neben
sich ins Gras. »Setz dich, ich bekomme es sonst im Genick, wenn ich so zu dir hochstarren
muss. Im Moment bin ich um jedes Körperteil dankbar, welches mir keine Schmerzen
bereitet.«
    Pascal ließ
sich nieder. Er antwortete: »Man dürfe keine Rücksicht auf ihn nehmen, sagt er.
Wer sich nicht imstande fühlt, die Reise wieder aufzunehmen, der muss hier bleiben.
Sie werden dafür sorgen, dass er auf dem Rückweg wieder aufgenommen wird, wenn es
ihm dann besser geht.«
    Martha schnaubte,
doch sie sagte nichts. Jolanthe ließ einen Grashalm durch die Finger gleiten. Sie
schwiegen, keiner wollte die Frage stellen, deren Antwort Jolanthe Sorgen machte.
Erst als ihr das Schweigen zu drückend wurde, sagte sie: »Ich bleibe auf jeden Fall
bei dir, Martha.«
    »Was redest
du für einen Unsinn, natürlich bleibst du das.«
    »Was ist
mit dir?« Jolanthe schaute Pascal an, der ihren Blick erwiderte.
    »Das ist
eine dumme Frage.«
    »Das meine
ich auch«, mischte sich Martha ein. »Ich bin jedenfalls froh, dass wir nicht länger
an diesem ungemütlichen Ort verweilen.« Sie stöhnte erneut auf vor Schmerz, atmete
gequält ein und rieb sich die Schulter.
    »Erzähl
mir nicht, dass du reiten kannst.«
    »Glaub mir,
ich habe schon Schlimmeres überstanden.«
    Jolanthe
musterte die Freundin von der Seite. »Du meinst das im Ernst, oder? Ich will nicht,
dass du dich mir zuliebe quälst.«
    »Du vergisst,
dass es auch mein Wunsch ist, irgendwann in Venedig anzukommen. Hier jedenfalls
bleibe ich bestimmt nicht freiwillig, bis irgendwer mich mit nach Hause nimmt. Hier
sind mir zu viele Berge, es fehlt der weite Blick, da bekommt man ja Beklemmungen.«
    Jolanthe
ließ sich nicht durch den lockeren Ton, den Martha anschlug, täuschen. Die Freundin
litt, das spürte sie deutlich.
    »Was ist,
wenn wir dich mitten auf dem Weg zurücklassen müssen, weil du nicht weiter kannst?«
    »Dann werde
ich dich an deine Worte von vorhin erinnern.« Martha lachte ihr kehliges Lachen
und erhob sich mühsam. »Macht euch um meine alten Knochen keine Sorgen, ich schaffe
das schon. Und nun muss ich nach dem Kranken sehen.«
    Gebückt
schlurfte sie in Richtung der Gebäude und ließ Jolanthe mit Pascal allein. Die strich
mit den Händen über das Gras, dann schaute sie über die Hochebene hin zu den Gipfeln
der Berge.
    »Bedrückend,
diese Landschaft, Martha hat recht, findest du nicht auch?«, fragte sie in die Stille
hinein. Pascal folgte ihrem Blick und zuckte mit den Schultern.
    »Leben möchte
ich nicht hier, aber es hat auch was Beeindruckendes«, antwortete er und wandte
sich ihr wieder zu. »Glaubst du, Martha schafft das? Kann sie weiterreisen?«
    Jolanthe
antwortete nicht gleich. Was sollte sie auch sagen? So wie Martha sich

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