Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Todesbotin

Die Todesbotin

Titel: Die Todesbotin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
Taschen und fand ein
Streichholzheft. Ein schwankender Schritt brachte mich in die höllische
Dunkelheit der Folterkammer, wo ich ein Streichholz anzündete.
    »Burke«, rief ich heiser.
»Calvin Burke!«
    Selbst das Echo meiner eigenen
Stimme klang mir bedrohlich in den Ohren. Das Streichholz verbrannte mir die
Fingerspitzen, ich ließ es fluchend zu Boden fallen. Burke hatte wahrscheinlich
seine Nachforschungen beendet und war längst in sein Zimmer zurückgekehrt,
hatte nur vergessen, die hölzerne Türe wieder abzuschließen. Oder vielleicht
durchsuchte er gerade die einzelnen Kerker und hatte mich überhaupt nicht rufen
gehört. Das war genau einer von diesen idiotischen Einfällen, die mich immer in
Teufels Küche bringen. Ich machte noch ein paar zögernde Schritte nach vorn und
stieß mit dem rechten Bein schmerzhaft gegen die Bank mit den
Folterinstrumenten.
    »Burke ?« schrie ich wieder, diesmal mit voller Kraft. »Calvin Burke?«
    Die Stille um mich wurde immer
bedrohlicher. Ich riß ein zweites Streichholz an, und bei seinem flackernden
Lichtschein glaubte ich einen schrecklichen Augenblick, daß ich jemanden an der
gegenüberliegenden Wand stehen sähe. Dann, als das Streichholz erlosch,
erinnerte ich mich wieder an die Eiserne Jungfrau; ich mußte sie gesehen haben.
Zum Teufel mit der ganzen Sache! Auch in den Kerkern hätte Burke mein Rufen
hören müssen, überlegte ich, deshalb war er offenbar schon längst verschwunden.
Bei dem Gedanken wurde mir gleich wohler. Ich hatte meine Pflicht getan, hatte
mich mutterseelenallein in das kalte, dunkle Verlies und die Folterkammer
gewagt, jetzt konnte ich mit allem Recht in mein warmes Bett zurückkehren und
zu der, wie ich hoffte, noch wärmeren Désiree.
    Ein schöner Gedanke, aber er
tröstete mich nicht lange. Denn irgendwo hinter mir ertönte ein Knirschen,
gefolgt von einem dumpfen Knall. Dann hörte ich, daß ein Schlüssel rasselnd im
Schloß gedreht wurde. Noch bevor ich das dritte Streichholz entzündet hatte,
wußte ich, daß mich irgendein Idiot hier eingeschlossen hatte.
    Ich stolperte zur Tür und
hämmerte mit beiden Fäusten wild dagegen. Das hielt ich ziemlich lange durch,
bis meine Fäuste schließlich zu sehr schmerzten. Scheußlich, aber logisch:
Burke mußte sich erinnert haben, daß er bei seinem Abgang die Türe nicht
zugeschlossen hatte, war zurückgegangen und hatte das gerade eben nachgeholt.
Natürlich konnte er nicht wissen, daß noch jemand im Kerker war. Aber Désiree
mußte sich jetzt bald fragen, was mich aufhielt, und bei Burke in seinem Zimmer
der Sache nachgehen. Dann würde sie ihm ja berichten, daß ich dort unten war,
und ihn aufsperren schicken.
    »Allerdings nur dann«, gab mein
einsichtigeres Ich mir zu bedenken, »wenn sie das Warten noch nicht satt
bekommen hat und längst in ihr eigenes Zimmer zurückgekehrt ist .« Das war wieder eine von den Gelegenheiten, bei denen ich
mein anderes Ich zum Teufel wünschte.
    »Übrigens«, beharrte meine bessere
Einsicht, »wenn du schon für den Rest der Nacht hier unten festsitzt, solltest
du dann nicht einige Vorbereitungen treffen ?«
    »Aber sicher«, antwortete ich
verbittert. »Ich kann mir zum Beispiel die Seele aus dem Leib schreien und
warten, bis ich einschlafe .«
    Ich tastete mich zu dem Tisch
in der Mitte des Raumes und wußte, daß ich ihn erreicht hatte, als ich mit dem
rechten Schenkel schmerzlich zum zweitenmal an seine
Kante stieß. Ich zündete noch ein Streichholz an, und da, unter den
Daumenschrauben und anderen Folterinstrumenten lag eine Taschenlampe! Mir war,
als wäre ich kurz vor dem Verdursten über eine Oase gestolpert. Offenbar hatte
Burke beim Weggehen die Lampe hier vergessen.
    »Wenn er wirklich weggegangen
ist«, gab mir mein einsichtigeres Ich zu bedenken.
    »Natürlich ist er gegangen«,
erwiderte ich. »Schließlich hat er ja nicht geantwortet, als ich eben seinen
Namen rief, nicht wahr ?«
    »Vielleicht konnte er nicht ?« murmelte mein einsichtigeres Ich.
    »Das ist ja lächerlich !« sagte ich. »Außerdem, wer schaut schon einer geschenkten
Taschenlampe in die Birne ?«
    Ich tastete nach dem
hochwillkommenen Instrument und knipste es an. Sein ungezielter Lichtstrahl
warf eine breite Bahn quer über den Fußboden. Es war ja nur ein Boden,
beruhigte ich mich. Ein Boden, auf dem jemand etwas verschüttet hatte, denn die
dunklen Pfützen und Spritzer glänzten immer noch naß. Vielleicht hatte Mapleton
Petroleum aus den Lampen vergossen, als

Weitere Kostenlose Bücher