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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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schlichtweg nicht interessiert. Bis auf Tobias, er hat seltsamerweise einen Narren daran gefressen. Also haben wir ihm dieses Steckenpferd gelassen. Es war und ist seines. Dein Vater, Johannes und ich haben uns da immer völlig herausgehalten. Deshalb haben wir so gut wie nichts davon mitbekommen, geschweige denn, dass wir es für erwähnenswert hielten.«
    Es klang so verblüffend plausibel, was er sagte. Sollten Adrian und ich uns so sehr getäuscht haben?
    »Wenn es stimmt, dass allein mein Vater für diese dreckigen Mitschnitte verantwortlich war – wieso haben sie dann in deinem Tresorraum gelagert, Alexander? Wieso hat er sie nicht in seinem Haus versteckt?«, fragte Adrian mit brüchiger Stimme.
    »Sie waren dort. Aber als abzusehen war, dass es mit ihm zu Ende geht, habe ich entschieden, sie von dort wegzuholen. Ich wollte nicht, dass sie dir in die Hände fallen. Glaube mir, Adrian, ich hätte dir gerne dein positives Vaterbild bewahrt. Außerdem – auch das muss ich ehrlich zugeben – ist mir sehr an dem Ruf von
BGS&R
gelegen.«
    »Und Carls Aktentasche?«, fragte ich. »Hättest du die nicht mitgenommen, wäre es Adrian gar nicht aufgefallen, dass jemand im Haus war.«
    »Ich wusste nicht, ob Carl auch auf seinem Laptop dieses Material gespeichert hatte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als die Tasche mitzunehmen.«
    »Warum hat mein Vater diese DVD s nicht einfach vernichtet, nachdem er die Leute damit erpresst hatte?«, wollte Adrian wissen.
    »Diese Frage habe ich ihm selbstverständlich auch gestellt. Er sagte, es sei ihm unmöglich, einmal gewonnene Informationen zu vernichten.«
    »Du hättest sie vernichten können«, hielt ich meinem Vater vor.
    »Das ist inzwischen geschehen. Und hättet ihr nicht einige davon mitgehen lassen, gäbe es auch die nicht mehr. Deshalb gebe ich euch den gutgemeinten Rat, die Dinger zu zerstören und in die nächstbeste Mülltonne zu werfen.«
    Die Sonne war so weit gewandert, dass sie mich blendete. Ich kniff die Augen zusammen. »Kannst du uns das beweisen?«
    Ohne auch nur einen Moment zu zögern, erhob sich mein Vater und bedeutete uns, ihm ins Arbeitszimmer zu folgen. Er drückte den Schalter im Bilderrahmen und wartete, bis das Ölgemälde zur Seite gefahren war. Dann machte er eine einladende Geste Richtung Durchgang. Ich warf einen Blick hinein. Alles war, wie wir es zuletzt vorgefunden hatten. Sogar die Lücke klaffte noch dort, wo ich Gesas Ordner herausgezogen hatte. Was fehlte, waren die Stapel von DVD s.
    »Ich habe übrigens kein Problem damit, wenn du die Unterlagen über deine Mutter behältst«, sagte mein Vater von seinem Schreibtisch aus.
    »Wie bist du an die Gesprächsprotokolle gekommen?«
    »Ich habe eine Krankenschwester bestochen.«
    Ich sah ihn stumm an. Die Frage, die sich aufdrängte, stand mir ins Gesicht geschrieben.
    »Weil ich wissen wollte, warum Gesa versucht hat, dich zu töten.«
    *
    In der Pension trug sich Gesa als Eva-Maria Toberg ein. Am ersten Tag hatte sie noch Angst, entdeckt zu werden. Bereits am zweiten siegte die Sehnsucht nach ihrer Tochter, und sie begann, aus sicherer Entfernung Alexanders und Freias Haus zu beobachten. Als schließlich eine ihr unbekannte Frau in einem Dirndl durchs Tor trat, an jeder Hand ein Kind, dachte Gesa zunächst an eine Besucherin und schenkte ihr keine große Aufmerksamkeit. Lediglich im Augenwinkel bekam sie mit, wie die Frau mit den beiden Mädchen am Seeufer entlanglief. Das größere der beiden begann damit, ein Rad nach dem anderen zu schlagen – bis die Frau es in gutmütigem Ton aufforderte, eine Pause zu machen. Gesa hörte ihre Worte genau, der Wind trug sie ihr zu: »Hör lieber auf damit, Finja, sonst wird dir noch schwindelig.«
    Gesa vergaß zu atmen. Sie versuchte, ihr Kind mit einem Blick zu erfassen, doch sie scheiterte an den Kleinigkeiten. An der Art, wie Finja den Kopf hielt oder die Füße setzte. Wie sie wild mit den Händen gestikulierte. Wie sie lachte und das kleinere Mädchen in die Seite petzte, um sie damit zu einem Wettrennen aufzufordern.
    Eine kostbare Woche lang nutzte Gesa jede Gelegenheit, Finja aus der Ferne zu beobachten. Schnell hatte sie begriffen, dass die Dirndl-Frau das Kindermädchen und das jüngere Kind Finjas Halbschwester war. Hielt ihre Tochter sich in der Schule auf, unternahm Gesa lange Spaziergänge, um sich abzulenken. Etwas mehr als zwei Jahre hatte sie nach dem Tod ihrer Eltern in dieser Gegend verbracht – Zeit genug, um sich

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