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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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erinnerte entfernt an eine Berliner Hauswand. Über einem eng geschnittenen, wasserblauen Tanktopkleid, das bis zu den Knöcheln reichte, trug sie einen seitlich geschlitzten Kaftan aus hauchdünnem durchsichtigen Stoff, der mit Graffitimotiven bedruckt war.
    Sie sah zufrieden an sich herunter. »Schrill, oder? Der Laden hat erst vor ein paar Tagen aufgemacht. Und ich konnte einfach nicht widerstehen, obwohl es maßlos überteuert war, wenn du mich fragst.« Sie drehte sich einmal um sich selbst und brachte damit den unteren Teil des Kaftans zum Fliegen. »Aber es war es mir wert. Macht doch eine gute Figur, oder?«
    »Du hast eine gute Figur, Eva, egal, wie oft du das Gegenteil behauptest! Hör endlich auf, aussehen zu wollen wie ein Hungerhaken. Daran ist nichts schön.« Ich goss noch Essig und Öl über den Salat, mischte ihn gut durch, verteilte ihn auf zwei Teller und drapierte überbackenen Ziegenkäse darauf. Dann schnitt ich ein Baguette in Stücke. »Und deshalb gibt es jetzt auch etwas Leckeres zu essen. Du kannst Teller und Besteck schon nach nebenan bringen. Ich komme gleich nach.«
    Mit Brotkorb, Gläsern und einer Flasche Wasser folgte ich ihr. Nachdem ich alles auf dem Tisch verteilt hatte, zündete ich im Raum verteilt drei Kerzen an und ließ mich dann Eva-Maria gegenüber auf eines der Bodenkissen fallen. Mit einem Seufzer nahm ich mir ein Stück Baguette und biss hungrig hinein.
    Während Eva-Maria den Ziegenkäse unter den Salat mischte, betrachtete sie mich unverhohlen. »Bist du verliebt?«
    Ich kaute auf dem Brot herum und zerteilte den Ziegenkäse. »Glaub schon.«
    »Und?«
    Die Ellbogen auf die Knie gestützt breitete ich die Hände aus und hob die Schultern. »Ich weiß es nicht … es ist alles noch viel zu frisch.«
    »Ist es der Typ, für den du gerade malst?«
    »Heute habe ich ehrlich gesagt eher weniger für ihn gemalt«, meinte ich grinsend.
    »Klingt vielversprechend, wenn es ihm gelingt, dich vom Malen abzulenken.« Eva-Maria holte tief Luft und ließ sie langsam entweichen. Sie sah mich ernst an. »Ich habe mir ziemliche Sorgen um dich gemacht, nachdem ich deine kryptische Nachricht erhalten hatte. ›Muss das Handy vorübergehend ausschalten. Melde mich‹«, wiederholte sie meine SMS . »Was war denn da bloß los?«
    Ich wusste nicht, wo ich beginnen sollte, deshalb erzählte ich völlig ungeordnet von den Ereignissen der vergangenen Woche, während ich mit der Gabel in meinem Salat herumstocherte, ohne einen einzigen Bissen zu essen.
    »Das klingt alles wie ein entsetzlicher Spuk«, sagte sie leise, als ich geendet hatte.
    Am liebsten hätte ich diesen Spuk hinter mir gelassen und ihn für immer vergessen. Aber das war nicht möglich. Deshalb musste ich mit jemandem sprechen, der einen objektiven Blick auf all das werfen konnte. Mit einer entschlossenen Bewegung schob ich meinen Teller beiseite und stand auf, um meine Tasche zu holen. Als ich wieder saß, zog ich den Umschlag daraus hervor und riss ihn auf. Ein paar der DVD s legte ich zwischen uns auf den Tisch und beschrieb ihr einzelne Szenen.
    Eva-Marias ohnehin schon blasse Haut schien noch um eine Nuance heller zu werden. Sie starrte mich an, als erzählte ich Märchen. Also schaltete ich meinen Laptop ein, um ihr zu beweisen, dass es keine Hirngespinste waren.
    Nachdem sie sich mehrere Ausschnitte angesehen hatte, stand sie abrupt auf und versetzte der Schaukel einen kräftigen Schubs. »Was sind das nur für elende Schweine«, meinte sie schließlich und starrte dabei auf das schlingernde Holzbrett. »Und da mache ich mir Gedanken über den gläsernen Menschen.« Sie fuhr sich mit beiden Händen durch ihre roten Locken. »Dabei kann immer noch ich entscheiden, welche Informationen ich preisgebe. Ob ich zum Beispiel im Internet mein Innerstes nach außen kehre, mein Handy nicht besser mal ausschalte oder in den Geschäften bar bezahle. Ich kann viel tun, um mich nicht allzu gläsern werden zu lassen. Aber diese Leute zapfen Orte an, an denen du dich ganz selbstverständlich sicher fühlst. An denen es völlig überflüssig erscheint, Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Weißt du, was die tun, Finja?« Sie ließ sich auf der Schaukel nieder und schlang die Arme um den Brustkorb. Dabei sah sie mich an wie ein Mensch, der gerade aus einem Alptraum erwachte, nur um festzustellen, dass er Wirklichkeit war. »Die zerstören die letzten sicheren Inseln, die so unglaublich wertvoll sind. Das ist der absolute Vertrauensverlust.

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