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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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pass bitte gut auf ihn auf.«
    *
    Insgesamt fünf Mal bekam Gesa ihre Tochter in dieser Woche zu sehen. Ihr fotografisches Gedächtnis half ihr, Finjas Gesicht abends in ihrem Pensionszimmer auf Papier zu bannen. Die Bilder, die so entstanden, machten ihr den Abschied kein bisschen leichter. Sie hätte etwas dafür gegeben, ihren Aufenthalt in die Länge ziehen zu können. Aber Alexanders Drohungen wirkten immer noch nach. Sie wollte nicht zu viel riskieren. Wenn Eva-Maria mitspielte, konnte sie vielleicht bereits im Herbst wiederkommen.
    Zurück in Berlin stieg sie mit bleischweren Beinen die Treppe hinauf – in ihr anonymes, von Alexanders Aufsicht befreites Leben. Sie war so tief in Gedanken, dass sie den Brandgeruch nicht gleich bemerkte. Sie begann flach zu atmen und sich zu fragen, woher er kam. Bis sie ihm bis vor ihre Wohnung folgte, deren Tür nur angelehnt war. Sie stellte ihren Koffer ab und gab der Tür einen leichten Stoß. In dem kleinen Flur stand ein Polizist, der sich Notizen machte, ohne sie zu bemerken. Mit ängstlich klopfendem Herzen sah Gesa sich um. Von dort, wo sie stand, konnte sie einen Spaltbreit in ihr Schlafzimmer sehen. Es war pechschwarz.
    »Guten Tag!«, drang die tiefe Stimme in ihr Bewusstsein. »Suchen Sie jemanden?«
    »Was ist denn hier geschehen?«, fragte Gesa, ohne den Blick von dieser Schwärze in ihrem Schlafzimmer lösen zu können.
    »Die Mieterin ist letzte Nacht bei einem Zimmerbrand ums Leben gekommen. Schlimm.« Er musterte Gesa, als wolle er sichergehen, dass sie nicht im nächsten Moment ohnmächtig zusammenbrach.
    Gesa stützte sich an der Flurwand ab. »Aber wie …?«
    »Das arme Ding muss mit brennender Zigarette eingeschlafen sein.« Er schüttelte den Kopf und schien sich daran zu erinnern, weswegen er dort war. »Und Sie sind eine Freundin der Toten?«
    Gesa nickte. Obwohl ihr Körper sich anfühlte, als sei er erstarrt, spürte sie, dass ihr Kopf noch funktionierte. »Ich heiße Eva-Maria Toberg. Gesa hat mich hin und wieder bei sich wohnen lassen. Ich …« Sie schluckte.
    Er sah sie mitfühlend an. »Tut mir leid für Sie. Ist sicher nicht leicht, eine Freundin auf diese Weise zu verlieren.«
    »Nein.« Gesa biss auf ihrer Unterlippe herum. »Dann gehe ich wohl besser wieder. Darf ich vorher noch meinen Koffer holen, den Gesa für mich aufbewahrt hat?«
    »Wo steht er denn?«
    »Im Wohnzimmer neben dem Sofa.« Gesa wies mit dem Finger in die Richtung.
    Der Polizist ging hinein und kam gleich darauf mit dem wenig ansehnlichen Koffer zurück. »Damit das alles seine Ordnung hat, zeigen Sie mir aber Ihren Ausweis, ja?«
    Gesa war froh, im dämmrigen Teil des Flurs zu stehen. Sie zog Eva-Marias Ausweis aus ihrer Handtasche und reichte ihn dem Beamten, der einen flüchtigen Blick daraufwarf und ihn ihr dann zurückgab.
    »Können Sie mir noch sagen, wo Gesa Minkes Eltern wohnen? Wir müssen sie noch heute vom Tod ihrer Tochter unterrichten.«
    Sie zog ein Taschentuch aus ihrer Hosentasche und trocknete sich damit die Augenwinkel. »Gesas Eltern sind bei einem Unfall ums Leben gekommen. Sie hat nur noch eine ältere Schwester. Sie lebt am Tegernsee, in Rottach-Egern, glaube ich. Aber so genau weiß ich es auch nicht.«
    »Wissen Sie zufällig noch, wie diese Schwester heißt?«
    »Freia Benthien.«
    Er schrieb den Namen auf seinen Notizblock und nickte in einer Weise, als sei seine Arbeit damit abgeschlossen.
    »Na dann …«, sagte Gesa und verabschiedete sich schnell von dem Beamten. Ohne sich noch einmal umzusehen, floh sie aus ihrer Zweizimmerwohnung und aus ihrem bisherigen Leben – den Koffer mit Eva-Marias Habseligkeiten fest in der Hand.

[home]
    17
    I nmitten unzähliger Bücherstapel saß Richard im Schneidersitz auf dem Esszimmertisch und hatte beide Hände hinter sich aufgestützt. Seit einer halben Stunde gab ich mir Mühe, mich beim Malen nicht von ihm ablenken zu lassen. Meine halbherzige Frage, ob er nicht etwas Besseres zu tun habe, als mir zuzusehen, hatte er mit einem vielsagenden Lächeln quittiert. Also malte ich mit seinem Blick im Rücken und widerstand der Versuchung, meine Utensilien aus der Hand zu legen und zu ihm auf den Tisch zu klettern.
    Da er mich immer wieder mit Fragen unterbrach, machte mein Bild nur winzige Fortschritte. Er wollte wissen, ob die Wände meines Elternhauses vom Keller bis zum Dachboden mit meinen Bildern bemalt seien. Ob meine Schwester ein ähnliches Talent gehabt habe. Ob ich mich gut mit ihr verstanden

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