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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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dann ist alles anders.« Ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln. »Es fällt mir so schwer, mir vorzustellen, dass ich die beiden nie wiedersehen werde.«
    Mein Vater nahm meine Hand und drückte sie.
    »Carl geht es nicht gut«, fuhr ich fort, nachdem ich mir mit der anderen die Nase geschneuzt hatte. »Adrian und Amelie machen sich große Sorgen um ihn.«
    »Ich weiß.« Mit dem Daumen schob er seinen Teller zur Tischmitte.
    »Weißt du, was die Polizei vermutet?«
    »Wenn du mich fragst, ist das Unsinn. Cornelia war leider noch nie eine gute Fahrerin. Hubert hätte selbst mit Kopfschmerzen besser reagiert. Aber sie musste ihre Jungs ja immer in Watte packen.«
    Obwohl er mit dieser Art vermutlich seine Gefühle in Schach zu halten versuchte, versetzten mir solche Worte einen Stich. »Es war nicht Cornelias Schuld! Ein Bauer hat beobachtet, dass ein anderer Wagen …«
    »Ich gebe ihr nicht die Schuld«, schnitt er mir das Wort ab. »Aber ich hüte mich davor, diesen Unfall in die Nähe eines Verbrechens zu rücken. Versteh mich bitte richtig, Finja, ich will die Sache nicht bagatellisieren, dafür ist sie viel zu schlimm. Wenn jedoch Verschwörungstheorien erst einmal in der Welt sind, haben sie Sitzfleisch. Und es findet sich dann immer jemand, der sie nur allzu gerne weiterspinnt. Für Carl und Adrian ist es tragisch. Aber letztlich passieren jeden Tag Unfälle. Diesmal hat es die beiden getroffen, morgen ist jemand anderes dran. Die Kreuze, von denen du gesprochen hast, erzählen von nichts anderem.« Einen Moment lang presste er die Lippen aufeinander und blies Luft durch die Nase. »Wo immer ein solcher Unfall geschieht, suchen die Menschen nach Erklärungen. Weil es erträglicher ist, jemandem die Schuld geben zu können, anstatt ein unberechenbares Schicksal am Werk zu sehen. Aber hier gibt es keinen Schuldigen, sondern lediglich die äußerst ungünstige Konstellation aus einer unsicheren Fahrerin und einem rücksichtslosen Raser.« Seine Stimme wurde hart. »Möge er in der Hölle schmoren!«
    »Ich dachte, die Hölle sei etwas für gläubige Katholiken.«
    Allem Anschein nach erleichtert über diesen kleinen Schlenker nahm er einen Schluck Kaffee und wischte sich anschließend mit der Serviette über den Mund. »Genauso wie die Beichte.«
    Ich runzelte die Stirn. »Warum betonst du das so?«
    Er sah mich an und schmunzelte. »Ich glaube, du warst damals zehn oder elf, da habe ich mal einen Zettel entdeckt, den du zur Beichte mitgenommen hast. Es handelte sich um eine Auflistung wirklich interessanter und ausgefallener Sünden. Ich bin übrigens heute noch überzeugt davon, dass du keine einzige davon begangen hast.«
    »Ich habe nie einsehen können, wieso ich dem Mann hinter dem Gitter etwas von mir erzählen sollte. Das waren schließlich meine Geheimnisse. Also habe ich mir Sünden ausgedacht, ein paar Ave-Marias dafür aufgebrummt bekommen, und die Sache war erledigt.«
    »Lass das nicht deine Mutter hören.«
    »Du meinst, sie beichtet tatsächlich die Wahrheit?« In dem Fall hätte ich gerne mal den Platz mit dem Priester getauscht und ihr all die Fragen gestellt, die mir schon lange auf der Seele brannten und auf die sie mir bisher nie eine Antwort gegeben hatte.
    »Sie glaubt an die Absolution«, meinte mein Vater lakonisch.
    Ich drückte den Rücken durch. »Und was ist dann mit der Wiedergutmachung? Beim ernsthaften Beichten geht es doch auch darum und nicht nur um das Sündenbekenntnis, um Reue und Vergebung.«
    Es war, als würde in diesem Augenblick ein Schatten über sein Gesicht huschen. Als hätte er sich an etwas erinnert, diese Erinnerung jedoch sofort wieder verworfen.
    »Was ist?«, fragte ich. »Woran hast du gerade gedacht?«
    Er nahm den letzten Schluck Kaffee aus seiner Tasse und erhob sich. »Ich halte Wiedergutmachung für eine Illusion. Auch wenn du die Einzelteile dessen, was du zerstört hast, wieder zusammenfügen kannst, wirst du nie den Originalzustand wiederherstellen können. Und etwas, das für immer zerstört oder verloren ist, lässt sich erst recht nicht ersetzen.« Mein Vater gab mir einen Kuss auf den Scheitel und verabschiedete sich bis zum Abend. Er sei spät dran und müsse sich beeilen.
    Ich blieb noch eine ganze Weile sitzen und dachte über das, was er gesagt hatte, nach. Wenn es bei Wiedergutmachung tatsächlich allein darum ging, Scherben möglichst nahtlos zusammenzufügen oder Ersatz zu beschaffen, war sie womöglich wirklich nur eine Illusion.

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