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Die Todesbotschaft

Die Todesbotschaft

Titel: Die Todesbotschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Kornbichler
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zu schreien.
    »Du warst immer ihre Tochter«, meinte sie, als sei damit alles erklärt.
    »Hast du deine Schwester nie geliebt?« Auch wenn es eine Zeit gegeben hatte, in der ich mir voller Neid gewünscht hatte, Amelie würde sterben, hatte sie mir unendlich viel bedeutet.
    »Stell dir vor, Amelie hätte dir deinen Mann genommen.«
    »Sie hat ihn dir nicht genommen, sondern …«
    »Ihn sich nur für kurze Zeit ausgeliehen? Wolltest du das sagen?« Sie strich mit den Fingern über den Saum ihres Kleides, als könne sie damit unliebsame Erinnerungen vertreiben. »Sie hat mein Vertrauen in ihn zerstört. Der Mann, der bei mir geblieben ist, war für mich ein anderer als der, den ich geheiratet hatte. Nach Gesa war er für mich einer, dem ich allem Anschein nach nicht genug gewesen war.«
    »Und das lastest du allein ihr an? Sie war siebzehn, Paps immerhin vierunddreißig.«
    Sie versuchte, die Schultern zu straffen, gab jedoch auf halbem Weg auf. »Dafür, dass sie ihm zu Kopf gestiegen ist, konnte sie nichts. Ich bin mir auch nach wie vor sicher, dass die Initiative von ihm ausging und es nicht umgekehrt war, wie dein Vater immer wieder behauptet hat. Aber meine Schwester hätte nein sagen können. Ein schlichtes, entschiedenes Nein hätte genügt, und alles wäre anders gekommen.« Sie sprach zunehmend langsamer, als zöge in ihrem Kopf Nebel auf, der sich mit jeder Minute verdichtete.
    »Ich wäre nicht auf der Welt«, zog ich den naheliegenden Schluss.
    Es gab so vieles, das sie in diesem Moment hätte sagen können. Wie immer wählte sie die schlechteste Alternative. »Wir waren glücklich, bevor deine Großeltern verunglückten und Gesa bei uns einzog. Es war eine gute Zeit.«
    »Du hast versucht, schwanger zu werden.«
    »Was ich schließlich auch wurde.« In diesem einen Satz lagen eine Traurigkeit und eine Verzweiflung, die mir den Hals zuschnürten. Ihr hingegen schien der Brustkorb eng zu werden. »Amelie«, flüsterte sie den Namen meiner Schwester, deren Tod ihrer Zukunft jeden Sinn geraubt zu haben schien.
    »Hast du eine Ahnung, warum sie sterben musste?«, fragte ich.
    »Warum sie sterben musste?«, wiederholte sie meine Worte fassungslos. »Weil ihre Mörder eine Gefahr in ihr sahen. Dabei hätten sie sich die Wertsachen einfach nehmen können. Amelie hätte sich ihnen sicher nicht in den Weg gestellt. Dazu war sie viel zu vernünftig.«
    »Und die anderen drei Toten?«
    »Unfälle«, antwortete sie mit aufkeimender Irritation.
    Also wusste sie nichts von den Todesanzeigen. »Hast du jemals einen tieferen Einblick in die Arbeit der Detektei bekommen? Weißt du vielleicht etwas über eine Sonderabteilung, die von Tobias geführt wird?«
    Bei diesen Fragen verlor sie das Interesse. Sie zog sich in ihre Gedankenwelt zurück.
    »Mutter, bitte, es ist wichtig. Hat Paps in letzter Zeit mal erwähnt, dass es Schwierigkeiten mit jemandem gab?«
    Sie sah mich an wie einen Störenfried. »Du weißt, dass dein Vater zu Hause nicht übers Büro redet. Sollte es Schwierigkeiten geben, werden er und seine Partner damit fertig. Außerdem war die Zahlungsmoral der Kunden in diesem Gewerbe schon immer schlecht, dafür braucht es nicht erst eine Wirtschaftskrise.« Ihr Blick bekam etwas Abweisendes. »Deine Schwester ist gerade erst beerdigt worden, und du interessierst dich für die Geschäfte deines Vaters?« Mit einem überaus beredten Kopfschütteln stand sie auf und wandte sich zum Gehen. Sekundenlang musste sie sich an einem der Gartenstühle festhalten. Offensichtlich war ihr schwindelig geworden.
    Ich sprang auf, um sie zu stützen, aber sie wehrte meine Hand ab. Obwohl ich sie nicht anders kannte, gelang es ihr in solchen Momenten immer noch, mir einen Stich zu versetzen. Mit gemischten Gefühlen sah ich ihr nach, wie sie, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen, auf das Klinikgebäude zuging.
    »Auf Wiedersehen, Tante Freia«, murmelte ich, als die Tür längst hinter ihr zugefallen war.
     
    Um meinem Vater aus dem Weg zu gehen, begleitete ich Adrian nach Holz. Als wir dort eintrafen, fanden wir Carl in seinem Arbeitszimmer. Er nahm uns jedoch kaum wahr. Es schien, als habe er beschlossen, mit Hilfe des Alkohols seiner Frau und Hubert so schnell wie möglich ins Jenseits zu folgen. Bei seinem jammervollen Anblick wurde mir schnell klar, dass es zumindest an diesem Abend keinen Sinn machte, ihn nach den Strukturen der Detektei zu fragen.
    Die Nacht verbrachte ich im Gästezimmer. Die Toten geisterten

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