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Die Todesgruft von Bally Moran

Die Todesgruft von Bally Moran

Titel: Die Todesgruft von Bally Moran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Nuelle
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der sich von selbst aus dem Halter löste, um ein gutes Stück davon entfernt auf dem Boden liegenzubleiben.
    »Aber Peggy, wie konnte er sich bewegen?«
    Peggy fühlte Jesses angstvoll aufgerissene Augen auf sich gerichtet und verdrängte ihre eigene Furcht, um möglichst ruhig zu antworten: »Ach, Jesse, da kann es verschiedene Erklärungen geben«, sagte sie leichthin und hängte den Haken wieder an den Platz. »In solchen alten Gemäuern gibt es manchmal Gewichtsverschiebungen und minimale Erschütterungen, die wir selbst überhaupt nicht spüren. Ich bin nur erschrocken, weil ich dachte, der Haken hätte sich von allein selbständig gemacht.«
    »Peggy, wie soll ich’s nur einen ganzen Monat hier aushalten?« flüsterte Jesse, als Peggy wieder zu ihr ins Bett kroch.
    »Wir sind jetzt erst zwei Tage da, und es wird immer unheimlicher.«
    »Ich weiß nicht, Jess.« Peggy sprach ebenfalls leise und dachte an das Gespräch mit McGuire. »Morgen kommt Dan wieder. Vielleicht kann er uns helfen.«
    »Möglich.« Aber Jesses Stimme war voller Zweifel. »Ich könnte mir eher vorstellen, daß es uns hilft, wenn der Professor herausbekommt, was vor zweihundert Jahren hier geschehen ist.«
    »Versuch ein bißchen zu schlafen.« Peggy war einfach zu müde, um noch weiter darüber zu diskutieren.
    Es dauerte lange, bis sie Jesse ruhig und gleichmäßig atmen hörte. Sie selbst lag immer noch wach. Hat der Haken sich bewegt oder nicht? fragte sie sich zum wiederholten Male. Hatte sie sich alles nur eingebildet? Konnte die Erklärung, die sie Jesse gegeben hatte, stimmen? Fragen über Fragen und keine Antwort.
    Sie wußte nicht, wann sie schließlich eingeschlafen war. Aber plötzlich erwachte sie zum zweitenmal in dieser Nacht. Und diesmal erkannte sie sofort, was los war. Die Feststellung war entsetzlicher als alles bisher Erlebte. Wenn sie ein paar Schritte nach rechts ginge, würden ihre Finger auf den abbröckelnden Verputz der Galeriewand stoßen. Und richtig, dort schimmerten die drei helleren Flecke der Fenster. Sonst umgab sie wie das letztemal tiefste Finsternis und unerträgliche Stille. In ihrem verängstigten Zustand glaubte sie all die Menschen um sich zu spüren, die einst in Bally Moran gelebt hatten und hier gestorben waren; sie sah förmlich Hände aus dem Dunkeln nach ihr greifen und meinte ihren Druck zu fühlen.
    Sie wollte schreien, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Der Körper war kalt und steif vor Entsetzen, aber sie brachte es fertig zu rennen, blindlings daraufloszurennen, bis sie gegen die Tür prallte. Sekunden später schlug sie sie zu und lehnte sich nach Luft ringend, aber unendlich erleichtert gegen sie. Mit zitternden Händen drehte sie den Schlüssel um und hastete ins Bett. Wie ein kleines Kind zog sie die Bettdecke bis über die Nase und gaukelte sich vor, daß sie nun vor allen Gefahren in Bally Moran geschützt wäre. Ihre Zähne klapperten vor Kälte, und sie drückte sich gegen Jesse, die sich jedoch im Schlaf sofort auf die Seite drehte und von ihr abrückte. Schließlich schob sie die Bettdecke unter das Kinn zurück und starrte auf das graue Rechteck des Fensters. Sie wollte wachbleiben, bis draußen der Morgen graute. Erst das Tageslicht würde ihr ein gewisses Gefühl der Sicherheit geben; vielleicht wagte sie es dann sogar, aufzustehen und sich unten Kaffee zu machen.
    Sie hätte geschworen, daß sie in dieser Nacht nicht mehr schlafen könnte, und sie wußte auch nicht, daß sie eingeschlafen war, bis ein fürchterlicher Schrei sie hochriß. Er schien nicht enden zu wollen. Peggy tastete in panischer Angst nach Jesse, aber das Bett neben ihr war leer. Sie stand im Nu auf ihren Füßen, orientierte sich den Bruchteil einer Sekunde, woher der Schrei kam, und raste in ihr eigenes Zimmer hinüber und weiter in das leerstehende.
    »Jesse!« rief sie mit versagender Stimme ins Dunkel hinein. Zu ihrer Verzweiflung wußte sie nicht mehr, wo sich der Lichtschalter befand. Der gellende Schrei brach ab, war nur noch ein Wimmern und kam von der gegenüberliegenden Seite des Raumes. Sie tastete sich hastig vorwärts, bis ihre Füße gegen etwas Weiches stießen. Niederkniend befühlte sie den im Schüttelfrost zuckenden, zu einer Kugel zusammengekrümmten Körper. Jesse stieß gebrochene, tierähnliche Laute aus. Peggy faßte sie unter den Schultern, hoffte, daß sie mithelfen würde. Aber Jesse verharrte in der verkrampften, gekrümmten Haltung, und Peggy blieb nichts anderes übrig, als

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