Die Todesliste
ermorden. Ich habe die Aufgabe, ihn zu finden, damit er aufhört. Aber ich kann es nicht. Da draußen ist er cleverer als ich. Er hält sich für den Cleversten im ganzen Cyberspace.«
Der Junge scharrte nicht mehr mit den Füßen, sondern hob zum ersten Mal den Kopf und schaute ihm in die Augen. Er dachte an die einzige Welt, die eine grausame Natur ihm zugedacht hatte. Der Spürhund öffnete seine Tasche und nahm einen Speicherstick heraus.
»Er sendet, Roger, aber er hält seine IP -Adresse sehr geheim, sodass niemand weiß, wo er ist. Wenn wir es wüssten, könnten wir dafür sorgen, dass er aufhört.«
Der Teenager nahm den Stick und drehte ihn in den Fingern.
»Ich bin hier, Roger, weil ich dich fragen wollte, ob du uns helfen willst, ihn zu finden.«
»Ich könnte es versuchen.«
»Sag mir, Roger, was für eine Ausrüstung hast du hier oben?«
Der Teenager sagte es ihm. Es war nicht das Schlechteste auf dem Markt, aber doch gängige Kaufhausware.
»Wenn jemand käme und dich fragte, was du wirklich haben möchtest? Was wäre deine Traummaschine, Roger?«
Roger wurde lebhaft. Begeisterung erfüllte sein Gesicht, und wieder schaute er dem Spürhund in die Augen.
»Am liebsten hätte ich einen Dual-Six-Core-Prozessor mit 32 Gigabyte RAM unter Red-Hat-Enterprise-Linux, Version 6 oder höher.«
Der Spürhund brauchte sich nichts zu notieren. Das winzige Mikrofon zwischen seinen Orden zeichnete alles auf. Das war auch gut so; er hatte keine Ahnung, wovon der Junge da redete. Die Eierköpfe würden das schon wissen.
»Ich will sehen, was ich tun kann«, sagte er und stand auf. »Sieh dir das Material an. Kann sein, dass du es nicht knacken kannst. Aber danke, dass du es versuchst.«
Innerhalb von zwei Tagen hielt ein Van mit drei Männern und einer sehr teuren Computerausrüstung vor dem kleinen Haus in der kleinen Straße von Centreville. Die Männer krochen auf dem Dachboden herum, bis sie alles installiert hatten. Als sie verschwunden waren, saß ein verletzlich aussehender Neunzehnjähriger vor seinem Monitor und glaubte sich in den Himmel entrückt. Er sah sich ein Dutzend Predigten auf der dschihadistischen Website an und fing an zu tippen.
Der Killer beugte sich tief über seinen Motorroller und tat, als schraubte er am Motor herum, als der Senator weiter unten in der Straße aus seinem Haus kam, seine Golfschläger in den Kofferraum warf und sich ans Steuer setzte. Es war kurz nach sieben an einem strahlenden Morgen im Frühsommer. Den Mann auf dem Roller hinter ihm bemerkte er nicht.
Der Killer brauchte ihm nicht dicht auf den Fersen zu bleiben, denn er hatte die Fahrt schon zweimal gemacht, nicht gekleidet wie jetzt, sondern sehr viel weniger auffällig. Er folgte dem Wagen des Senators die fünf Meilen durch Virginia Beach bis zum Golfplatz und sah zu, wie der Senator parkte, seine Schläger aus dem Kofferraum nahm und im Klubhaus verschwand.
Der Killer fuhr an der Einfahrt des Golfklubs vorbei, bog links in den Linkhorn Drive und fuhr in den Wald. Nach zweihundert Metern bog er noch einmal links ab in den Willow Drive. Ein einzelnes Auto kam ihm entgegen, aber der Fahrer beachtete ihn trotz seiner Kleidung nicht.
Er war vom Hals bis zu den Knöcheln in ein schneeweißes Dischdasch gekleidet und trug eine gehäkelte weiße Schädelkappe auf dem geschorenen Kopf. Vorbei an mehreren ländlichen Häusern am Willow Drive, kam er zwischen den Bäumen hervor in die Morgensonne, wo der Abschlag zum fünften Loch, bekannt als Cascade, den Willow Drive überquert. Hier fuhr er von der Straße herunter und schob seinen Roller in das dichte Unterholz neben dem Fairway des vierten Lochs, das den Namen Bald Cypress trägt.
Bei den anderen Löchern waren schon ein paar Golfer unterwegs, doch sie waren in ihr Spiel vertieft und nahmen keine Notiz von ihm. Der junge Mann in Weiß ging gelassen am Bald-Cypress-Fairway entlang, bis er kurz vor der Brücke war, die über den Bach führte. Dort versteckte er sich im Gebüsch und wartete. Von früheren Beobachtungen wusste er, dass jeder, der hier eine Runde spielte, auf dem vierten Fairway heraufkommen und über die Brücke gehen musste.
Während der nächsten halben Stunde beendeten zweimal zwei Spieler das Bald-Cypress-Fairway und gingen zum Tee. Er beobachtete sie aus seinem Versteck und ließ sie vorbei. Dann sah er den Senator. Der Mann spielte mit einem gleichaltrigen Gegner zusammen. Im Klubhaus hatte er eine grüne Windjacke angezogen, und der
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