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Die Todesliste

Die Todesliste

Titel: Die Todesliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederick Forsyth
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kommen.
    Um acht Uhr abends klingelte Halls Handy. Der Mann, der sich meldete, war der Sohn des verletzten Generals. Er sagte nicht, wo er war, sondern nur, dass er die Nachricht erhalten habe und per Hubschrauber unterwegs sei.
    Inzwischen war es dunkel geworden. Hinter dem Revier gab es einen freien Platz, aber kein Flutlicht.
    »Wo ist der nächste Marinestützpunkt?«, fragte die Telefonstimme.
    »In Oceania«, sagte Hall. »Kriegen Sie denn da eine Landeerlaubnis?«
    »Die kriege ich«, sagte die Stimme. »Bin in einer Stunde da.«
    »Ich hole Sie ab.« Die erste halbe Stunde verbrachte Hall damit, die Polizeiakten landesweit nach ähnlichen Anschlägen in letzter Zeit zu durchsuchen. Zu seiner Überraschung fand er vier. Der Mord auf dem Golfplatz war Fall Nummer fünf. In zwei der vier vorherigen Fälle hatten die Mörder unverzüglich Selbstmord begangen. Die beiden anderen waren lebend gefasst worden und würden jetzt wegen Mordes vor Gericht gestellt werden. Alle hatten allein gearbeitet. Alle waren durch Online-predigten zum Ultraextremismus bekehrt worden.
    Um neun holte er den Sohn des Generals in Oceania ab und fuhr ihn zum Virginia Beach General Hospital. Unterwegs berichtete er, was seit halb acht an diesem Morgen geschehen war.
    Sein Gast befragte ihn eingehend nach dem, was er in Mohammed Barres Wohnheimzimmer gefunden habe. Dann murmelte er: »Der Prediger.« Detective Hall nahm an, er meine einen Beruf, nicht einen Codenamen.
    »Vermutlich«, sagte er. Schweigend hielten sie vor dem Haupteingang des Krankenhauses.
    Der Empfang informierte jemanden darüber, der Sohn des Patienten auf der Intensivstation sei eingetroffen, und Alex McCrae kam aus seinem Büro herunter. Auf der Fahrt hinauf zur Intensivstation beschrieb er die Schwere der Verletzung, die eine Operation ausgeschlossen habe.
    »Ich kann Ihnen nur wenig Hoffnung machen«, sagte er. »Es steht auf Messers Schneide.«
    Der Sohn betrat das Zimmer, zog sich einen Stuhl heran und betrachtete im matten Licht das zerfurchte alte Gesicht, das, in sich verschlossen, nur von Apparaten am Leben erhalten wurde. Die ganze Nacht saß er so da und hielt die Hände des Bewusstlosen.
    Kurz vor vier Uhr früh öffneten sich die Augen, und der Herzschlag beschleunigte sich. Was der Sohn nicht sah, war der Glasbehälter auf dem Boden neben dem Bett, der sich schnell mit hellrotem Arterialblut füllte. Irgendwo tief im Brustraum war ein größeres Gefäß geplatzt. Der General verblutete so schnell, dass Rettung nicht mehr möglich war.
    Der Sohn spürte den kaum merklichen Druck der Hände, die er hielt. Sein Vater starrte an die Decke, und seine Lippen bewegten sich.
    » Semper fi, mein Junge«, murmelte er.
    » Semper fi, Dad«, erwiderte der Sohn den lateinischen Wahlspruch des U. S. Marine Corps: Immer treu .
    Die steilen Spitzen der Anzeige auf dem Monitor verwandelten sich in eine waagerechte Linie. Der rhythmische Piepton wurde zu einer schrillen Alarmsirene. Ein Notfallteam erschien in der Tür. Alex McCrae war dabei. Er stürmte am Sohn des Generals vorbei und warf einen Blick auf den Glasbehälter am Bett. Dann hob er die Hand, hielt das Notfallteam zurück und schüttelte müde den Kopf. Das Team zog sich zurück.
    Nach einigen Augenblicken stand der Sohn auf und ging hinaus. Er nickte dem Chirurgen nur wortlos zu. Auf der Intensivstation zog eine Schwester ein Laken über das Gesicht des Verstorbenen. Der Sohn ging zu Fuß die vier Treppen zum Parkplatz hinunter.
    Detective Hall saß zwanzig Schritte weit entfernt in seinem Wagen. Er spürte etwas und erwachte aus einem leichten Schlaf. Der Sohn des Generals kam über den Parkplatz, blieb stehen und schaute hoch. Bis zum Morgengrauen waren es noch zwei Stunden. Der Himmel war schwarz, denn der Mond war untergegangen. Hoch oben glitzerten die Sterne, hart, hell, ewig.
    Dieselben Sterne würden in diesem Augenblick unsichtbar im hellblauen Himmel auf einen anderen Mann hinunterschauen, in einer Wildnis aus Sand, wo niemand ihn sah.
    Der Mann auf dem Parkplatz blickte zu den Sternen hinauf und sagte etwas, das der Detective aus Virginia nicht verstand. Was der Spürhund sagte, war: »Soeben hast du es zu einer sehr persönlichen Sache gemacht, Prediger.«

ZWEITER TEIL
VENDETTA

VIER
    In einer Welt, in der sich wahre Identitäten hinter Codenamen verbargen, hatte der Spürhund seinem neuen Helfer das Pseudonym Ariel verpasst. Er fand es amüsant, den Namen des Luftgeists aus Shakespeares Sturm zu

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