Die Todesliste
Schon wieder ein verrückter mzungu . Er wollte nur noch nach Hause, aber der Sold hier war gut, und bald hätte er genug für ein paar Rinder und eine Frau. Der mzungu bog auf den Parkplatz vor dem Village Café, stieg ab und ging hinein.
Der Fischmarktleiter saß an einem Tisch und trank Kaffee. Der Däne ging an die Bar und bestellte sich auch welchen, und dabei dachte er an den starken, aromatischen Kaffee in der Cafeteria zu Hause im Büro in Tel Aviv.
Die Übergabe fand wie immer auf der Herrentoilette des Cafés statt. Der Däne holte Dollars hervor, die internationale Währung auch in feindlichen Ländern. Der Somali sah beifällig zu, als er die Scheine abzählte.
Einen Teil davon würde der Fischer bekommen, der die Nachricht am nächsten Morgen südwärts nach Kismaju brachte, aber der würde in buchstäblich wertlosen somalischen Shilling bezahlt werden. Duale würde die Dollars behalten und sie für den Tag sparen, an dem er genug hätte, um auszuwandern.
Und da war die Ware, ein kleines Aluminiumröhrchen, wie man es benutzte, um gute Zigarren zu schützen. Dieses hier war jedoch eine Spezialanfertigung, solider und schwerer. Duale schob es sich in den Hosenbund.
In seinem Büro hatte er einen kleinen, robusten Generator, ein geheimes Geschenk von den Israelis. Er wurde mit dem zweifelhaftesten Paraffin betrieben, aber er produzierte Elektrizität, und damit konnte er seine Klimaanlage und einen Kühl- und Gefrierschrank laufen lassen. Duale war der Einzige auf dem Fischmarkt, der immer frischen Fisch hatte.
Unter anderem hatte er einen knapp meterlangen Kingfish, den er am Morgen gekauft hatte und der jetzt steinhart gefroren war. Heute Abend würde sein Fischer ihn mit dem Röhrchen tief in den Eingeweiden mitnehmen und nach Süden segeln. Er würde den ganzen Weg fischen und zwei Tage später am Fischereidock in Kismaju anlegen.
Dort würde er den nicht mehr ganz so frischen Kingfish an einen Fischereikontrolleur auf dem Markt verkaufen und sagen, er sei von seinem Freund. Er wusste nicht, warum, und es war ihm auch gleichgültig. Er war nur ein armer Somali, der sich bemühte, vier Söhne großzuziehen, damit sie sein Boot übernehmen konnten, wenn sie alt genug waren.
Die beiden Männer kamen ins Café zurück, tranken jeder für sich ihren Kaffee aus und gingen, ebenfalls jeder für sich. Mr. Duale nahm das Röhrchen mit nach Hause und rammte es tief in den Bauch des gefrorenen Kingfish. Der blonde Mann wickelte sich das schemagh um Kopf und Gesicht und fuhr mit dem Roller zurück zur Vermietung. Er gab die Piaggio ab, ließ sich den größten Teil seiner Pfandzahlung erstatten und vom Vermieter zum Hotel fahren. Ein Taxi war jetzt nirgends zu finden, und der Vermieter wollte einen guten, wenn auch unregelmäßigen Kunden nicht verlieren.
Der Däne musste bis zum nächsten Morgen um acht Uhr warten. Erst dann ging sein Turkish-Airlines-Flug. Um die Zeit totzuschlagen, las er in seinem Zimmer einen Roman auf Englisch. Nach einem Teller Kamelragout ging er schließlich schlafen.
Im Morgengrauen legte der Fischer den in nasses Sackleinen gewickelten Kingfish in den Fischkasten seines Bootes. Vorher schnitt er den Schwanz auf, damit er ihn von den anderen unterscheiden könnte, die er unterwegs vielleicht fangen würde. Dann legte er ab, ging auf Südkurs und warf seine Leinen aus.
Am nächsten Morgen um neun, nach dem wie immer chaotischen Boarding, hob die türkische Verkehrsmaschine ab. Der Däne sah zu, wie Gebäude und Befestigungsanlagen von Camp Bancroft unter ihm versanken. Weit im Süden pflügte sich ein Fischerboot mit geblähtem Lateinsegel an Marka vorbei. Das Flugzeug kurvte nach Norden, legte in Dschibuti einen Tankstopp ein und landete am Nachmittag in Istanbul.
Der Däne von »Save the Children« blieb im Abflugbereich, erledigte in aller Eile die Transitformalitäten und erwischte die letzte Maschine nach Larnaka. Im Hotelzimmer wechselte er seinen Namen, seinen Pass und sein Ticket und nahm am nächsten Morgen den ersten Flug zurück nach Tel Aviv.
»Gab’s Probleme?«, fragte der Major, der als Benny bekannt war. Er war es, der den »Dänen« mit neuen Anweisungen für Opal nach Mogadischu geschickt hatte.
»Nein. Reine Routine.« Der Däne hieß jetzt wieder Mosche.
Das Office schickte eine verschlüsselte Mail an Simon Jordan, den Stationschef in Washington. Sie veranlasste ihn, sich mit dem als »Spürhund« bekannten Amerikaner zu verabreden. Er bevorzugte
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