Die Todesliste
ihn beobachten lassen?«
»Ich möchte, dass Sie bei ihm einbrechen«, erwiderte der Spürhund. »Ich möchte, dass seine Bude verwanzt wird, optisch und akustisch. Aber vor allem möchte ich an seinen Computer.«
Herbert sah Laurence Firth an, den MI5-Mann.
»Eine gemeinsame Operation?«, schlug er vor, und Firth nickte.
»Die Möglichkeiten haben wir natürlich. Ich brauche das Okay von oben, doch das dürfte kein Problem sein. Ist er zurzeit in der Stadt?«
»Keine Ahnung«, sagte der Spürhund.
»Na, kein Problem, das rauszukriegen. Und ich nehme an, das ganze Theater muss unsichtbar vonstattengehen und unsichtbar bleiben?«
Ja, dachte der Spürhund, ein absolut unsichtbares Theater, so ist es. Man vereinbarte, dass die beiden Dienste sich grünes Licht für eine höchst geheime Operation ohne jeden richterlichen Beschluss beschaffen würden – mit anderen Worten, für eine absolut illegale Operation. Die beiden britischen Geheimdienstler waren jedoch sicher, dass es angesichts der Spur aus Blut und Tod, die der Prediger quer durch dieses Land gezogen hatte, bis zur ministeriellen Ebene hinauf keine Einwände geben würde, wenn so etwas nötig wäre. Der einzige politische Vorbehalt würde lauten wie immer: Tun Sie, was Sie für nötig halten, aber ich will nichts davon wissen. Führung aus der Etappe, wie immer.
Als das Botschaftsauto ihn zu seinem Cottage in der Seitengasse zurückfuhr, überlegte sich der Spürhund, dass es nun zwei denkbare Wege zum genauen Aufenthaltsort des Predigers gab. Der eine führte durch Dardaris privaten Computer, falls man ihn zugänglich machen könnte. Den anderen behielt er einstweilen für sich.
In der Dämmerung des nächsten Tages glitt die MV Malmö aus dem Hafen von Göteborg und nahm Kurs auf das offene Meer. Sie war ein 20 000-Tonnen-Stückgutfrachter – das, was man bei der Handelsmarine als »handliches Format« bezeichnet. An ihrem Heck wehte die gelb-blaue Flagge Schwedens.
Sie gehörte zu der ansehnlichen Handelsflotte Harry Anderssons, eines der letzten großen Industriemagnaten in Schweden. Andersson hatte seine Reederei vor vielen Jahren mit einem einzigen altersschwachen Trampdampfer gegründet und aufgebaut. Mit vierzig Schiffen konnte er sich heute als der größte Handelsschifffahrtstycoon seines Landes bezeichnen.
Der Steuer zum Trotz war er nie ins Ausland umgesiedelt, und trotz der hohen Gebühren hatte er seine Schiffe nie unter Billigflaggen fahren lassen. Ins Schwimmen geraten war er immer nur auf hoher See, nie an der Börse. Er war alleiniger Eigner der Andersson Line und persönlich – was es in Schweden selten gibt – Milliardär. Nach zwei Ehen hatte er sieben Kinder, aber nur einer, der jüngste Sohn, jung genug, um sein Enkel zu sein, hatte Lust, Reeder zu werden wie sein Vater.
Die Malmö hatte eine lange Reise vor sich. Sie hatte Volvos an Bord, und ihr Ziel war Perth in Australien. Kapitän auf der Brücke war Stig Eklund, der Erste und der Zweite Offizier waren aus der Ukraine, und der Erste Ingenieur war Pole. Die Crew bestand aus zehn Filipinos: einem Koch, einem Kabinensteward und acht Decksmatrosen.
Überzählig war der Kadett Ove Carlsson, der für sein Offizierspatent in der Handelsmarine studierte und hier seine erste Langstreckenreise unternahm. Er war erst neunzehn. Nur zwei Personen an Bord wussten, wer er wirklich war: der Junge selbst und Kapitän Eklund. Der alte Schifffahrtsmagnat hatte entschieden, wenn sein jüngster Sohn auf einem seiner Schiffe zur See fahren sollte, würde es weder Schikanen aus Missgunst noch Anbiederei und Einschmeichelei geben.
Also reiste der junge Kadett unter dem Mädchennamen seiner Mutter. Ein Freund in der Regierung hatte die Ausstellung eines echten Passes auf den falschen Namen autorisiert, und auf der Grundlage dieses Passes hatte die schwedische Handelsschifffahrtsbehörde die nötigen Dokumente auf denselben Namen ausgestellt.
An diesem Sommermorgen standen die vier Offiziere und der Kadett auf der Brücke. Der Steward brachte ihnen Kaffee, und die Malmö schob ihre stumpfe Nase in die anschwellende Dünung des Skagerrak.
Agent Opal war es tatsächlich gelungen, ein robustes Geländemotorrad von einem Somali zu kaufen, der verzweifelt darauf aus war, das Land mit Frau und Kind zu verlassen, und die nötigen Dollars für einen neuen Anfang in Kenia brauchte. Was der Somali tat, war nach dem Gesetz von al-Schabaab völlig illegal, und wenn er erwischt würde, riskierte er die
Weitere Kostenlose Bücher