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Die Todesspirale

Die Todesspirale

Titel: Die Todesspirale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leena Lehtolainen
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geraten? Und warum hatte Pertsa sie nicht einfach weggeworfen, wenn er ihre Existenz verheimlichen wollte?
    In dem Moment ging die Tür. Ich schaffte es gerade noch, mich aufzurichten, als Pertsa auch schon vor mir stand.
    «Was
    machst
    du
    da?»,
    herrschte
    er
    mich
    an.
    «Ich habe gehört, du hättest Material, das für meine Ermittlung wichtig ist. Ich wollte es möglichst schnell ins Labor bringen, deshalb habe ich nicht auf dich gewartet», antwortete ich kühl und hielt die Kufenschoner hoch.
    Pertsas zweimal gebrochene, grotesk verformte Nase wurde als Erstes rot. Dann breitete sich die Röte auf den pocken-narbigen Backen und der flachen Stirn aus, und zuletzt errö
    teten auch die leicht abstehenden Ohren.
    «Wer hat gepetzt?», fauchte er.
    «Du hättest dir doch denken können, dass so etwas nicht geheim bleibt. Hättest sie eben sofort wegwerfen müssen.
    Jetzt landen sie in Tikkurila. Deine Fingerabdrücke werden sie dort sicher eliminieren können.»
    Ich zwängte mich an ihm vorbei und war schon an der Tür, als er mich am Arm packte. Seine Augen hatten die Farbe von unfiltriertem Bier, sein Blick war voller Bitterkeit. Ich starrte zu ihm hoch, viel zu wütend, um den Schmerz wahrzunehmen, den sein Zangengriff mir bereiten musste.
    «Und morgen weiß es das ganze Präsidium, was?» Pertsas Stimme klang belegt. Teufel auch, er hatte Angst! Ich riss mich los, schlüpfte hinaus und sagte honigsüß:
    «Eine gute Frage, werter Kollege!»
    Auf dem Flur kam mir Koivu entgegen. Ich bat ihn, mich zu begleiten. Als Erstes würden wir die Schoner nach Tikkurila bringen, ich wollte sie nicht mehr aus den Augen lassen.
    Auf der Fahrt erzählte ich ihm die ganze Geschichte.
    «Du meine Güte.» Er machte große Augen. «Wirst du Taskinen informieren?»
    «Nein. Von irgendwem wird er es sowieso erfahren. Natürlich wäre es fairer, es ihm selbst zu sagen, aber fair kann ich jetzt nicht mehr sein. Ström hält sich ja auch nicht an die Spielregeln.»
    Wir lieferten die Kufenschoner im Kriminaltechnischen Labor ab – wahrscheinlich würde nichts Entscheidendes gefunden werden, aber den Versuch war es wert. An einer Tankstelle aßen wir hastig eine Suppe, die mich ganz schläfrig machte. Doch für Mittagsschlaf war jetzt keine Zeit. Wir mussten zurück zur Baustelle in Matinkylä. Ich wollte den Fundort mit eigenen Augen sehen, ohne genau zu wissen, was ich mir davon versprach.
    Auf der Baustelle wurde nicht gearbeitet. So war es fast immer: Erst riss man die Erde auf, und dann ließ man alles stehen und liegen – wie als Denkmal für die Verrücktheit des Menschen. Antti, der die Asphaltierung der Welt strikt ablehnte, verglich das Abholzen der Wälder und das Sprengen von Felsen mit Mord:
    «Sie bringen die Landschaft um, und zwar ganz legal.
    Wenn sie ihre Baggerschaufeln schwingen, fühlen sie sich als Helden.»
    Tatsächlich trug die Landschaft Spuren von Misshandlung, in die Felsen waren Löcher gebohrt wie Wunden, der Kies-grund, auf dem die Straße entstehen sollte, leuchtete wie ein Bluterguss am Rand der Baumgruppe.
    Hirvonen hatte einen exakten Lageplan gezeichnet, ich fand das Versteck mühelos. Es handelte sich um einen Findling, etwa einen Meter hoch, unter dem sich eine fußgroße Aushöhlung gebildet hatte. In derartige Löcher stopfte ich bei Wanderungen Bananenschalen, Klopapier und andere kompostierbare Abfälle. Der kürzeste Weg vom Eisstadion zur Behelfshaltestelle führte genau an dem Findling vorbei.
    «Gehen wir mal rüber zum Stadion, ich muss nachdenken», schlug ich vor.
    «Können wir den Wagen hier stehen lassen? Nicht dass er als Schrottauto abgeschleppt wird», meinte Koivu mit einem Blick auf unseren rostigen Lada, der schon seit zehn Jahren pensionsreif war.
    «Der Chef vom Fuhrpark wäre nur froh, wenn die Karre geklaut würde. Guck mal, dort ist das Stadion und da drüben das Einkaufszentrum», sagte ich und zeigte nach links und rechts ins Gebüsch. «Vielleicht ist Nooras Mörder in Panik geraten, hat die Leiche an der erstbesten Stelle abgelegt und dann entsetzt festgestellt, dass er die Schoner noch bei sich hatte. Er muss sich in Matinkylä gut auskennen.»
    Der Pfad, der durch das Weidengebüsch führte, war schli-ckig, meine Tennisschuhe wurden feucht. Ich wollte gerade kehrtmachen, als von der anderen Seite des Gebüschs Schritte zu hören waren, dann eine leise, freundliche Männerstimme.
    «Entschuldige die Störung, Kleine. Kommst du aus der Schule in Matinkylä?

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