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Die Toechter der Familie Faraday

Die Toechter der Familie Faraday

Titel: Die Toechter der Familie Faraday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monica McInerney
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schlimmeren Dingen führen. »Wir wussten ja nicht, in welchem Zustand sie war, das war das Schrecklichste. Sie hat jeden zweiten Abend angerufen und Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlassen, gesagt, dass es dir gut ginge, aber wenn einer von uns ans Telefon gegangen ist, hat sie aufgelegt. Du warst niemals in Gefahr, Maggie, dessen bin ich mir ganz sicher. Das war das Einzige, was uns hoffen ließ. Sadie hätte dir niemals etwas angetan. Dafür hat sie dich viel zu sehr geliebt.«
    Dann hatten sie entdeckt, dass Sadies Reisepass und Geburtsurkunde fehlten. Dann der Moment voller Fassungslosigkeit, als die Schulbibliothekarin angerufen hatte, um sich nach Clementines Gesundheitszustand zu erkundigen, weil sie Maggie an einem Strand nahe Byron Bay getroffen hatte. Der überstürzte Aufbruch, Clementine und Leo außer sich vor Sorge, Sadie könnte schon weitergezogen sein, wenn sie dort ankamen.
    Maggie fiel es sehr schwer, dem allen zu folgen. Fetzen von Bildern tauchten in ihrem Gedächtnis auf. Waren es verdrängte Erinnerungen? Sie wusste es nicht. Sie wusste nur eines sicher, dass man ihr das alles vor langer Zeit hätte erzählen sollen. Sie war nicht wütend. Noch nicht. Sie war verwirrt und verstört. »Ich kann nicht fassen, dass du, dass ihr alle so lange gebraucht habt, um mir die Wahrheit zu sagen. Warum? Dass ich das mit fünf Jahren nicht verstanden hätte, sehe ich ein, aber später. Warum hast du bis heute gewartet und mich glauben lassen, sie wäre ein Hippie – so eine dämliche Geschichte?«
    »Es ist einfach geschehen. Wir haben den einfachen Weg gewählt, Maggie. Ich bin darauf nicht stolz, aber genau so war es.«
    »Du hättest mir das viel früher erzählen müssen. Clementine hätte es mir erzählen müssen. Das ist doch Teil meines Lebens.«
    »Ja, das hätten wir.«
    »Was ist sonst noch gelogen?«
    »Was meinst du?«
    »Wenn ihr mich darüber belogen habt, worüber dann noch?«
    »Natürlich nichts sonst.«
    »Ist Sadie meine Mutter? Läuft es darauf hinaus?«
    »Nein, Maggie, Clementine ist deine Mutter. Ich gebe dir mein Wort.«
    »Und ist David mein Vater?«
    »David ist dein Vater.«
    »Warum erzählst du mir das jetzt? Warum bist du den weiten Weg gekommen, um mir das alles zu erzählen?«
    »Weil ich herausgefunden habe, wo Sadie ist. Zumindest glaube ich das. Ich vermute, dass sie in Irland ist. In Dublin.«
    »In Dublin ? Was macht sie denn da?«
    »Das weiß ich noch nicht. Ich habe einen Privatdetektiv engagiert, nachdem ich im Internet auf ein Bild gestoßen bin, das meiner Meinung nach Sadie zeigt. Und es sieht so aus, als hätte ich recht.«
    »Es sieht so aus? Du meinst, du hast noch nicht angerufen? Du hast sie noch nicht aufgesucht? Warum nicht? Sie ist doch deine Tochter, du musst doch dringend wissen wollen, wie es ihr geht.«
    »Natürlich will ich das.« Er zögerte. »Aber etwas hat sie vor all diesen Jahren veranlasst fortzugehen. Etwas, was sie in Tessas Tagebüchern gelesen hat. Und ich muss wissen, was das war, bevor ich mit ihr spreche. Ich muss vorbereitet sein.«
    »Aber sie kann sie doch gar nicht gelesen haben. Du hast sie doch verbrannt.«
    Leo rutschte auf der Bank hin und her. »Ich habe sie nicht verbrannt, Maggie. Ich habe sie aufbewahrt. Und Sadie hat sie gefunden und darin etwas gelesen, was sie vollkommen verstört hat.«
    »Du hast die Tagebücher nicht verbrannt? Noch eine Lüge?« Maggies Ausdruck machte Leo betroffen. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, machte unbewusst seine Geste nach. »Das glaube ich einfach nicht. Wie konntest du ihnen das antun? Sie war ihre Mutter. Sie hätten die Tagebücher lesen müssen. Das steht ihnen zu.«
    »Sei mir bitte nicht böse, Maggie.«
    »Wie denn nicht? Und wenn du meinst, dass ich dir böse bin, wie werden wohl erst Clementine und die anderen reagieren? Sie werden außer sich sein vor Wut.«
    »Ich weiß, warum du so denkst. Glaub mir, das tue ich wirklich. Ich habe deswegen jahrelang schlaflose Nächte gehabt. Aber ich musste das tun. Es ging dabei nicht um deine Tanten. Es ging um mich.« Er stand auf. »Können wir ein Stückchen gehen? Ich will versuchen, es dir zu erklären.«
    Auf den von Licht getüpfelten Wegen sprach er und erzählte ihr genug, dass sie verstand. Er hatte Tessa angebetet. Sie war der Mittelpunkt seines Lebens gewesen. »Ich wünschte, du hättest sie kennengelernt, Maggie. Sie war eine strahlende Erscheinung. Sie war schön, unterhaltsam, voller Esprit … Wenn sie in

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