Die Toechter der Familie Faraday
zurück nach England gehen sollten. Es ist einfach passiert.« Er sah Miranda direkt an. »Du hast recht. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich sehe all die vielen Jahre vor mir, ohne sie, ohne ihre Ratschläge für euch, ohne Einkaufsbummel mit euch, ich sehe eure Hochzeiten und Kinder, unsere Enkel. Ich habe Bilder im Kopf, wir haben uns doch unser Leben ausgemalt, und sie erscheint in jedem einzelnen Bild. Die Lücke, die sie gerissen hat, war nicht vorgesehen, und ich kann sie nicht füllen. Ich kann doch nicht ihren Teil leben. Ich weiß überhaupt nicht, wie ich ohne sie leben soll.«
Dann weinte er wieder, mitten im Lokal, die Tränen liefen ihm die Wangen hinunter, ungeachtet der unverhohlenen Blicke der anderen Gäste und seiner Töchter.
Keines der Mädchen sprach. Er weinte lautlos und lange.
Schließlich stand Clementine auf und ging zu ihrem Vater. »Willst du ein Taschentuch, Dad?« Er nahm es aus ihrer Hand. Er wischte sich die Augen. Juliet, Miranda, Sadie und Eliza sahen schweigend zu. Nach ein oder zwei Minuten streckte Clementine die Hand wieder aus. Leo gab ihr das Taschentuch zurück, und sie setzte sich wieder an ihren Platz.
Miranda nahm die Speisekarte. »Ich möchte doch noch Nachtisch, Dad.« Ihre Stimme klang wieder normal. Nur die geröteten Wangen verrieten den inneren Aufruhr. Sie rief den Kellner. »Fünf große Schokoladeneis, bitte. Dad, für dich auch eins?«
Er nickte.
»Also sechs Eis«, sagte sie.
An diesem Abend ging ihr Vater nicht wieder in seinen Schuppen. Er berief den Familienrat ein.
»Miranda hat vorhin den Nagel auf den Kopf getroffen. Wir müssen den Laden wieder zum Laufen bringen. Das sind wir eurer Mutter schuldig.« Diesen Satz sollten sie im Laufe der nächsten Jahre häufig hören. »Also, holt mal die Pläne, und dann wollen wir mal sehen, wie eure Mutter das immer geregelt hat. Und ich werde mich nicht drücken. Ich setze meinen Namen mit auf die Liste.«
Ein unterdrückter Aufschrei von Miranda. Juliet warf ihr einen warnenden Blick zu. Miranda verdrehte die Augen, sagte aber nichts.
»Jede von euch hat eine besondere Gabe bekommen«, sagte er. Dann brach er ab. Das Wort »Gabe« hatte ihre Mutter oft benutzt.
»So wie zu Weihnachten, Dad?«, fragte Clementine. »Meinst du Geschenke? Machen wir Mums Juli-Weihnachten?«
Er schien erleichtert, das Thema wechseln zu können. Er legte wieder den wackeren Tonfall an den Tag. »Was meint ihr, Mädchen? Juliet? Hast du Lust? Ich wage mich auch gerne selbst an den Truthahn, aber eure Mutter hat immer gesagt, du wärst die geborene Köchin.«
Juliet machte mit. Sie kam sich wie eine Schauspielerin vor, die genau im richtigen Moment vortrat und ihren Satz aufsagte. »Das würde ich gerne tun. Das könnte Spaß machen.« Sie wusste nicht, ob ihr jemals wieder irgendetwas Spaß machen könnte.
»Mum hat gesagt, dass ich den Baum schmücken soll.« Clementine lief aus dem Zimmer und kam mit Tessas letztem Sammelbuch zurück. »Ich mache eine Lichterkette wie die hier, guckt mal.«
Ihre Mutter hatte Bilder von acht unterschiedlichen Dekorationen ausgeschnitten und ordentlich auf die Seite geklebt. Der Anblick dieser sorgfältigen Arbeit, der Gedanke, dass ihre Mutter jedes einzelne Papier liebevoll in das Sammelbuch geklebt hatte, war zu viel. Es traf Juliet mit Macht, ein dröhnendes Gefühl rauschte von den Füßen her durch sie hindurch. Sie schaffte es gerade rechtzeitig nach draußen, wo sie sich heftig erbrach.
Sadie, oder auch Eliza, folgte ihr. Juliet drehte sich nicht um, sie spürte nur eine beruhigende Hand auf dem Rücken. Sie schüttelte den Kopf, schüttelte die Hand ab. »Es geht schon. Lass mich einfach in Ruhe.«
Warten, eine weitere kurze Berührung, und wer es auch war, ging fort.
Als Juliet zehn Minuten später wieder in die Küche kam, war schon alles organisiert. Clementine hüpfte vor Aufregung auf und ab. Das erste Juli-Weihnachtsfest der Faradays würde in sechs Wochen stattfinden. Mit einem Truthahn. Einem Baum. Einem Pudding. Mit allem Drum und Dran. Sie hatten es Clementine versprochen.
Später kam Miranda zu Juliet ins Zimmer. Sie setzte sich auf ihr Bett.
»Mir ist das alles zuwider, Juliet. So sehr, dass es wehtut. Ich will sie zurück. Ich will unser altes Leben zurück.«
»Ich auch.«
Die Tür ging auf. Es war Clementine mit ihrer Lieblingsdecke.
»Juliet, darf ich reinkommen?«
»Natürlich, Clemmie.«
Sie schluchzte. »Ich vermiss meine Mum.«
»Ach, Herzchen,
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