Die Toechter der Kaelte
Möglichkeit der Verbesserung seines Aufreißpotentials in Stockholmer Szenekneipen betrachtete. Sie konnte Patrik zwar zustimmen, daß die Programme intelligenzfrei waren, aber wenn man erst einmal damit angefangen hatte, konnte man nicht damit aufhören.
Als sie ein Geräusch an der Tür hörte, stellte sie den Ton erneut leiser. Einen Augenblick meldete sich ihre Angst, aber dann riß sie sich zusammen und begriff, daß Patrik offenbar nach Hause gekommen war.
»Wie dunkel es bei dir ist«, sagte er und schaltete ein paar Lampen ein, bevor er zu ihr kam. Er beugte sich hinunter und küßte sie auf die Wange und ließ sich dann schwer aufs Sofa fallen.
»Es tut mir wirklich leid, daß es so spät geworden ist«, sagte er, und obwohl sie früher am Tag so kindische Gefühle gehabt hatte, blieb in diesem Moment von der Gereiztheit nichts übrig.
»Das macht nichts«, sagte sie. »Wir sind gut miteinander ausgekommen, die kleine Maus und ich.« Sie war noch immer euphorisch, weil sie ein paar Augenblicke für sich gehabt hatte.
»Keine Chance, daß man ein bißchen Hockey sehen darf, vermute ich?« Patrik warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Fernseher, ohne die ungewöhnlich gute Stimmung seiner Frau zu registrieren. Erica schnaubte nur verächtlich. Was für eine dumme Frage.
»Habe ich mir doch gedacht«, sagte er und stand auf. »Ich werde mir ein paar Brote machen, willst du auch welche?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe vor einer Weile gegessen. Aber eine Tasse Tee wäre schön.« Erica folgte Patrik in die Küche. Er stand am Herd und rührte Kakaopulver in einen Topf mit Milch, und sie stellte sich dicht hinter ihn und legte die Arme um ihn. Das war ein so schönes Gefühl, und sie begriff auf einmal, wie wenig Körperkontakt sie seit Majas Geburt gehabt hatten. Das lag meist an ihr, mußte sie zugeben.
»Wie ist der Tag gewesen?« fragte sie und merkte, daß sie auch das lange nicht getan hatte.
»Beschissen«, sagte er und nahm Butter, Käse und Kaviarpaste aus dem Kühlschrank.
»Ich habe gehört, daß ihr Kaj abgeholt habt«, sagte sie vorsichtig, unsicher, wieviel Patrik erzählen wollte. Sie selbst hatte sich entschlossen, nichts von den Besuchern zu berichten, die im Laufe des Tages hiergewesen waren.
»Der Klatsch hat sich wie ein Lauffeuer verbreitet, vermute ich«, sagte Patrik.
»Das kann man wohl sagen.«
»Und was reden die Leute?«
»Daß er etwas mit Saras Tod zu tun haben muß. Ist das so?«
»Ich weiß es nicht.« Patriks Bewegungen wirkten müde, als er die warme Schokolade in die Tasse goß und sich ein paar Brote schmierte. Dann setzte er sich an den Küchentisch, wo Erica jetzt schon saß, und tunkte seine mit Käse und Kaviarpaste belegten Brote in den Kakao. Nach einer Weile fuhr er fort: »Wir haben ihn nicht wegen dem Mord an Sara geholt, sondern aus einem anderen Grund.«
Er verstummte erneut. Obwohl Erica es eigentlich besser wissen mußte, fragte sie trotzdem weiter. Vor ihrem Inneren sah sie Charlottes teilnahmslosen Blick.
»Aber deutet irgend etwas darauf hin, daß er mit Saras Tod zu tun haben könnte?«
Patrik tunkte das Brot in die Schokolade, und Erica versuchte nicht hinzusehen. Sie fand diese Gewohnheit, gelinde gesagt, barbarisch.
»Das tut es wohl. Aber wir werden sehen. Wir dürfen uns nicht verrennen. Es gibt ein paar andere Dinge, die wir uns auch ansehen müssen«, sagte er und wich ihrem Blick aus.
Sie fragte nicht weiter. Ein paar protestierende Grunzer gaben zu erkennen, daß Maja aufgewacht war, und Patrik stand auf und holte die Tochter herüber. Sie gurgelte dankbar und fuchtelte mit Händen und Füßen, als Patrik sie in der Babywippe auf den Küchentisch setzte. Die Müdigkeit in seinem Gesicht verschwand, und der besondere Glanz, den er für seine Tochter reserviert hatte, zeigte sich in seinen Augen.
»Haben wir hier Papas kleinen Goldschatz? Hat es Papas kleiner Liebling gut gehabt? Sitzt hier die süßeste Kleine auf der gaaanzen Welt?« brabbelte er in Kindersprache, das Gesicht dicht an Majas. Kurz darauf verzerrte sich Majas Gesicht, wurde hochrot, nach lautem Ächzen war ein Krachen aus den unteren Regionen zu hören, und ein heftiger Gestank verbreitete sich am Tisch. Erica erhob sich automatisch, um die Sache aus der Welt zu schaffen.
»Ich mach das, bleib sitzen«, sagte Patrik, und Erica sank dankbar zurück auf den Küchenstuhl.
Als Patrik mit der frisch gewindelten Maja, die jetzt im Schlafanzug steckte, wiederkam,
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