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Die Toechter der Kaelte

Die Toechter der Kaelte

Titel: Die Toechter der Kaelte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Camilla Läckberg
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anders. Seine Gedanken bewegten sich einfach in ganz anderen Bahnen. Nicht unbedingt schlechteren, aber anderen.
    Er machte eine Pause und nahm einen Schluck Cola direkt aus der Flasche, um die Finger gleich darauf wieder über die Tasten tanzen zu lassen.
    Morgan war zufrieden.
     
    Strömstad 1923
     
    Er lag auf dem Bett, die Arme unter dem Kopf verschränkt, und starrte an die Decke. Es war schon spät, und wie immer spürte er die Schwere eines langen Arbeitstages in den Gliedern. Aber heute abend konnte er nicht recht zur Ruhe kommen. In seinem Kopf surrten so viele Gedanken, es war, wie mitten in einem Fliegenschwarm schlafen zu wollen.
    Die Zusammenkunft wegen des Steins war gut verlaufen, und das war einer der Gründe für seine vielen Überlegungen. Er wußte, die Arbeit würde eine Herausforderung werden, und er drehte und wendete die verschiedenen Alternativen, versuchte sich für das beste Herangehen zu entscheiden. Er wußte bereits, wo er den großen Stein aus dem Berg brechen wollte. In der südwestlichen Ecke des Steinbruchs gab es einen soliden Felsen, der noch unberührt war, und dort glaubte er ein großes, schönes Stück Granit herausschlagen zu können, das mit ein wenig Glück frei von jenen Fehlern und Schwachstellen war, die es leicht auseinanderplatzen ließen.
    Der zweite Grund für seine Nachdenklichkeit war das Mädchen mit den dunklen Haaren und den blauen Augen. Er wußte, es waren verbotene Gedanken. Solche Mädchen durfte einer wie er nicht einmal mit den Gedanken streifen. Aber er konnte nichts dagegen tun. Als er ihre kleine Hand in der seinen gehalten hatte, mußte er sich zwingen, sie sofort loszulassen. Mit jeder Sekunde, die er ihre Haut an der seinen spürte, wurde es schwerer, ihre Hand wieder freizugeben, und er hatte es nie gemocht, mit dem Feuer zu spielen. Die ganze Zusammenkunft war eine Qual gewesen. Die Zeiger der Wanduhr waren vorwärtsgeschlichen, und er mußte sich die ganze Zeit beherrschen, um sich nicht umzudrehen und sie, die dort so still in der Ecke saß, anzuschauen.
    Er hatte noch nie etwas so Schönes gesehen. Keins der Mädchen, oder besser keine der Frauen, die sein Leben flüchtig gekreuzt hatten, konnte im selben Atemzug mit ihr genannt werden. Sie gehörte einer ganz anderen Welt an. Er seufzte, drehte sich auf die Seite und wollte einen neuen Versuch machen, einzuschlafen. Der morgige Tag würde, genau wie all die anderen, um fünf Uhr beginnen und nahm keine Rücksicht darauf daß ihn sein Grübeln wachhielt.
    Etwas klirrte. Es hörte sich an wie ein Stein, der gegen die Scheibe prallte, aber das Geräusch verklang so rasch, daß er sich fragte, ob es nur Einbildung gewesen war. Jedenfalls war jetzt nichts mehr zu hören, und er Schloß die Augen wieder. Da ertönte das Geräusch von neuem. Es war kein Irrtum möglich. Jemand warf einen Stein gegen sein Fenster. Anders setzte sich mit einem Ruck auf. Es mußte einer der Kumpels sein, mit denen er manchmal loszog und einen zur Brust nahm, und er dachte wütend, wenn er die Witwe weckte, bei der er sich eingemietet hatte, dann würden sie was zu hören bekommen. Die Unterkunft hier hatte in den letzten drei Jahren gute Dienste geleistet, und er wollte keine Klagen riskieren.
    Vorsichtig löste er die Haken und schob das Fenster auf. Er wohnte im Erdgeschoß, aber ein großer Fliederbusch verstellte ein wenig die Sicht, und er kniff die Augen leicht zusammen, um in dem schwachen Mondlicht zu erkennen, wer es war.
    Dann konnte er seinen Augen nicht trauen.
     
    Sie hatte lange gezögert. Stand sogar schon in der Jacke da und hatte sie dann zweimal wieder ausgezogen. Aber schließlich entschloß Erica sich. Es konnte einfach nicht falsch sein, ihre Hilfe anzubieten, sie würde dann schon feststellen, ob Charlotte einen Besuch verkraftete oder nicht. Auf jeden Fall war es ihr unmöglich, einfach zu Hause zu sitzen und vor sich hin zu starren, wenn sie wußte, daß die Freundin durch die Hölle ging.
    Spuren des Sturms von vor zwei Tagen begleiteten sie auf ihrem Spaziergang. Umgestürzte Bäume, und hier und da waren Abfall und Teile von allem möglichen in kleinen Haufen versammelt, vermischt mit gelbem und rotem Laub. Aber es war auch, als hätte der Sturm eine schmutzige Herbstschicht weggeblasen, die den ganzen Ort bedeckt hatte. Jetzt roch die Luft frisch und war klar wie eine gut geputzte Scheibe.
    Maja im Kinderwagen schrie aus voller Lunge, und Erica beschleunigte ihre Schritte. Aus irgendeinem

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