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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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seine Meinung ändern sollte, wäre alles für seinen Empfang bereit. Genau wie der Topkapi Palast würde der Zeltkomplex des Sultans alles umfassen, was er benötigte. Einen Turm, in seiner Funktion dem Turm der Gerechtigkeit ähnlich. Ein Zelt für den Staatsrat, ein Zelt für das Schatzamt, eines für seine Konkubinen, einen Küchenkomplex, ein Hamam und einen Bereich, in den er sich zurückziehen konnte, falls er allein sein wollte. All das wurde vom Zozak – einer Mauer aus dicken Stoffbahnen – eingeschlossen, der selbst wiederum von einem Wall umgeben war. Für die Sicherheit im Inneren sorgten die Janitscharen, die zwischen den einzelnen Zelten postiert waren. Mustafa hatte Befehl gegeben, sein eigenes Zelt direkt außerhalb dieser Ansammlung errichten zu lassen – neben den Unterkünften des Großwesirs, der nach einer heißen Debatte mit Selim in Antalya zu ihnen gestoßen war, seinen Beratern und den anderen hochrangigen Staatsdienern. Da Mohammed Sokolli als Großwesir das höchste Amt innehatte, war seine Unterkunft geräumiger als Mustafas, allerdings nur unwesentlich. Der Ring der schlichten Kegel, welcher das Zentrum des Feldlagers umgab und die einfachen Soldaten beherbergte, erhöhte die Sicherheit des inneren Bereiches noch um ein Vielfaches.
     
    Mustafa war stolz auf die harte Disziplin und die straffe Organisation seiner Streitmacht. Anders als die Armeen der Kreuzfahrer, die häufig aufgrund der harten Entbehrungen und der Unstimmigkeiten unter den Befehlshabern auf ihren Feldzügen zerfallen waren, konnte sich das osmanische Heer in dieser Hinsicht der Perfektion rühmen. Vielleicht lag es daran, dass ihre Vorfahren in Zelten gewohnt hatten, sinnierte Mustafa – verwarf den Gedanken jedoch und schloss die Augen. In der Ferne begann der unaufhörliche Kriegsruf des türkischen Kanonendonners, ihn wie ein Schlaflied einzulullen. Er war müde und erschöpft. Die vergangenen Wochen hatten ihn ermattet, und er sehnte sich nach einer Nacht ungestörten Schlafes. Mit einem Gähnen leerte er das nektarsüße Gebräu und schlüpfte aus den staubigen Kleidern. Der folgende Morgen würde den Auftakt der Belagerung bringen. Nicht das halbherzige Geplänkel, das seit ihrer Abreise im vergangenen Winter vor sich gegangen war, sondern eine wirkliche Belagerung! Die Venezianer würden ihren Gott auf Knien anflehen müssen, dass er sie nicht im Stich ließ!
     
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Zypern, eine Kammer im Militärquartier von Famagusta, April 1571
     
    „Er wird Euch bald zurückrufen, da bin ich mir sicher.“ Jago lehnte an der weißgetünchten Wand in Cassios spartanisch möblierter Unterkunft. Er hatte ihn unter dem Vorwand, eine Nachricht von Desdemona überbringen zu müssen, aufgesucht, die diese ihm allerdings niemals aufgetragen hatte. Ohne rot zu werden, hatte er seinem ehemaligen Oberstleutnant, dessen Gesicht grau und ungesund wirkte, vorgegaukelt, dass die Gemahlin des Generals am folgenden Tag noch einmal mit diesem zu sprechen beabsichtigte. Zudem hatte er ihm ein Exemplar von Giraldi Cinthios Hecatommithi überreicht, das Desdemona ihm tatsächlich für Cassio mitgegeben hatte. Nachdem er ihr das Tüchlein gebracht und vorgetäuscht hatte, die Cinquante Novelle seien für sie von Cassio, war sie im Nebenraum verschwunden und mit dem Cinthio zurückgekehrt. Zum Glück wusste Jago von Emilia, dass die beiden bereits Bücher ausgetauscht hatten, um sich die Langeweile zu vertreiben. Sein Plan war folglich perfekt. Auch hatte er Cassio glaubhaft versichern können, dass der Groll des Generals nach Meinung seiner Gattin bald endgültig verfliegen würde. Der Funke falscher Hoffnung, der bei dieser Neuigkeit in Cassios Augen aufblitzte, hatte ihn innerlich frohlocken lassen. Denn er war sicher, dass diese Hoffnung schon bald wieder zerschmettert werden würde. Dafür würde er zu sorgen wissen. „Ihr braucht frische Luft“, stellte er fest, bemüht, seiner Stimme einen mitfühlenden Ton zu verleihen. „Hört auf, Euch zu grämen und begleitet mich zur Zitadelle“, lud er Cassio ein. „Wir können etwas zusammen trinken und über einen Plan nachdenken, wie ihr das Wohlwollen des Generals wiedergewinnen könnt.“
     
    Während er vorgab, an einem alten Gemälde interessiert zu sein, das schief über dem Waschgestell hing, trat er hinter Cassio. Er versicherte sich mit einem flüchtigen Blick über die Schulter, dass Cassio ihm immer noch den Rücken kehrte, und griff nach dem ledergebundenen

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