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Die Töchter der Lagune

Die Töchter der Lagune

Titel: Die Töchter der Lagune Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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achtgeben sollte.
     
    Doch wen scherten all die beunruhigenden Neuigkeiten! Sie konnten ja ohnehin nichts an ihrer Situation ändern. Alles, was sie tun konnten, war carpe diem – den Tag nutzen, solange es möglich war! Leise summend zog sie die vielen Haarklammern, die ihre aufwendige Frisur fixierten, aus den dunklen Locken. Nur einmal hielt sie kurz inne, als sie vermeinte, die kleine Pforte, die Francesco immer benutzte, zuknallen zu hören. Mit vor Vorfreude wild klopfendem Herzen schüttelte sie hastig ihr Haar aus und hüpfte aufs Bett. Nur wenige Sekunden später öffnete sich auch schon die Tür und Francesco trat herein, müde und erschöpft von einem langen Arbeitstag. Unter seinen braunen Augen lagen dunkle Schatten, und die Wangenknochen schienen noch erhabener als sonst. Der Bartschatten der vergangenen Stunden verlieh ihm ein kühnes und männliches Aussehen. Er sank in einen der brokatüberzogenen Stühle und zog sich mit einem tiefen Seufzer die Stiefel von den Füßen. „Was für ein Tag!“ Trotz seiner Jugend war seine Stimme bereits ein tiefer Bariton, deren Klang Angelinas Haut zum Kribbeln brachte. Sie hatte sich erhoben und saß nun auf der Armlehne des Sessels. Sanft und zärtlich nahm sie seinen Kopf in die Hände und drückte ihn an ihre Brust. Er seufzte erneut und ließ sie ein paar glückselige Minuten lang sein Haar liebkosen.
     
    „Hilf mir aus dem Kleid“, befahl sie schließlich und drehte sich um, sodass er Haken und Knöpfe des schwierigen Kleidungsstücks öffnen konnte. Obgleich er todmüde war, brachten der Anblick ihrer bloßen Schultern und die Andeutung des köstlichen Hinterteils, das sich unter den vielen Schichten der Röcke verbarg, sein Blut in Wallung. Vorsichtig, um den kostbaren Stoff nicht zu beschädigen, öffnete er das Kleid und half ihr heraus. Als sie in der weißen Camicia vor ihm stand, wandte sie sich um und zerrte am Gürtel seiner Kniehosen. „Trödel nicht herum“, neckte sie ihn und ging zum Bett. Als sie unter die Decke geschlüpft war, beobachtete sie ihn dabei, wie er das Hemd über den Kopf zog und auf die dunklen Dielen pfefferte. Sie wand sich aus ihrem Untergewand und schleuderte es in seine Richtung. „Francesco di Lamone, du bist der behäbigste Mensch, den ich je gesehen habe.“ Sie gluckste spitzbübisch. „Ich glaube, wenn wir erst einmal verheiratet sind, werde ich dich ein paar Dinge lehren müssen.“
     
    „ Du mich lehren?“, fragte er in vorgetäuschtem Ärger. „ Signorina, ich denke, ich muss dir zeigen, wer hier der Herr im Hause ist!“ Mit diesen Worten hechtete er sich aufs Bett, vergrub den Kopf unter der Decke und begann, Angelinas nackten Körper mit Küssen zu bedecken. Kichernd versuchte sie sich seiner zu erwehren, aber er war zu stark für sie. Seine Bartstoppeln kratzten über ihre empfindliche Haut, als er die sanfte Kurve ihres Halses erreichte, und hinterließen leichte Rötungen. Sie grub die Finger in seine Haare und küsste ihn gierig. Während sie wild im Bett herumtollten, erkundeten sie hemmungslos den Körper des anderen – immer aufs Neue erstaunt über die Schönheit des anderen – bis die Kerzen hinuntergebrannt waren, und Angelina glücklich in Francescos Armen einschlummerte.
     
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Zypern, eine schäbige Taverne in Famagusta, April 1571
     
    „Bring mir noch einen!“, brüllte der untersetzte Gast mit den teuren Gewändern die Wirtin an, deren Kleid alles andere als sauber war. Er hatte bereits vier Kelche des besten Weines, den die Taverne bot, in sich hineingekippt. Doch es schien, als ob er immer noch nicht genug hatte. Sein Bart, der offensichtlich falsch war, hatte sich im Laufe des unbeschwerten Abends gelöst, aber das berührte die Wirtin nicht sonderlich. Solange der Mann seine Rechnung bezahlte, interessierte es sie nicht im Geringsten, warum er sich verkleidet hatte. Und er hatte großspurig damit geprahlt, dass er eine Börse voller Goldstücke besaß. In seiner Nähe hatte sich bereits eine beträchtliche Anzahl zwielichtiger Gestalten versammelt, die sich geschickt im Halbdunkel des niedrigen Gewölbes verbargen. Allerdings schien dem Trunkenbold die Gefahr, in der er schwebte, nicht klar zu sein. Er spielte beiläufig mit den Brüsten der Hure, die auf seinem Schoß saß, wobei er ihr schmutzige Worte ins Ohr lallte. Die Frau, ein junges Bauernmädchen mit einer Flut kastanienfarbener Locken und sommersprossiger Haut, ließ ihn gewähren, da er sie im Voraus für

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