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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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haben, Herrlein Uglemose, doch Propaganda für die Sache der Männer gehört nicht in unsere Schule. Sie gehört auf die Agitationstreffen und kann an unserer Schule nicht toleriert werden.“
    „Wenn sie doch nur aufhören könnte, mich immer ,Herrlein Uglemose’ zu nennen“, dachte Herrlein Uglemose. „Wenn sie doch nur ein einziges Mal so wie früher ,Lisello’ zu mir sagen würde. Jedes ,Herrlein Uglemose’ hört sich in meinen Ohren wie ein Peitschenhieb an“, dachte er. Er erschrak ein wenig, als er bemerkte, daß die Rektorin zu reden aufgehört hatte. Er blickte sie ein wenig verwirrt an. Ihre Blicke trafen sich über der spiegelblanken Fläche.
    „Wa... was haben Sie gesagt?“
    Die Rektorin trommelte ungeduldig gegen die Tischkante.
    „Ich habe gesagt, es wurden Klagen laut, daß Sie Propaganda betreiben.“
    „So?“
    „Ja.“
    „Ja?“
    „Ja. Und das in der Klasse der Direktorinnentöchter. Im Zivilisationskundeunterricht. Sie sollen gesagt haben, der große Aufstand der Männer sei nur noch eine Frage der Zeit.“
    „Ist er das?“
    „Was?“
    „Ist der große Männeraufstand nur noch eine Frage der Zeit?“
    „ Nein !“ Die Faust von Rektorin Barmerud sauste auf den Tisch. „Sie bringen Ihren Schülern bei, daß der große Männeraufstand nur noch eine Frage der Zeit ist!“
    „Ach so!“
    Jetzt erinnerte sich Herrlein Uglemose. Das war die Stunde, als Ba die Klasse verlassen mußte. Er hatte ihnen etwas von der Schöpfung erzählt. Aber er erinnerte sich nicht mehr genau, was er gesagt hatte.
    „Ja, aber...“, sagte er und senkte den Blick, „...aber ich glaube nicht, daß ich das genau so ausgedrückt habe. Ich sagte... also ich habe gesagt... Wie geht es Syprian?“
    Die Rektorin überhörte die Frage und wollte wissen, was er denn nun zu sagen habe.
    „Wozu?“
    „Zu dem, was ich eben vorgebracht habe.“
    „Das habe ich doch gerade gesagt.“
    „Was haben Sie gerade gesagt?“
    „Ich habe gesagt: ,Wie geht es Syprian?’“
    „Was soll denn das? Was hat denn das mit der ganzen Sache zu tun, Herrlein Uglemose?“ Die Rektorin war kurz davor, die Befrauschung zu verlieren.
    „Alles. Mit allem hat es was zu tun... Gerd! Wenn du nur ein einziges Mal ,Lisello‘ zu mir sagen würdest! Du tust so, als hätten wir uns nie gekannt. Wie kannst du alles so schnell vergessen? Wie kommst du eigentlich darauf, von mir nur Antworten wie ,Jawohl , Frau Rektorin, entschuldigen Sie, Frau Rektorin’ zu erwarten? Bestehst du nur aus Kopf? Einem Kopf, der mir nicht darauf antworten kann, wie es meinem Sohn geht?“
    „Pscht, nicht so laut!“ polterte Rektorin Barmerud los.
    „Nicht so laut, wenn ich das schon höre!“ wiederholte Herrlein Uglemose aufgebracht. „Als ob das nicht jede Wibsche in der Stadt wüßte! Glaubst du etwa, ich merke nicht, wie hinter meinem Rücken geflüstert und getuschelt wird? Glaubst du etwa, ich weiß nicht, was die Schüler reden, wenn ich komme und wenn ich gehe?“
    Rektorin Barmerud setzte sich in Positur. „Ich finde, das Büro ist nicht der richtige Ort für Privatgespräche.“
    „Sieh mal an! Dieses Büro ist offenbar nur dazu da, daß du redest und andere dir zustimmen und du deine Standpauke zum Nachdenken hältst.“
    „Das ist meine Aufgabe hier... lieber Lisello.“ Sofort ärgerte sich Rektorin Barmerud, daß ihr das so rausgerutscht war. Herrlein Uglemose aber gab diese Anrede neuen Mut.
    Was glaubst du, ist alles in diesen Jahren gewesen, Gerd? Hast du ein einziges Mal in deiner so großen und so wichtigen Lebensaufgabe innegehalten und hast darüber nachgedacht, wie es ihm geht? Nicht, daß ich meine, deine Aufgabe sei nicht wichtig. Donna weiß, ich bin der erste, der dich und das, was du geschaffen hast, anerkennt. Du hast immer deiner Arbeit den Vorrang gegeben. Aber dein Leben, Gerd! Was ist mit deinem Leben?
    „Arbeit und Privatleben müssen auseinandergehalten werden“, antwortete Rektorin Barmerud, die ihre Moralbegriffe endlich wieder geordnet hatte.
    „Das ist falsch“, sagte Herrlein Uglemose heftig. „Genau darunter habe ich mein Leben lang gelitten. Da haben wir’s. Warum bin ich darauf nur nicht früher gekommen! Arbeit und Privatleben sind eins.“ Mit einer gewissen Wehmut erkannte Gerd Barmerud bei ihrem früheren Geliebten den Hang zur Dramatik wieder. Wenn er sich endlich einmal erweibt hatte, seine Gefühle zu äußern, kam er ihr immer wie eine Männergestalt aus einem bürgerlichen Melodram vor. Sie fühlte

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