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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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„Feudaldame“. Sie hatte sich schon zuvor ein paar Jahreszahlen aufgeschrieben.
    „Was ist Feudaldame...?“
    Herrlein Uglemose betrat das Klassenzimmer.
    „Joijoijoi...“
    „Ja, heute werden wir in Geschichte eine kleine Klassenarbeit schreiben“, verkündete er und stützte sich dabei mit der rechten Hand auf das neue Katheder. „Es gibt aber keinen Grand, nervös zu werden“, fügte er etwas aufgeregt hinzu. „Es sind nur ein paar kleine, einfache Fragen. Ich habe davon für euch Abzüge gemacht. Sie sind hier in meinem Koffer.“ Die letzten Worte hörten sich wie eine Entschuldigung an. Er blickte über die Klasse. Alle saßen ordentlich da und schauten zu ihm auf, ruhiger als sonst.
    „So, jetzt legen wir erst einmal alle Geschichtsbücher in unsere Mappen und behalten nur das Schreibzeug auf dem Tisch. Papier bekommt ihr von mir.“ Unter großem Spektakel legten sie die Bücher weg. Einige versuchten, sie aufgeschlagen unter dem Tisch zu verstecken.
    „Na, na. Also. Die Bücher sollen ganz verschwinden. Hier, Fandango, du kannst die Bogen austeilen, und ich werde die Aufgaben verteilen. Wenn ihr die Aufgaben habt, bitte ich mir Ruhe aus.“
    Herrlein Uglemose ging durch die Reihen und teilte abwechselnd nach rechts und links die Aufgaben aus. Diejenigen, die voreinandersaßen, begannen, paarweise zu tuscheln, sobald er weitergegangen war. Plötzlich wandte er sich um.
    „Pst! Ihr habt doch gehört, was ich gesagt habe.“
    Ruckartig schreckten sie gleichsam in Normalstellung zurück. Als er seine Runde zwischen den Reihen gemacht hatte, frauschte einigermaßen Ruhe in der Klasse. Alle saßen über ihren Aufgaben. Ann Plattenberg schrieb, was das Zeug hielt. Der kleine, mollige Fandango schrieb die numerierten Aufgaben in Schönschrift mit zierlichen Buchstaben der Reihe nach untereinander. Ba saß da und stierte auf das Papier, sie konnte sich plötzlich an nichts mehr erinnern. Gutgelaunt blickte sie sich um, ob sie die Klassenarbeit nicht durch allerlei Unfug sprengen könnte, aber alle saßen ganz vertieft da. Mißmutig las Ba sich die Fragen durch:
    „1. Wann war die Zeit des großen Aufstiegs?
    2. Woher hat die Zeit des großen Aufstiegs ihren Namen?
    3. Berichte von Prima Siemanaricha und erkläre, warum sie zu den bedeutendsten Gestalten der Geschichte Egalias zählt.
    4. Wie waren die Lebensbedingungen der Männer unter Siemanarifcha — im Krieg und im Frieden?
    5. Was wissen wir von der Glanzzeit?“
    Herrlein Uglemose hüstelte. „Gibt es noch Fragen... zu den Fragen?“
    „Ja, was sollen wir machen, wenn wir keine Antwort wissen?“
    „Dann schreibt ihr nur die Nummer der Frage auf und geht zur nächsten über.“
    „Und wenn wir überhaupt keine Frage beantworten können?“ Vereinzeltes Kichern. Dann wurde es wieder ruhig. Herrlein Uglemose schaute über ihre gebeugten Köpfe hinweg und erfreute sich an dem Anblick. So müßte es immer sein. Ruhe. Alle arbeiteten, strengten ihr Gehirn an und schrieben.
    Ba warf einen flüchtigen Blick auf ihren Spickzettel, den sie in der Federtasche hatte. Verstohlen guckte sie zum Herrlein, wieder zurück auf den Spickzettel und schrieb dann: „1. Die Zeit des großen Aufstiegs (732 v. Kl. bis 213 n. Kl.) — d.h.: vor Donna Klara (unserer Frau)...“ Sie schaute verloren auf die anderen Fragen und wußte, daß sie nicht eine einzige vernünftige Antwort parat hatte und auch der Spickzettel nutzlos war. Sie fuhr also fort: „2. Wegen mangelnder Phantasie. In Wirklichkeit gab es kaum etwas, was in der Zeit des großen Aufstiegs aufstieg, und das, was trotzdem aufstieg, war schrecklich klein. Aber dam mußte das ja irgendwie benennen — warum also nicht die Zeit des großen Aufstiegs? Vor allem, damit die Leute das Gefühl kriegten, daß es aufwärtsging, daß es mit der Zeit immer besser und besser wurde. Das Gegenteil war natürlich der Fall. Den Leuten ging es immer schlechter. Dam braucht nur an die isolierten Geschöpfe in den Einöden von Fallüstrien zu denken. 3. Prima Siemanaricha war eigentlich die größte Tyrannin in der ganzen Geschichte Egalias...“ Ba kicherte über ihre eigenen Witze. „...Wenn ihre Leute nicht gehorchten, ließ sie ihnen auf der Stelle den Kopf abschlagen. Und trotzdem wurde sie verehrt, fast wie eine Heilige. Sie vergrößerte das Land mit harter Hand und großer Brutalität, und später drehte sie es so, daß sie ganz allein die Macht bekam. Sie litt auch an Schreibwut und bildete sich ein, die beste

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