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Die Toechter Egalias

Die Toechter Egalias

Titel: Die Toechter Egalias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Brantenberg
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Hals, dem struppigen Haar und dem sich kräuselnden Bartflaum wirkte einfach lächerlich. Wie konnte er hier sitzen und tiefe und ernste Gefühle haben, wenn er so lächerlich aussah?
    Er schaute wieder auf das Papier und las: „...kam mir der Gedanke, daß...“. Woran hatte er nur gedacht? An sie natürlich. „...eigentlich hatte ich mir gewünscht, Dich dort liegen zu sehen und derjenige zu sein, der sich erhoben und unser Kind entgegengenommen hätte. Gro, das ist es, was ich mir am allerliebsten auf der Welt wünsche. Ich will Dein Kind entgegennehmen. Nun weißt Du es. Ich sollte das vielleicht nicht sagen. Aber es ist wahr. Ich habe mir immer gewünscht...“ Frei zu sein, dachte er, frei zu sein und Gros Kind entgegenzunehmen, das Kind von der Wibsche entgegenzunehmen, die ich liebe. Und frei zu sein. Er schaute von dem Geschriebenen auf und sah sich wieder im Fenster. Diesmal betrachtete er sich aufmerksam. Wie könnte er das Kind entgegennehmen und gleichzeitig frei sein? War das möglich? Natürlich war es möglich. Warum sollte er dazu nicht imstande sein, auch wenn es für seinen Vater unmöglich gewesen war? Gro war nicht so wie Rut. Gro nahm auf ihn Rücksicht. Sie erzählte ihm vieles. Sie liebte ihn und brachte ihm viel bei. Er dachte an ihre Arme, ihre Schultern. Wie fest sie ihn hielt! Wie geborgen und warm er sich an ihrer Brust fühlte! Wie sie es immer wieder schaffte, in ihm den Wunsch hervorzurufen, nur bei ihr zu bleiben und nie mehr nach Hause zu müssen! Nie mehr! Einfach dort zu bleiben.
    Er zerriß auch diesen Brief. „Liebe Gro! Ich liebe Dich“, schrieb er. Er besah sich die Wörter. Er zeichnete die Buchstaben noch einmal nach und kritzelte an ihnen herum. Dann fügte er hinzu: „Gro Maitochter. Ich liebe Dich. Petronius. Petronius Bram liebt Gro Maitochter. Liebt, liebt, liebt sie.“
    Er hörte Klein-Mirabello weinen und daß Kristoffer zu ihm ging. Er hatte sein eigenes Zimmer, damit Rut ihn nachts nicht zu hören brauchte. Petronius ging hinaus.
    „Papa? Ich will dem Kleinen gern etwas Vorsingen, wenn du müde bist.“ Kristoffer lächelte und strich Petronius über die Wange. Petronius hatte sich in diesen ersten Monaten ziemlich viel um Mirabello gekümmert. Er hatte ihn auch zweimal in der Woche im Anschluß an die Schule zur Direktorinnenfirma gebracht, damit Rut ihrem Jüngsten die Brust geben konnte. Das mußte zweimal während der Arbeitszeit gemacht werden — vormittags und nachmittags. Das Gerede von einem Geburtsurlaub hatte Rut nämlich mit aller Entschiedenheit zurückgewiesen. Sie müsse sofort nach der Geburt an ihren Arbeitsplatz zurück. Es stand ihr — wie jeder Frau — frei, entweder sofort wieder arbeiten zu gehen oder den gesetzlichen Schwangerschaftsurlaub zu beanspruchen. Eine Extravergütung bei sofortiger Wiederaufnahme der Arbeit bekam sie nicht. Denn das hätte ja dazu geführt, daß die Frauen gezwungen worden wären, sofort nach der anstrengenden Schwangerschaft die Arbeit wieder aufzunehmen, und deshalb war eine Prämie ausgeschlossen. Aber für Rut spielte das keine Rolle. Sie hielt es zu Hause nicht mehr länger aus. Sie war ganz versessen darauf, wieder an ihren Arbeitsplatz zu kommen, ihre Anordnungen zu treffen und ihren kleinen, süßen Sekretären, wenn sie mit einem Schrieb vorbeitänzelten, auf den Hintern zu klopfen. Und Rut trat in der Tat drei Tage nach Mirabellos Geburt ihren Dienst wieder an.
    Die Folge war, daß Kristoffer zweimal am Tage zur Direktorinnenfirma mußte, damit Mirabello Ruts Brust bekommen konnte. Und da die Stillzeit fünf Monate dauerte, war auch die Zeit nach der Geburt sehr anstrengend für Kristoffer.
    Doch es war eine notwendige Plackerei. Die Mutter durfte sich während der Stillzeit nicht unnötig aufregen, sonst, hieß es, könne die Milch ausbleiben. Und welcher Vater wollte schon, daß die Nahrungsquelle für sein Kind versiegte? Die Rücksicht auf das Kind ging in jedem Fall vor. Das empfanden und meinten alle. Auch Kristoffer.
    Rut hatte ihm denn auch zu verstehen gegeben, es sei das letzte Mal gewesen — endgültig das letzte Mal — , daß sie eine Schwangerschaft durchgemacht habe. Plötzlich hörte es sich an, als habe er sich das Kind ertrotzt. Es klang auch so, als sei dieses einzigartige, orgiastische Geburtserlebnis aus ihrer Erinnerung getilgt. „Hast du denn die Freude bei der Geburt vergessen?“ deutete Kristoffer vorsichtig an. „Nein. Aber Arbeit ist Arbeit.“
    Da erwiderte Kristoffer

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