Die Toechter Egalias
Männer ans Haus zu ketten!“ Hier stockte die Debatte. Alle waren sich darin einig, daß dies nicht der Sinn sein könne. Das mit dem Lohn sei ja auch nicht als konkreter, realistischer Vorschlag gemeint gewesen. Das sei einfach nur gesagt worden, um zu betonen... um daraufhinzuweisen, daß die Männer umsonst arbeiteten.
Die Forderung nach einer Begrenzung der Kinderpflegezeit für Väter auf maximal zwei Jahre wurde anschließend einstimmig angenommen. Eine Flut von Argumenten ergoß sich über die Männerbewegung. Daß Kinder sich am wohlsten beim Vater fühlten, das wüßten doch alle. „Das ist doch schlicht und einfach Empirie“, sagten die Matraxisten. „Wer hat denn schon plärrende Kinder nach der Mutter schreien hören?“ In jenen Tagen wurde viel über die Natur des Mannes geredet. Weniger diffus waren gewisse Untersuchungen, die von Psychologinnen vorgenommen worden waren und die nachwiesen, daß das Kind aggressiv wurde und später unter Anpassungsschwierigkeiten litt, wenn es in den ersten fünf Lebensjahren nicht beim Vater war. Soziologische Erhebungen hatten zu den gleichen Resultaten geführt. Zoologische Untersuchungen bei den Goromiten, einer Affenart, die in den inneren Landstrichen jenseits der fallüstrischen Hochgebirge lebte, hatten gezeigt, daß die Jungen starben, wenn der Vater verschwand. Die Illustrierten, die sich sonst unpolitisch gaben und sich an der Volksabstimmungsdebatte nicht beteiligten, unterstützten diese Meinung nach Kräften, indem sie ergreifende Bilder von Kleinkindern abdruckten, die sich in des Vaters Bart kuschelten und behütet in der Armbeuge des Vaters schlummerten. Das Bild vom molligen, samthäutigen Baby, das sich friedlich schlummernd an den Vater schmiegte, war stets dazu geeignet, ein Gefühl von Wärme und Geborgenheit hervorzurufen.
Die Männerbewegung ließ sich in diesem Punkt nicht beirren und lehnte alle Diskussionen über die Natur des Mannes rundweg ab. Derartige Untersuchungen seien doch nur eine Folge davon, daß sie in einer Frauengesellschaft lebten. Als ob Frauen, auch wenn sie Forscherinnen waren, etwas über Vatergefühle aussagen konnten! („Wie können die Maskulinisten, die fallüstrisch sind, etwas über Vatergefühle aussagen?“ meinte Ba.)
Die Männer behaupteten, solange sie in einer Gesellschaft lebten, die von nur einem Geschlecht befrauscht werde, sei es geradezu absurd, mit Begriffen wie ,Natur des Mannes’ und ,Natur der Frau’ zu operieren. Solange das eine Geschlecht über das andere frausche, könnten sie nie den eigentlichen — psychischen — Unterschied zwischen den Geschlechtern herausfinden. Falls es überhaupt einen gebe.
Eine weitere Forderung bestand darin, die Trennung zwischen den Arbeitstrupps und sonstigen gesellschaftlichen Tätigkeiten aufzuheben, um so das Prinzip der Chancengleichheit für beide Geschlechter durchsetzen zu können. Frauen durften an höher bezahlten Stellungen keinen größeren Anteil haben als Männer. Die Männerbewegung war sich im klaren darüber, daß sie bei der Verwirklichung dieser Forderung auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen würde. Da die meisten Männer Väter waren, patroniert oder unpatroniert, hinderte sie dieser Umstand zumeist daran, eine umfassendere Ausbildung zu absolvieren, die ihnen den Aufstieg in höher dotierte Positionen geebnet hätte. Außerdem gab es in der Männerbewegung nicht wenige, die meinten, die Frauen seien trotz allem besser ausgerüstet.
So konnten sie wenigstens fordern, daß die schlimmsten Auswüchse der Männerdiskriminierung aufgehoben wurden. Die Forderung „Mehr Unterstützung für die unpatronierten Väter!“ fand großen Zuspruch, auch außerhalb der Männerbewegung. Mehrere Parteien nahmen sie in ihr Programm auf. Daß unpatronierte Väter unbeschreibliche Not litten — darin waren sich alle einig.
Die Losungen „Stoppt die Zwangsregistrierung!“ und „Weg mit den P-Karten!“ riefen dagegen bedeutend größeren Widerstand hervor. Es sei eine Selbstverständlichkeit, daß Männer für Verhütungsmaßnahmen sorgten. Da bei Männern stets das Risiko eines Samenergusses bestehe, wenn sich eine mit ihnen sexuell vergnüge, trügen sie logischerweise die Verantwortung dafür, daß kein Kind dabei gezeugt werde. Das sexuelle Vergnügen der Frauen habe ja damit nichts zu tun. Wünschten sie zu gebären, brauchten sie dem, mit dem sie schlafen wollten, nur deutlich ihre Absicht kundzutun, sich schwängern zu lassen. Den
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