Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die tödliche Heirat

Die tödliche Heirat

Titel: Die tödliche Heirat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
haben. Aber diese verhielt sich nicht aus Freundschaft zur Polizei still, sondern weil alle Redaktionen ihre fähigsten Reporter auf die Spur des Mörders gesetzt hatten, in der Hoffnung, jeweils die erste Zeitung sein zu können, die ihren Lesern eine Sensation bieten konnte.
    Henry Corner benützte die Verschnaufpause, um noch einmal alle Tatorte zu besichtigen. So kam er am Mittwoch, dem 9. Juni, auch in die großen Hafenanlagen von Hoboken. Nicht weit von dem Schuppen, an den gelehnt man vor etwas über zwei Wochen Martin gefunden hatte, entdeckte er eine kleine Hafenarbeiterbar. Das Gefühl, doch wieder einmal, und zwar sofort, ein gutes Bier trinken zu müssen, veranlaßte Corner einzutreten. Er setzte sich auf einen der großen Hocker an der Theke. Da noch Arbeitszeit war, hatte der Besitzer kaum etwas zu tun. Lediglich in einer Ecke saß noch ein Pärchen. Corner zündete sich eine Zigarette an und drehte sich so, daß er durch das geöffnete Fenster den Betrieb in den Hafenanlagen beobachten konnte. Er sah hinüber zu den Lagerhallen und den Piers – ja, er konnte die gesamte Upper Bay mit ihren riesigen Kränen und hohen Silotürmen überblicken.
    »Wie lange haben Sie denn abends auf?« fragte Corner den Besitzer und schob im das leere Glas zu.
    »Noch'n Bier, Sir?«
    »Ja.«
    Der Wirt füllte das Glas und schob es über die Theke zu Corner hin.
    »Wir haben Tag und Nacht geöffnet, Sir. Wir arbeiten in drei Schichten!«
    »Jede Nacht?«
    »Ja, Sir.«
    »Ist Ihnen am 24. Mai nichts aufgefallen?«
    »Am 24. Mai?« Der Mann sah Corner nachdenklich an und kratzte sich dabei hinter dem Ohr. »Das ist lange her, Sir.«
    »Es war ein regnerischer Tag – und kalt, viel zu kalt für einen Frühlingsabend. Sie hatten bestimmt Gäste, die sich etwas Warmes bestellten.«
    Der Besitzer sah auf seine Hände. Sie waren schlank, beweglich und blaß.
    »War es der Abend, an dem man den Toten dort hinten am Schuppen fand?« fragte er zögernd.
    »Genau dieser Abend! Wer war da hier bei Ihnen?«
    Corner beugte sich über den Bartisch und schob das Glas, das ihm im Wege stand, zur Seite. Seine Augen sahen sein Gegenüber forschend an.
    »Haben Sie keinen Wagen gesehen? Einen großen, hellgrauen Wagen vielleicht? Denken Sie einmal nach, und erinnern Sie sich an diesen Abend – an jede Einzelheit.«
    Der Wirt hob die Schultern.
    »Möglich, daß da ein Wagen war. Wer achtet darauf, Sir? Hier kommen viele Autos die Straße herunter und fahren zu den Schuppen. Tag und Nacht … Wie soll man wissen, ob in einem ein Mörder mit seinem Opfer sitzt?«
    Henry Corner setzte sich seufzend zurück.
    »Doch … Halt … Da hatten wir einen Gast, den ich vorher nie gesehen hatte und der sich auch seither nicht mehr blicken ließ. Wissen Sie, wir haben sonst fast nur Stammkundschaft; die Hafenarbeiter hier aus den umliegenden Schuppen. Der Mann trank eine Cola. Was mir auffiel, war seine Sprache. Er sprach ein Englisch wie ein Ire, vielleicht auch wie ein Holländer oder wie ein Deutscher. Ich kenne mich da nicht so aus, Sir.«
    »Weiter …«
    »Er kam von dem Schuppen an der Upper Bay herüber. Ich sehe das wieder deutlich vor mir. Ich fragte ihn noch, ob er nicht friere, denn er hatte keinen Mantel an, sondern trug nur einen Overall und eine Mütze. Seine Schuhe waren durchgelaufen. Er sah regelrecht heruntergekommen aus. Nachdem er die Cola getrunken hatte, brach er sofort wieder auf und verschwand dort zwischen den Silos in Hoboken.«
    »Und wie sah er aus?«
    »Groß, blond, die Haare hatte er bestimmt zwei Monate nicht mehr geschnitten, geschweige denn gewaschen. Außerdem trug er eine Chesterhose. Eine blaue, schmutzige Chesterhose. Ja, ich erinnere mich ganz genau …«
    Der Wirt nickte eifrig mit dem Kopf.
    »Das ist interessant.«
    Inspector Corner hatte ein Notizbuch aus der Tasche gezogen und notierte sich die Angaben des Barbesitzers.
    »War er verstört? Hatte er es eilig?« fragte er noch.
    »Nein. Verhungert sah er aus. Und eilig – nein, der hatte Zeit, das sah man.«
    Mit diesem mageren Ergebnis verließ Corner die Bar und – fuhr nicht ins Präsidium, sondern nach Hause. Seine Gedanken kreisten unentwegt um diesen schwierigen Fall. Bis jetzt waren alle Spuren im Sande verlaufen.
    In seiner Wohnung angekommen, mixte er sich einen Drink, ließ sich in einen Sessel fallen und ging erneut alle seine Erkundungsfahrten durch. Irgendwo mußte es doch einen Anhaltspunkt geben, der dann letztlich zur Aufklärung der Morde

Weitere Kostenlose Bücher