Die Tore Der Finsternis
den Couchtisch leer, um Platz für die Papiere zu schaffen. Siobhan sagte, sie habe noch ein paar Flaschen Bier im Kühlschrank. Wie sich herausstellte, war es eine mexikanische Marke. Rebus war skeptisch, aber Siobhan wusste, er würde das Bier trotzdem trinken.
Dann machten sie sich an die Arbeit.
»Wer war der Mann auf der Vernissage?«, fragte Rebus. »Haben wir eine Beschreibung von Montrose?«
»Vorausgesetzt, er war tatsächlich dort und das Gekritzel stammte nicht von einem Marlowe oder Matthews.« Sie fand die betreffenden Seiten in dem Ordner. Sie hatten so viele Leute wie möglich befragt, aber es gab noch immer einige Unklarheiten. Kein Wunder, denn die Galerie war sehr voll gewesen, und nicht alle Gäste hatten sich gekannt. Siobhan fiel Hoods Computersimulation wieder ein. Es waren hundertzehn Einladungen verschickt worden. Fünfundsiebzig Personen hatten ihr Erscheinen zugesagt, aber nicht alle
waren auch gekommen. Andere hingegen, die sich nicht die Mühe gemacht hatten zu antworten, waren erschienen.
»Cafferty zum Beispiel«, sagte Rebus.
»Zum Beispiel«, wiederholte Siobhan zustimmend.
»Wie viele Leute waren denn insgesamt dort?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Das kann man nur vage schätzen. Wenn alle sich ins Gästebuch eingetragen hätten, wären wir schlauer.«
»Montrose hat sich eingetragen.«
»Oder Matthews -«
Er streckte ihr die Zunge heraus, dehnte dann ächzend sein Rückgrat. »Was für Fragen haben Sie und die anderen den Gästen eigentlich gestellt?«
»Wir haben gefragt, wer noch alles dort war: nach den Namen von Leuten, mit denen sie gesprochen oder die sie gesehen hatten, und nach einer Beschreibung von allen Personen, an die sie sich sonst noch erinnerten.«
Rebus nickte. Das waren die mühsamen Routinearbeiten, die sich häufig als unnütz erwiesen, aber hin und wieder echte Juwelen zu Tage förderten. »Und haben Sie allen Gesichtern einen Namen zuordnen können?«
»Nicht unbedingt«, gab sie zu. »Ein Gast behauptete, jemand in einem karierten Sakko gesehen zu haben. Aber niemand sonst hat das bestätigt.«
»Vielleicht hatte der Gast ein bisschen zu tief ins Glas geschaut.«
»Oder schon vorher woanders etwas getrunken. Es gibt viele ungenaue Beschreibungen... aber wir haben uns bemüht, jede mit einer bestimmten Person in Verbindung zu bringen.«
»Keine einfache Aufgabe«, gab Rebus zu. »Was ist dabei herausgekommen? Hat jemand Cafferty beschrieben?«
»Ja, ein oder zwei Leute. Er scheint nicht sehr erpicht darauf gewesen zu sein, mit anderen ins Gespräch zu kommen.«
»Sie halten ihn immer noch für Montrose.«
»Wir könnten ihn doch fragen.«
»Ja, könnten wir«, erwiderte Rebus. »Aber vorerst lieber nicht.«
Sie hielt ihm ein Blatt hin und deutete auf einen der Absätze. »Das sind die Beschreibungen, die auf Cafferty zu passen scheinen.«
Rebus las sich die Aussagen durch: »Zwei behaupten, er habe eine schwarze Lederjacke getragen.«
»So eine trägt er meistens.« Siobhan nickte. »Er hatte sie an, als er neulich auf der Wache war.«
»Aber zwei anderen zufolge trug er ein braunes Sportsakko.«
»Bei der Vernissage wurden mehrere Dutzend Flaschen Champagner geleert«, erinnerte Siobhan ihn.
»Laut Aussage einer Person hatte er dunklere Haare, und er wird als ziemlich groß beschrieben. Wie groß ist Cafferty - einsachtundsiebzig? Würden Sie das groß nennen?«
»Vielleicht war die Person, die ihn beschrieben hat, eher klein. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Dass wir es vielleicht mit zwei verschiedenen Männern zu tun haben.«
»Mit Cafferty und jemand anderem.«
»Der ihm äußerlich in gewisser Hinsicht ähnelt, aber größer als Cafferty ist und keine völlig grauen Haare hat.«
»Und ein braunes Sportsakko trägt. Das dürfte die Suche ungemein erleichtern.« Sie sah, dass ihr Sarkasmus an Rebus verschwendet war. Er war in Gedanken woanders. »Unser Mr Montrose?«, fragte sie.
»Womöglich nimmt seine Gestalt langsam Formen an, Siobhan. Noch sind es nur Umrisse, aber es gibt ihn wirklich.«
»Und was jetzt?« Siobhan wirkte plötzlich müde. Sie hatte Lust auf ein Bad und auf Fernsehen.
»Ich dachte, um Sie zu beruhigen, fahre ich mit Ihnen zu Cafferty.«
»Jetzt sofort?«
»Mit ein bisschen Glück erwischen wir ihn zu Hause. Aber ich möchte vorher noch in der Arden Street vorbeifahren, um etwas zu holen. Ach ja, und wir müssen mit Miss Meikle sprechen. Schauen Sie doch bitte nach, ob sie im Telefonbuch
Weitere Kostenlose Bücher