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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Ostteil versperrte, dem Chor, der
dem Klerus vorbehalten war.
    Merthin fand sich
neben Buonaventura Caroli wieder, dem wichtigsten der italienischen Kaufleute,
einem stämmigen Mann in einem reich bestickten Mantel aus dicker Wolle.
Ursprünglich stammte er aus Florenz — angeblich die größte Stadt der Christenheit,
zehnmal so groß wie Kingsbridge —, doch nun lebte er in London, von wo er die
Geschäfte leitete, die seine Familie mit den englischen Wollhändlern machte.
Die Carolis waren so reich, dass sie sogar dem König Geld liehen; trotzdem war
Buonaventura ein ausgesprochen angenehmer und bescheidener Mann … allerdings
hieß es auch, dass er in geschäftlichen Dingen ein richtiger Judas sein konnte.
    Caris begrüßte den
Florentiner auf beiläufig vertraute Art; schließlich wohnte er bei ihr zu
Hause. Buonaventura nickte Merthin freundlich zu, obwohl dessen jungenhaftes
Gesicht und die abgetragene Kleidung erkennen ließen, dass er bloß Lehrling
war.
    Buonaventura wies
auf die Buntglasfenster. »Ich komme nun schon seit fünf Jahren nach
Kingsbridge«, sagte er, »doch bis jetzt ist mir nie aufgefallen, dass die
Fenster in den Querschiffen viel größer sind als alle anderen in der Kirche.«
Er sprach Französisch, durchsetzt mit Wörtern aus jener italienischen Region,
die man Toskana nannte.
    Merthin hatte keine
Probleme, ihn zu verstehen. Wie die meisten Söhne englischer Ritter hatte er
mit seinen Eltern normannisches Französisch und mit seinen Spielkameraden
Englisch gesprochen, und die Bedeutung vieler italienischer Wörter konnte er
erraten, weil er in der Klosterschule Latein gelernt hatte. »Ich kann Euch
erklären, warum das so ist«, sagte er.
    Buonaventura hob
die Augenbrauen — überrascht, dass ein Lehrling über solches Wissen verfügen
sollte.
    »Die Kirche ist vor
zweihundert Jahren gebaut worden, als die schmalen Spitzbogenfenster im Hauptschiff
und im Chor geradezu eine Revolution in der Baukunst darstellten«, fuhr Merthin
fort.
    »Dann, hundert
Jahre später, wollte der Bischof einen höheren Turm.
    Gleichzeitig hat er
die Querschiffe neu bauen und größere Fenster einsetzen lassen, wie sie zu jener
Zeit in Mode gekommen waren.«
    Buonaventura war
beeindruckt. »Und woher weißt du das?« »In der Klosterbibliothek gibt es eine
Geschichte der Priorei, Timothys Buch« genannt. Darin steht alles, was es über
den Bau der Kathedrale zu wissen gibt. Das meiste wurde in der Zeit des großen
Priors Philip niedergeschrieben, doch spätere Schreiber haben weiteres Wissen
hinzugefügt. Ich habe Timothys Buch als Junge gelesen, in der Klosterschule.«
Buonaventura musterte Merthin einen Augenblick lang, als wolle er sich dessen
Gesicht einprägen; dann sagte er in beiläufigem Ton: »Es ist ein schönes
Bauwerk.« »Sind die Gebäude in Italien sehr viel anders?« Merthin war
fasziniert von Gesprächen über andere Länder, besonders wenn es um Baukunst
ging.
    Buonaventura
schaute nachdenklich drein. »Ich glaube, die Prinzipien der Architektur sind in
allen Ländern dieselben. Allerdings habe ich in England noch nirgends Kuppeln
gesehen.«
    »Was ist eine
Kuppel?«
    »Ein rundes,
gewölbtes Dach, das wie ein halber Ball aussieht.«
    Merthin war
erstaunt. »Von so etwas habe ich noch nie gehört!
    Wie wird ein
solches Dach gebaut?« Buonaventura lachte. »Junger Mann, ich bin Wollhändler.
Ich kann dir sagen, ob ein Vlies von einem Cotswold- oder einem Lincolnschaf
stammt, indem ich bloß die Wolle zwischen den Fingern reibe; aber ich weiß noch
nicht einmal, wie man ein Hühnerhaus baut, geschweige denn eine Kirchenkuppel.«
Merthins Meister Elfric traf ein. Er war ein wohlhabender Mann und trug teure
Kleider, doch sie sahen stets so aus, als gehörten sie jemand anderem. Als
gewohnheitsmäßiger Kriecher beachtete er Caris und Merthin nicht, verneigte
sich aber tief vor Buonaventura und sagte: »Es ist uns eine Ehre, Euch wieder
in unserer Stadt zu sehen, Sir.« Merthin spürte, wie Caris ihn am Ärmel zupfte.
    »Was glaubst du,
wie viele Sprachen es gibt?«, fragte sie.
    »Fünf …?«,
antwortete Merthin, ohne groß nachzudenken.
    »Nein, mehr«,
erwiderte sie. »Da sind Englisch, Französisch und Latein, das macht schon mal
drei. Dann sind da die Florentiner und die Venezianer, die jeweils anders
sprechen, obwohl sie ein paar Worte gemeinsam haben.«
    »Du hast recht«,
sagte Merthin und ließ sich auf das Spiel

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