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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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dass sie schon einen Liebhaber hatte?«
    »Einen?« Der Landgraf klatschte sich auf die Schenkel. »Den halben Hof! Wisst Ihr das denn nicht? Ach ja, Ihr wart zwischendurch ja lange fort. Da habt ihr wohl die Zeit verpasst, als alle dieses Spottlied auf sie gesungen haben, wie ging es noch gleich? Oh, da fällt’s mir wieder ein, es handelte von ihrem Leberfleck. ›Jungfer Gislind ist bei Hofe – lange schon der Fürstin Zofe‹. So ähnlich. ›Nächtens bleibt sie gerne weg – zeigt dir ihren Leberfleck‹. Ja, genau, so ging’s.«
    Raimund konnte nichts erwidern. Es saß wie versteinert auf seinem Pferd, während Heinrich Raspe ungerührt weiterplauderte.
    »Und der Leberfleck hat tatsächlich die Form eines Halbmonds. Ich hab ihn schließlich selber gesehen«, bekräftigte Heinrich und schnalzte genüsslich mit der Zunge. Ein rascher Seitenblick auf Raimund von Kaulberg zeigte ihm, dass er ins Schwarze getroffen hatte. Großmütig schlug er seinem Waffenmeister auf die Schulter. »Na, genießt die Kleine. Gut eingeritten ist sie ja, meiner Treu. Ein bisschen Erfahrung tut der Leidenschaft schließlich keinen Abbruch, was? Und noch ein kleiner Rat, von Mann zu Mann: Wenn Ihr den Leberfleck berührt, dann …«
    Raimund hielt es nicht mehr aus. Er gab seinem Hengst die Sporen und sprengte davon, als sei die wilde Jagd hinter ihm her.
    Erst kurz vor Eisenach zügelte er seinen schweißbedeckten Braunen. Er kannte den Leberfleck, weiß Gott. Er lag auf der Innenseite ihres rechten Oberschenkels.
    Eine Windbö fegte ihm den verzweifelten Schrei von den Lippen, der aus seiner Kehle drängte.
     
    Beim Absteigen im Hof der Wartburg ging Gisa mit zwei Körben im Arm an ihm vorbei. »Heute Abend im Garten, bei der Mispelhecke«, flüsterte sie. Er starrte sie nur an, konnte nichts sagen. Sie erwiderte seinen Blick mit einem verwunderten Stirnrunzeln, aber dann hörte sie, wie Elisabeth nach ihr rief, und musste weiter.
    Raimund hielt sich den Rest des Tages von allen abseits, auch am gemeinsamen Essen in der Hofstube nahm er nicht teil – er hätte ohnehin keinen Bissen hinuntergebracht. Schon bald nach Sonnenuntergang wartete er ungeduldig im Burggarten, bis er endlich Gisas Schritt hörte. Als sie von hinten an ihn herantrat, stand er da, die Hände auf die Mauerbrüstung gestemmt, und sah ins Abendrot hinein. Er brachte es nicht fertig, sich zu ihr umzudrehen. Sie schmiegte sich mit einem kleinen Seufzer an seinen Rücken, und alles an ihm verkrampfte sich. Da ließ sie ihn los.
    »Was ist mit dir?«, fragte sie. »Du hast mich schon heute Mittag angesehen, als sei ich ein Tier mit zwei Köpfen.«
    Jetzt endlich drehte er sich um. »Ach, und das wundert dich?«
    Sie schien wirklich verwirrt. »Kannst du wohl aufhören, in Rätseln zu sprechen? Sag mir einfach, was los ist.«
    Er lachte auf, ein kurzes, freudloses Lachen. »Man hat mir die Augen über dich geöffnet, das ist los!«
    Gisa schüttelte den Kopf. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
    Da packte er sie an den Schultern. »Dass du jedermanns Liebchen warst, hier am Hof. Dass du es mit allen getrieben hast. Dass sie Lieder gesungen haben über dich. Das meine ich!«
    In ihren Augen stand der Schrecken. »Das stimmt nicht! Raimund, das ist nicht wahr!«
    Er ließ sie los. Schwer atmend starrte er sie an. »Lüg mich nicht auch noch an«, sagte er müde.
    »Ich dachte, du liebst mich.« Gisa zog fröstelnd ihren Umhang enger. »Vertraust du mir denn gar nicht?«
    »Dann schwör mir, dass es nicht wahr ist!«, schrie er. »Schwör mir, dass du nicht die Hofhure für alle warst! Schwör mir, dass du nicht mit dem Landgrafen geschlafen hast!«
    »O Gott!« Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Hat
er
dir das erzählt?«
    »Stimmt es, oder stimmt es nicht?«
    Tonlos sagte sie: »Ja, es ist wahr.«
    Er wandte sich ab und wollte gehen.
    »Aber es ist nicht so, wie du denkst, Raimund.« Verzweifelt hielt sie ihn am Wams zurück. »Er hat mir die Ehe versprochen, damals. Ich war dumm. Ich hatte mich in ihn verliebt. Ich …«
    »Oh, natürlich«, unterbrach er sie. »Und all die anderen?«
    Sie nahm seine Hand. »Glaubst du das wirklich?«
    Er sah auf ihre Finger, die sich um seine legten. »Fass mich nicht an«, sagte er kalt.
    Sie ließ ihn los. Die Tränen liefen ihr übers Gesicht.
    »Mein Gott«, sagte er. »Wie man sich doch in Menschen täuschen kann.«
    »Du täuschst dich nicht«, schluchzte sie. »Ich liebe dich doch! Ich hab dich mein Leben lang

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