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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Mannes aus der Fassung bringt, wie wollt ihr dann weitermachen, wenn die Shellengery eintreffen?«
    Das unheimliche Pfeifen nahm seinen Fortgang, und nach einer Weile sah Doyle, mutig am Fenster ausharrend, eine verwirrende Erscheinung: einen winzigen alten Mann, eingehüllt in einen geteerten Segeltuchmantel und einen Lederhut, der sich wie eine lebendig gewordene Vogelscheuche an dem hüfthohen Seil entlang zu Doyle zog. Aber seine Beine waren ohne Verbindung mit dem Deck und aufwärtsgerichtet; es sah aus, als bewege er sich unter Wasser. Als der gewichtslose Kriecher gegen die Kabinenwand stieß und durch das kleine Fenster hereinspähte, sah Doyle das halbe Gesicht und das einzelne Auge und erkannte den verrückten Alten, der einst versprochen hatte, ihn zu einer Zeitlücke zu führen, ihn dann aber nur auf ein unbebautes Grundstück gelockt und ihm ein paar verkohlte alte Gebeine gezeigt hatte.
    »Du kannst rufen, soviel du willst, wenn diese... Leute fertig sind«, sagte der Kriecher mit fistelnder Stimme, »aber wenn du es jetzt wieder tust, bekommst du für den Rest der Reise nichts zu essen. Und du willst doch bei Kräften bleiben, nicht wahr?« Dann schob die Vogelscheuche ihr schreckliches Gesicht nahe an die Gitterstäbe heran und zischelte: »Ich rate dir, gut zu essen; ich möchte, daß noch etwas von dir übrig bleibt, wenn der Meister fertig ist und dich mir zur Beseitigung überläßt.«
    Doyle hatte die vom Nebel nassen Gitterstäbe losgelassen, und nun wich er zurück, erschreckt von dem unversöhnlichen Haß, der aus diesem einen Auge flackerte. »Augenblick mal«, murmelte er verwirrt, »nur ruhig! Was habe ich je getan...?«, dann brach er ab, überwältigt von einem gräßlichen Verdacht, der augenblicklich zur Gewißheit wurde. »Mein Gott, es war das gleiche Grundstück auf der Surreyseite, nicht wahr?« flüsterte er. »Und Sie konnten nicht gewußt haben, daß ich durch den Keller entkam, soviel Sie wußten, war es mein eigener Schädel, den Sie mir dort zeigten, nicht wahr? Gott. Also überlebten Sie Burghards Schuß... aber ich hatte dieses Papier, das als ein mobiler Haken wirkte. Jesus, Sie müssen Ihren Rückweg hierher einfach durchlebt haben!«
    »So ist es«, zischelte die Vogelscheuche, die einmal Dr. Romany gewesen war. »Und dies ist meine Heimreise - Kas waren niemals dafür gemacht, so lange zu überleben, und bald werde ich die letzte Bootsfahrt durch die zwölf Stunden der Nacht unternehmen - aber bevor ich es tue, wirst du endgültig und mit Sicherheit tot sein.«
    Nur wenn du derjenige bist, der mich am zwölften April 1846 in der Flußniederung bei Woolwich erwarten wird, dachte Doyle. »Was meinen Sie mit den zwölf Stunden der Nacht?« fragte er vorsichtig. Konnte es möglich sein, daß diese Kreatur das Gedicht gelesen hatte, das er am vergangenen Abend niedergeschrieben hatte?
    Das verwüstete Gesicht grinste. »Du wirst es noch vor mir erfahren. Es ist die Bahn durch den Tuaut, die Unterwelt, die der tote Sonnengott Ra jede Nacht auf seiner dunklen Reise von Sonnenuntergang zu Sonnenaufgang nimmt. Dort wird Dunkelheit fest, und Stunden sind ein Maß der Entfernung.« Der Alte schwieg und ließ ein gewaltiges Rülpsen hören, das seine Körpermasse um etwa die Hälfte zu verringern schien.
    »Still da hinten!« kam ein Ruf aus dem Nebel, laut genug, um durch das anhaltende Pfeifen gehört zu werden.
    »Und entlang den Ufern des Unterwelt-Flusses drängen sich die Toten«, fuhr Romany im Flüsterton fort, »und bitten um Überfahrt mit der Barke des Sonnengottes zurück zum Land der Lebenden, denn wenn sie an Bord könnten, würden sie an Ras Wiederauferstehung in Jugendfrische teilhaben. Manche schwimmen sogar hinaus und halten sich fest, aber die Schlange Apep streckt sich aus - oh, sehr weit -, schnappt sie fort und verschlingt sie.«
    »Das ist es, worauf er - ich - in dem Gedicht Bezug nahm«, sagte Doyle. Er blickte auf und erzwang ein zuversichtliches Lächeln. »Ich bin bereits auf einem Fluß gereist, dessen Meilensteine Stunden sind«, sagte er; »zwei sehr lange Reisen waren es, und ich überlebte sie. Sollte ich auf Ihren Tuaut-Fluß geraten, ich möchte wetten, daß ich an seinem Ende frisch und neu in den jungen Tag hinauskommen werde.«
    Diese Erklärung erzürnte Dr. Romany. »Du Dummkopf, niemand...«
    »Wir fahren nach Ägypten, ist es nicht so?« unterbrach ihn Doyle.
    Das eine Auge musterte ihn mißtrauisch. »Woher weißt du das?«
    Doyle

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