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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Tränen wert ist. Danke, Sir.«
    Sie führte die Fingerspitzen an ihre Kappe, dann steckte sie die Hände in die Taschen und ging rasch die Straße hinunter, denn es war ein weiter Weg zurück zur Pye Street.

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13. KAPITEL
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Als die große Tragödie zu Ende und das letzte Stöhnen beim Bab-el-Azab erstorben war, wollte Mohammed Alis italienischer Arzt ihm gratulieren; aber der Pascha antwortete nicht, er verlangte nur nach einem Trunk und tat einen langen, durstigen Zug.
    G.EBERS

    Mehr als sieben Meilen entfernt, jenseits des im Mittagslicht gleißenden Nils, erhoben sich die Pyramiden scharf und klar am Horizont, und scheinbar nur ein wenig näher, obwohl bloß zwei Meilen von der Mauer der Zitadelle entfernt, auf der der Beobachter stand, erstreckte sich der von üppigem Grün umgebene Nil wie ein Band aus poliertem Stahl von Süden nach Norden. Ein paar durchsichtige Rauchfäden standen über der Insel El Roda, obwohl sie aus dieser Entfernung nicht als separate Landmasse zu erkennen war, und er konnte einzelne Palmen und Minarette und Fenster im Altstadtviertel von Kairo erkennen. Einige unserer Gäste, dachte er, die Bahriten, kommen wahrscheinlich jetzt durch die Straßen dort. Und ohne Zweifel ist es eine prachtvolle Parade - alle kleinen Jungen werden zusehen, und die Hunde werden bellen, und hinter dem holzgeschnitzten Gitter der Haremsfenster im zweiten Stock werden dunkle Augen zu den hochmütigen Kriegsherren hinabspähen, die unten vorbeireiten. Und bald wird die festliche Kavalkade die Altstadt hinter sich lassen und auf der alten gepflasterten Landstraße in Sicht kommen, welche die Wüstenmeile zwischen dem alten Kairo und der Zitadelle durchschneidet.
    Trotz der Hitze fröstelte Dr. Romanelli ein wenig, als er sich nach Norden wandte und aus zusammengekniffenen Augen zu dem Labyrinth weißgetünchter Wände, dunkelgrüner Gärten und buntfarbiger Majolikakuppeln hinausblickte, das den neuen Teil der Stadt ausmachte, die wie üppige Ufervegetation um die Straße emporgewachsen war, die Musteh genannt wurde und die Zitadelle mit dem alten Hafen von Bulak verband. Der Großteil der Gäste dieses Nachmittags würde von dort kommen.
    Er glaubte in der Ferne etwas aufblinken zu sehen, wie von Sonnenreflexen auf Lanzenspitzen oder polierten Helmen. Vor zweihundert Jahren, dachte er, hatte es Verwendung für die Mameluckenarmee ehemaliger Sklaven gegeben; aber im heutigen Ägypten sind sie eine Peinlichkeit, die das Land im Würgegriff hält und allen, die Geld zu haben scheinen, eine drückende und gewaltsam eingetriebene Steuerlast auferlegt. Und sie sind stark genug, daß sie kein Gesetz als ihr eigenes anerkennen. Wir können ihnen diese Macht nicht lassen, schon gar nicht jetzt, da Mohammed Ali an der Macht ist und die Augen der ganzen Welt uns beobachten, um das eigene Handeln am unsrigen zu orientieren. Zum ersten Mal seit Jahrtausenden ist die Unabhängigkeit wieder in unserer Reichweite, und wir dürfen sie nicht von einer Gruppe einheimischer Briganten in Gefahr bringen lassen. Welch ein Glück, daß Ali durch mich den Meister zu seinem wichtigsten Berater erkoren hat!
    Und wenn ich nach England zurückkehre, dachte er, als er sich wandte und die schwitzenden Sklaven beim Laden der Signalkanone betrachtete, wird es geschehen, um die Geschichte jener Nation zu demontieren, so daß sie heute - in einem neuen Heute - nichts sein wird, wahrscheinlich eine Besitzung Frankreichs, dessen Größe wir gleichfalls in Grenzen halten werden. Zu alledem brauchen wir nur das Wissen wiederzuentdecken, das mit dem Romany- Ka verlorengegangen ist, und das soll uns über kurz oder lang gelingen, entweder durch die Vollendung unserer Berechnungen oder, was noch immer möglich ist, indem wir diesem erbärmlichen Ka, den wir von Brendan Doyle gewinnen konnten, bevor er uns entkam, wichtige Hinweise abpressen. Damit mochte es freilich noch ein Weilchen dauern, sagte er sich in verdrießlichem Gedenken des Verhörs vom vergangenen Abend, dann schritt er die Steinstufen hinunter zu der schmalen, sonnenheißen Straße vor dem el-Azab -Tor.
    Der Ka war zum ersten Mal seit mindestens einem Monat aus seiner Zelle im Keller geholt worden und hatte eine halbe Stunde lang durch kein Zeichen zu erkennen gegeben, daß er die Fragen, die der Meister ihm vorlegte, überhaupt hörte; er hatte einfach auf dem Balkon gesessen, auf seinem schmutzigen Bart gekaut und eine übertriebene Furcht vor augenscheinlich imaginären

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