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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Insekten gezeigt, vor denen er immer wieder zurückgeschreckt war. Endlich hatte er den Mund auf getan, um zu sprechen, allerdings nicht in Beantwortung irgendwelcher Fragen. »Immer wieder versuche ich sie aufzuhalten«, hatte er gemurmelt. »Ich wollte verhindern, daß sie sich auf das Motorrad setzen, wissen Sie? Aber immer ist es zu spät, und sie sind auf der Schnellstraße, bevor ich sie einholen kann, und ich fahre an den Straßenrand, weil ich es nicht sehen will. Aber ich höre es - den metallischen Aufschlag und das kreischende Schürfen der schleudernden Maschine und das Zerplatzen des Helms an dem Pfeiler.«
    »Wie bist du aus dem Zeitstrom herausgekommen?« fragte der Meister zum vierten Mal.
    »Jacky zog mich heraus«, erwiderte der Ka. »Er warf ein Netz über die kleinen Männer, und dann zog er mich in sein Kanu.«
    »Nein, ich meine den Zeitstrom. Wie bist du herausgekommen?«
    »Es ist alles ein Fluß, und die Meilensteine sind Kalenderblätter. Fährt man auf leichtem Kiel, so mag man bei Kerzenschein hinkommen. Der Fluß ist zugefroren, sehen Sie - hatten Sie nicht zugehört, als Darrow es erklärte? -, aber es gibt ein Boot, mit aufgemalten Gesichtern an den Rädern, das über das Eis segeln kann - das Boot kann lebendig werden und einen töten... ein schwarzes Boot, schwärzer als die Dunkelheit...«
    An diesem Punkt hatte der Meister einen Wutanfall bekommen und durch eine der wächsernen Ushabti-Figuren im Pferch am Boden des kugelförmigen Raumes sprechen müssen. »Schafft ihn fort!« hatte die Stimme gekrächzt. »Und bringt keine Nahrung mehr in seine Zelle - wir brauchen ihn nicht!«
    Ja, es mochte sich schwierig gestalten, gewiß - aber die Möglichkeit blieb; schließlich fanden sich in seinen wirren Reden vereinzelt interessante Hinweise.
    Wie auch immer, dachte Romanelli, als er eine Tür öffnete, die sehr bald fest verschlossen sein würde, vielleicht werden sich die Anubis-Tore als unnötig erweisen. Es wird weitere kühne politische Schachzüge wie denjenigen geben, der sich heute nachmittag ereignen wird, und mit einem starken Führer wie Mohammed Ali, der gleichwohl den Rat des Meisters bereitwillig annimmt, mag es uns gelingen, Ägypten auch ohne ein Umschreiben der Geschichte wiederherzustellen. Die Frage, wann eine heimliche Beseitigung und der Ersatz durch einen fügsamen Ka vorbereitet werden sollte, wird in den nächsten Jahren noch nicht aktuell sein.
    Bevor er in die Halle trat, überblickte er die schmale leere Straße zwischen den hohen Mauern. Ziemlich ruhig jetzt, dachte er.

    Die Musteh war eine Stunde nach der Mittagszeit am belebtesten; schwer beladene Dromedare drängten sich gleichmütig durch das Gewühl, und die Rufe der verschleierten Orangenverkäuferinnen erhoben sich in schriller Kakophonie über den Gesang des Rattenfängers - auf dessen breitkrempigem Hut sechs dressierte Beispiele seiner Beute, jedes mit einem eigenen kleinen Hut auf dem Kopf, eine Pyramide bildeten - und die Rufe der Fisch- und Milchverkäufer und den Singsang der Bettler. Aber die Menge teilte sich hastig vor den unbarmherzigen Hufen des Reiterzuges, der in einem entspannten, aber unbezähmbaren Schritt die Straßenmitte heraufkam. In der Hoffnung auf ein Bakschisch am Ende des Rittes hatte ein Straßenjunge es auf sich genommen, als der - in diesem Falle unnötige - Sais oder Vorläufer zu dienen; »Riglak!« warnte er etwa einen nubischen Händler, dessen Fuß schon aus dem Weg gezogen wurde, bevor der Junge rief, und »Ux-rug!« zu zwei Damen aus einem Harem, die sich bereits an eine Hauswand gedrückt hatten und schrill und indigniert gegen diese Usurpation der Straße protestierten.
    Aber alle waren gleich begierig, die Parade zu sehen wie ihr auszuweichen, und die britischen Effendis drehten ihre Rattanstühle auf dem Gehsteig vor dem Café Zawiyah herum, um mit einigem Unbehagen den Reiterzug zu beobachten, denn dies war ein formeller Aufmarsch der Mameluckenbeys in ihrem vollen Hofstaat. Die heiße Sonne glänzte auf den Edelsteinen, mit denen ihre Schwertknaufe und Pistolenkolben besetzt waren, und ihre farbenprächtigen Umhänge und federbesetzten Turbane und Helme ließen den Rest der Straße vergleichsweise ärmlich erscheinen; aber trotz der Pracht der juwelenbesetzten Waffen, der kostbaren Stoffe und der prachtvoll ausstaffierten Araberpferde hinterließen die hageren, hakennasigen braunen Gesichter und die schmalen, hochmütig in die Ferne blickenden Augen der Reiter

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