Die Tore zu Anubis Reich
sein sollte, dann würde es zweierlei getan haben müssen. Es mußte dafür gesorgt haben, daß das Manuskript »Die Zwölf Stunden der Nacht«, das er zuletzt auf dem Schreibtisch des Zimmers im Schwan mit zwei Hälsen gesehen hatte, irgendwie rechtzeitig der Redaktion des Courier in die Hände gespielt worden war, um im Dezember erschienen zu sein; und es würde bewirkt haben, daß die Fowler zeitig genug in London eintraf, um ihm am zweiten April die Teilnahme an der Dichterlesung bei John Murray zu gestatten und Coleridge wiederzusehen. Beides waren unveränderliche Fakten im Leben des Ashbless, den er studiert hatte, und wenn das eine oder das andere nicht geschah, dann mochte er noch sein eigener Herr sein, mit der Fähigkeit zu eigenwilligem Handeln, imstande, Hoffnung und Furcht zu spüren.
Aber als er an diesem Nachmittag zum Schwan gegangen war und gefragt hatte, ob sie irgendwelche Postsendungen für William Ashbless aufbewahrten, sagten sie ihm, daß er für drei Sendungen Zustellgebühr zu entrichten habe. Diese Sendungen hatten sich als ein Annahmebrief des Courier, zusammen mit einem Scheck über drei Pfund, die Ausgabe dieser Zeitung vom 15. Dezember mit dem darin abgedruckten Gedicht, und ein Brief von John Murray vom fünfundzwanzigsten März erwiesen, mit dem er Ashbless für den Abend des zweiten April für eine Dichterlesung mit zwangloser Zusammenkunft in seinen Geschäftsräumen einlud. Der zweite April war heute.
Es war geregelt. Er war Ashbless.
Und wenn er es genau betrachtete, würde es nicht langweilig sein, denn es gab immerhin einige Abschnitte der Lebensgeschichte des Dichters, deren Entfaltung er mit Interesse verfolgen würde. Wo, zum Beispiel, war Elizabeth Jacqueline Tichy, seine zukünftige Frau? Schon bald würde er Bailey erzählen, daß er sie das erste Mal bereits im September des vergangenen Jahres getroffen habe. Er wunderte sich, warum er so etwas sagen sollte. Und die endgültige und letzte Frage war selbstverständlich, wer der Mann sein würde, dem er am zwölften April 1846 auf den sumpfigen Uferwiesen bei Woolwich begegnen und der ihm eine Blankwaffe durch den Leib rennen und an Ort und Stelle liegenlassen würde, wo sein Leichnam erst mehr als einen Monat später entdeckt werden sollte? Und wie, zum Teufel, sollte er sich selbst dazu bringen, diese Verabredung einzuhalten?
Die Droschke bog nach rechts, passierte Old Bailey und bog in die Fleet Street, wo sie vor dem Haus Nummer 32 hielt, einem schmalbrüstigen, freundlich aussehenden Gebäude, hinter dessen Vorhängen Lichter brannten. Ashbless stieg aus, zahlte den Kutscher, und als das Fahrzeug mit hellen Huf schlagen und ratternden Rädern in die Nacht davonrollte, holte er tief Atem und blickte in beide Richtungen die Straße entlang - wo ein Betteljunge auf ihn zusteuerte-, bevor er an die Tür klopfte.
Nach wenigen Augenblicken wurde ein Riegel zurückgestoßen, und ein blondhaariger Mann mit einem Glas in der Hand öffnete die Tür; und trotz des Haarschnitts, des gestutzten Bartes und der ordentlichen Kleider, für die Ashbless den größten Teil seiner drei Pfund ausgegeben hatte, trat der Mann unsicher zurück, als er den großen, braungebrannten Besucher sah. »Uh... ja?« sagte er.
»Mein Name ist Ashbless. Sind Sie John Murray?«
»Oh! Ja, ja, bitte kommen Sie herein! Ja, ich bin Murray. Sie haben mir einen Schrecken eingejagt - wenn es etwas wie einen typischen Dichter gibt, Sir, dann darf ich vielleicht sagen, daß Sie ihm nicht gleichen. Möchten Sie ein Glas Port?«
»Sehr gern.« Ashbless trat in die geräumige Diele und wartete, während Murray die Tür wieder verriegelte. »Draußen treibt sich ein Betteljunge herum«, erläuterte Murray entschuldigend. »Er versuchte vorhin schon, sich einzuschleichen.« Er richtete sich auf, nahm einen Schluck von seinem Portwein und trat an seinem Gast vorbei. »Hier entlang, bitte. Darf ich vorausgehen? Ich bin froh, daß Sie kommen konnten - wir dürfen uns glücklich schätzen, Samuel Coleridge heute abend bei uns zu sehen.«
Ashbless lächelte und folgte ihm. »Ich wußte es.«
Jacky war schüchtern nähergegangen, als sie den Fremden aus der Droschke steigen sah, aber ehe ihr einfiel, was sie sagen könnte, hatte der Mann an die Tür dieses verdrießlichen Murray geklopft und Einlaß gefunden. Sie kehrte zurück zu dem lichtlosen Hauseingang, in dessen Schatten sie die letzten Stunden verbracht hatte.
Es war unzweifelhaft der Mann, den Brendan
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