Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
mit Nahrung, die wir verzweifelt benötigten. Wir haben euch im Dschungel von Teji gefunden. Ihr habt es gesehen.«
Lenk runzelte die Stirn. Er hatte Tejis Dschungel gesehen, allerdings, und obwohl er damals unter Fieber gelitten hatte, hatte er das Leben dort bemerkt, Pflanzen, Blätter, wilde Tiere. Es hatte nicht ausgesehen, als gäbe es zu wenig zu essen. Doch gerade, als er das sagen wollte, antwortete Kataria.
»Es ist ein unfruchtbarer Wald«, sagte sie. »Viele Bäume, aber keine Früchte.«
»Kein gar nichts«, erwiderte Togu. »Nichts als Wurzeln und Knollen. Das mag vielleicht für eine kurze Zeit reichen, aber nicht für mein Volk.« Er zuckte mit den Schultern. »Als die Menschen mit Früchten kamen, mit Fleisch, Wein und Getreide, um die Gohmns größer und schmackhafter zu machen ... haben wir mit ihnen gehandelt. Und dann immer weiter gehandelt. Nachdem unsere Bedürfnisse gestillt waren, konnten wir die Dinge einhandeln, die wir haben wollten: Branntwein, Tabak ...«
Und doch hat keiner daran gedacht, Hosen einzuhandeln, dachte Lenk säuerlich.
»Haltet mich nicht für einen Narren oder meine Untertanen für Einfaltspinsel«, sagte Togu. »Ich bin nicht zu ihrem Anführer gewählt worden, weil sie es nicht besser wussten. Ich habe mich um sie gekümmert, ich habe die menschliche Sprache gelernt, die menschlichen Sitten studiert.« Er runzelte die Stirn in einem Maße, dass seine Gesichtszüge zu zerfließen drohten. »Ich habe gelernt, dass sie weiterziehen.
Und wie ich sagte, ich bin kein Narr. Ich wusste, dass ihr irgendwann abreisen würdet, und ich vermute, dass meine
Untertanen das ebenfalls wussten.« Er versuchte zu lächeln, aber sein Gesichtsausdruck war kläglich, gezeichnet von dem Gewicht, das auf seinen Schultern lag. »Aber wir wollten, dass ihr bleibt... und wenn auch nur, damit wir uns an diese Zeiten erinnern konnten.«
Lenk betrachtete die Kreatur nachdenklich. Er versuchte nicht argwöhnisch zu sein, und Togus Geschichte schien ihm auch keinen Grund zum Misstrauen zu geben. Dennoch...
Vielleicht war es etwas in den Augen Togus. Sein Blick war etwas zu eindringlich, als dass er nur hätte in Erinnerungen schwelgen können. Vielleicht lag es auch einer langen Pause, die folgte: Wollte Togu die Intensität seiner Erinnerungen betonen oder ihre Reaktionen abschätzen? Er misstraute der Echse, aber er hätte ums Verrecken nicht sagen können, warum.
»Er ist ein Lügner .«
Ach ja, stimmt ... deshalb.
Lenk wusste nicht, ob die Stimme Launen hatte, aber wenn dem so war, würde ihm sicher keine davon gefallen. Und in diesem Moment spürte er, wie die Kälte erneut über ihn kroch, diesmal noch stärker und wilder.
»Wir sind von Lügnern umringt. Sie sind überall. Er lügt. Sie lügen. Du lügst. «
Ich? Er versuchte, durch das eisige Pochen in seinem Schädel einen klaren Gedanken zu fassen. Was willst du ...?
»Hör zu. Hör auf nichts anderes. Höre nur auf uns. Nur auf uns selbst. Begreife.«
Nein, ich höre nicht mehr zu. Das hier soll eigentlich vorbei sein. Es soll eigentlich ...
»Höre durch die Lügen hindurch! Lass dich nicht hereinlegen! Wir können es uns nicht erlauben! Wir müssen bleiben! Wir müssen kämpfen! Wir brauchen unser Schwert! Durchschaue sie! Hör nicht auf sie! Vertraue ihnen nicht!«
»Nicht vertrauen ...«, flüsterte er. Die Worte waren weniger verwerflich, wenn er sie aussprach.
»Stimmt etwas nicht, Vetter?«, erkundigte sich Togu.
»Was ist mit ihnen passiert, König?« Die Frage kam Lenk ganz leicht über die Lippen. »Wo sind sie?«
»Was?« Togus Lächeln verwandelte sich in einen finsteren Ausdruck. »Wer?«
»Lenk...« Kataria legte ihm eine Hand auf die Schulter, aber er fühlte sie nicht.
»Die Menschen«, erklärte er. »Wo sind sie jetzt? Wohin sind sie gegangen?«
»Sie sind...«, Togus Lippen zitterten, während er nach Worten suchte, »nicht hier. Sie ...« Er schluckte schwer, und in seinen Augen zeigte sich Furcht. »Sie sind...«
»Shi-i ah-ne-tange, Togu! «
Die Stimme zuckte wie ein Speer durch die Hütte, und der Sprecher folgte ihr kurz darauf durch den Vordereingang. Es war zwar unmöglich, einen Lederlappen zu zerschmettern, aber der große, geschmeidige Gonwa, der mit erregt aufgestelltem Kamm auf dem Kopf hereintrat, tat sein Bestes.
Lenk konnte über das Geschlecht dieser Kreatur natürlich nur spekulieren, und das auch nur aufgrund seiner dröhnenden Stimme. Er schob sich zwischen den beiden
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