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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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jetzt, da du ja offenbar vorhast aufzugeben, etwa so wie er?«
    Lenk konnte ihn nur anstarren. Seine Zunge klebte in seinem offenen Mund. »Bist du... bist du auch eine?«
    »Eine Halluzination?« Die Kreatur schüttelte ihren gewaltigen Schädel. »Würde eine Halluzination zugeben, dass sie eine ist? Schließlich existiert sie nur so lange, wie du sie als real ansiehst. Ich muss allerdings noch etwas bleiben, Lenk; nicht lange, nur lange genug, um mit dir zu sprechen. Danach kannst du mich wegdenken.«
    »In letzter Zeit wollen alle meine Halluzinationen mit mir sprechen. Mein Verstand muss eine Menge zu erzählen haben... oder sind es die Götter, die versuchen, mir etwas auszurichten?« Lenk wagte es, die Kreatur anzulächeln. Immerhin konnte das nicht schaden. Er hätte sich angesichts seiner wachsenden Sammlung von mentalen Problemen nur sehr ungern auch noch den Ruf eingehandelt, unhöflich zu sein.
    »Schön zu sehen, dass du bei der ganzen Angelegenheit deinen Humor behalten hast. Ich kann dir schwerlich einen Vorwurf machen. Verrückte stehen in dem Ruf, ganz ohne Grund vollkommen unbeherrscht zu lachen.«
    »Also bist du eine Halluzination.«
    »Nein, aber du wirst langsam verrückt.« Die Kreatur seufzte. »Verrückt und gerissen, deshalb nehme ich an, du kannst mir diese Frage beantworten: Glaubst du, dass es aufhören wird?«
    Der junge Mann blinzelte. »Was aufhören wird?«
    »Alles. Der Wahnsinn, das Leiden.« Die Kreatur starrte ihn eindringlich an. »Die Stimmen.« Sie nickte bedächtig, und alle Fröhlichkeit war aus ihrem Gesicht wie weggewischt.
»Ich weiß davon. Ich kann sie nicht hören, aber ich weiß um sie. Ich weiß, wie sie dich quälen, unaufhörlich. Heiß, kalt, beruhigend, Furcht einflößend, tagein, tagaus, schreiend, kreischend, fordernd, flüsternd, jammernd ... Sie reden die ganze Zeit.«
    Lenk wusste nicht, was er darauf erwidern sollte, und beugte sich vor, ohne zu blinzeln, mit angehaltenem Atem, regungslos.
    »Tun sie das?«
    Die Kreatur erwiderte seinen Blick und schüttelte den Kopf. »Eine jedenfalls.«
    »Eine? Es gibt also ...« Es hätte mir klar sein sollen, ich hätte es wissen müssen. Er hörte auf, sich zu verfluchen, und holte tief Luft. »Welche?«
    »Das spielt schwerlich eine Rolle. Die eine flüstert Lügen, die andere flüstert etwas, was du nicht hören willst. Glaubst du tatsächlich, dass eine von ihnen je damit aufhören würde?« Sie seufzte. »Oder glaubst du eher, dass diejenige, die dir süße Lügen zuflüstert, recht hat? Die Stimme, die dir einredet, alles wird gut, du musst nur zurück zum Festland und all das hinter dir lassen, auf einem Feld arbeiten, fett werden mit deiner schlanken Shictbraut und den Sonnenuntergang beobachten, bis deine Augenlider zu schwer werden, um sie offen zu halten, bis du stirbst und Futter der Pferdebremsen wirst.
    Und doch, es ist längst nicht alles gut. Du bist immer noch hier. Deine Gefährten fürchten dich so sehr, dass sie Schwierigkeiten haben, dich in ihre kostbare Zivilisation zurückzubegleiten. Du fühlst dich krank ohne dein Schwert, wirst wütend in der Gesellschaft jener, die dich anlächeln, und wirst von der einen Stimme nur erlöst, wenn die andere spricht...«
    Die Kreatur schüttelte ihren Kopf.
    »Nein, das ist gar nicht schön, würde ich sagen. Man kann es niemandem verdenken, dass er davor flieht, vor allem, wenn die Alternative darin besteht, dass er hierbleiben
müsste, in dieser unerträglichen Sonne und bei den Flüssen, die sich in Eis verwandeln.«
    »Hier gibt es nichts«, antwortete Lenk. »Nichts als Echsenmänner und Ungeziefer. Welchen Sinn hätte es hierzubleiben?«
    »Wann hast du das letzte Mal einen Sinn gesehen, als du über deine Schulter gesehen hast? Was erwartet dich hinter dir? Die verbrannten Ruinen deines alten Hauses? Die Gräber deiner Familie?«
    »Was weißt du davon?«, schnarrte Lenk. Er spürte, wie sich seine Hände verkrampften, während ihn nur Neugier und Furcht vor der Antwort davor zurückhielten, die Kreatur zu strangulieren.
    »Ich weiß jedenfalls, dass sie nicht da sein werden, wenn du zurückkommst«, antwortete die Kreatur. »So wie ich auch weiß, dass du nur deshalb so etwas wie eine Familie um dich geschart hast, weil du so weit gekommen bist, bis hierher.« Sie grinste. »Wenn du weitergehst, wer weiß, was passiert? Wird Blut vergossen? Ja. Erwartet dich der Tod? Sehr wahrscheinlich. Aber in beidem findest du Frieden... Vielleicht findest du ja

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