Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
ist es« , antwortete die Stimme in Lenks Kopf, »worauf wir gewartet haben.«
Seine Augen wurden ebenfalls vom Strand angezogen. Man konnte trotz der Dunkelheit Bewegung erkennen, purpurne Haut, die im Mondlicht schimmerte, als eine Niederling
den Strand entlang mit wilden, merkwürdigen Sprüngen auf sie zurannte. Und je näher sie kam, desto absonderlicher wirkte es: das gummiartige Schlackern ihrer Arme und Beine, der riesige Schatten hinter ihrem Körper.
Als Lenk sah, wie der Kopf des Langgesichts auf einem eindeutig gebrochenen Genick hin und her wackelte, war ihm und allen anderen klar, was gleich geschehen würde.
»Ach, zum Teufel, es ist das... es ist dieses rote Ding!«, schnarrte eine Niederling. »Wie nennt man sie noch gleich?«
»Es sollte doch eigentlich tot sein!«, fauchte eine andere.
»Ist es aber nicht«, meinte die Dritte lachend und wog ihr gezacktes Wurfmesser in der Hand. »Der Tag wird immer besser.«
»Was ist mit den rosa Dingern?«
»Erledige sie ruhig, wenn du willst. Aber erwarte keine Kratzer.«
Ein schrilles Lachen schüttelte die Langgesichter. Ein Chor aus singendem Metall folgte ihm, als gezackte Wurfmesser kreischend durch die Luft flogen, um sich in dem Schlachtruf Gehör zu verschaffen, der sie anfeuerte.
»QAI ZHOTH!«
Bei jedem lauten Klatschen schüttelte sich der Leichnam des Langgesichts, als sich die Messer in sein lebloses Fleisch gruben. Die Kreatur dahinter blieb unverletzt. Sie stürmte weiter vor und erzitterte, als sie hinter dem Schild aus Sehnen und Muskeln aufbrüllte. Lenk sah rote Haut blitzen, scharfe Zähne funkeln und dunkle, mörderisch blickende Augen. Er konnte kaum sein Grinsen unterdrücken.
Gariaths Grinsen hinter dem Leichnam war doppelt so breit und dreimal so bösartig.
»AKH ZEKH LAKH!« , schleuderten die Langgesichter in Ermangelung von Wurfmessern Gariath entgegen, als sie die Schwerter und Schilde schwangen und sich dem wütenden Drachenmann ebenso zornig entgegenwarfen.
»Sie sind abgelenkt. Flucht ist möglich. Tod ist unausweichlich. Die Pflicht wird erfüllt.«
»Meine Hände sind gebunden«, flüsterte er.
»Beweg dich oder stirb.«
»Angenehme Alternative.« Er zog an den Seilen. Lenk verstand wenig von Knoten, aber es lag nahe, dass die Niederlinge ihre Gefangenen nicht länger festhalten wollten, als sie brauchten, um sie aufzuschlitzen. Er war sicher, dass er sich mit einer kleinen Hilfestellung befreien konnte. »Denaos, kannst du ...?«
»Er kann« , antwortete die Stimme. »Er hat .«
Die abgestreiften Seile auf dem Boden, wo zuvor der Assassine gelegen hatte, waren Beweis genug.
»Wir brauchen ihn nicht. Du brauchst niemand von ihnen. Konzentrier dich. Die Zeit ist knapp.«
Ein herausforderndes Brüllen bestätigte das. Gariath hatte den Leichnam zu Boden fallen lassen, ihn bei den Knöcheln gepackt und zerrte ihn jetzt hinter sich her, seinen Feinden entgegen. Ihre Erwartung wurde in dem Schimmern ihrer Schwerter deutlich, in dem Grinsen auf ihren Gesichtern.
»QAI ZHOTH! «, heulte die Erste und sprang vor. »AUFSCHLITZEN! ENTHAUPTEN! VERNICH...!«
Ihr Schlachtruf wurde gleichzeitig mit ihren Zähnen zerschmettert, als zwei dicke Schädel zusammenprallten. Gariath schwang den Leichnam wie einen Prügel aus Muskeln und Fleisch. Schlaffe Arme zischten durch die Luft, und in Eisen gehüllte Knöchel krachten gegen brüllende Kiefer. Knochen zerbrachen auf Knochen, trieben die Angreifer zurück, während Gariath grunzte und sein Gewicht für den nächsten Schlag verlagerte.
»Ignoriere es« , zischte die Stimme. Ihr eisiger Tonfall lenkte Lenks Aufmerksamkeit wieder auf seine Handgelenke. »Die Pflicht ruft. Wir müssen uns befreien. Wir müssen töten.«
»Das kann ich nicht«, fauchte er und zerrte an seinen Handgelenken. »Ich kann es nicht!«
»Was kannst du nicht?«, erkundigte sich Dreadaeleon. »Gariath scheint diese Angelegenheit da jedenfalls im Griff zu haben.«
»Wenn du das nicht kannst, stirbt sie. Sie sterben alle. Deinetwegen.«
»Ich kann nichts daran ändern. Ich kann mich nicht befreien !«
»Ich kann es.«
»Du ... kannst du es?«
»Wer kann was?« Dreadaeleon betrachtete den jungen Mann. »Lenk ... wirklich? Jetzt?«
»Sag es.«
Irgendwo, in den eisigen Tiefen eines Verstandes, der nicht ganz der seine war, wusste er, was er sagen musste. Und irgendwie, in einem kurzen Atemzug, wurden ihm auch die Konsequenzen klar.
»Rette sie«, flüsterte er.
Die Stimme antwortete nicht,
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