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Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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der gerade in der Höhle verschwunden war. Sie näherten sich ihm mit denselben unberechenbaren Schritten, und jedes Mal, wenn sie wieder auftauchten, wirkten ihre Gesichter härter. Ihre Mienen verrieten Furcht, Hass, Zielstrebigkeit.
    Sie trugen alte Rüstungen, hatten alte Schwerter und alte Speere in den Händen. Ihre Umhänge flatterten hinter ihnen her, befleckt, schmutzig und zerrissen. Doch auf ihrer Brust sah Lenk ein Symbol, eine Brosche, die sie zusammenhielt.
    Es war ein eiserner Handschuh, der dreizehn schwarze Pfeile umklammerte.
    »Das Haus«, flüsterte er. Er hatte dieses Symbol nicht mehr gesehen, seit er den Auftrag angenommen hatte, die Fibel zu beschaffen. Doch ein Blick genügte, und er konnte sich ganz klar daran erinnern. »Das Haus der Bezwingenden Trinität, die Sterblichen, die gegen die Dämonen gekämpft haben.«
    »Sterbliche besitzen die Fähigkeit, gegen vieles zu kämpfen. Sowohl gegen Feinde als auch gegen Verbündete.«
    »Sie haben vor...?«, begann Lenk.
    »Die Antwort darauf kennst du.«
    »Sie gehen in die Höhle.«
    »Dort liegt die Antwort.«
    »Soll ich auch...?«
    Die Stimme antwortete nicht. Lenk blieb stehen und sah zu, wie die Männer in der Höhle verschwanden, einer nach dem anderen. Er stand immer noch dort, als der Fluss verstummte. Er stand da, beobachtete, dachte nach. Es wäre klüger, so dachte er, diesen geisterhaften Halluzinationen nicht in eine lichtlose Höhle zu folgen, die aus einem toten Wald geboren wurde.
    Aber er tat es trotzdem. Schließlich war es keine Alternative zurückzugehen.
    Das war es nie.

Gariath fürchtete die Stille nicht. Gariath fürchtete gar nichts.
    Trotzdem bereitete sie ihm größtes Unbehagen. Für gewöhnlich war Unbehagen kein großes Problem. Nach ein paar kräftigen Schlägen wurde die Ursache schon sehr bald zu einer Quelle von weit geringerem Ärger, der weitere Schläge provozierte, bis Ruhe herrschte.
    Nur bestanden diese Quellen von Ärger und Unbehagen zumeist aus Haut und Knochen. Stille tat das nicht. Und das Unfassbare konnte er nicht erwürgen.
    Er hatte es versucht.
    Und war gescheitert. Aus diesem Grund marschierte er weiterhin in unbehaglicher, betretener, nicht greifbarer und körperloser Stille durch den Wald.
    Ab und zu blieb er stehen, fächerte seine Ohrlappen auf und lauschte auf ein flüchtiges Flüstern, die Spur eines gemurmelten Fluchs oder auch nur auf einen Kakerlakenfurz. Er hörte nichts dergleichen. Und ihm war klar, dass er auch weiterhin nichts hören würde.
    Der Ältere hatte ihn verlassen.
    Gariath wusste zwar nicht genau, warum er verschwunden war, glaubte aber inzwischen, den Grund zu kennen. Und zwar nicht nur deshalb, weil er seinen Vorfahren nicht mehr gesehen, gehört oder auch nur gewittert hatte, seit er
sich letzte Nacht aus der Brandung geschleppt hatte. Es war eine tiefere Abwesenheit, der immerwährende Phantomschmerz eines verlorenen Gliedes.
    Oder eines Verwandten...
    Er ging weiter durch den Wald. Und die Stille umhüllte ihn, brannte auf seiner Haut, als wäre sie wund. Was kein so abwegiger Gedanke war. Immerhin hatte er sein Leben bis jetzt ohne Stille gelebt. Soweit er sich erinnern konnte, waren die Rhega ein lärmendes Volk in einer lauten Welt, die sie mit Geräuschen nur so umtoste: dem Brüllen von Jungen, dem Rauschen von Flüssen, dem Knurren der Älteren, das von Donnergrollen begleitet wurde.
    Seitdem hatte er ständig Heulen, Stöhnen, Schreie, Kreischen, Grunzen, Gelächter, Kichern und wirklich zahllose Körpergeräusche gehört. Doch das schien jetzt sehr lange her zu sein.
    Zum ersten Mal hörte er Stille.
    Er mochte sie nicht.
    Dennoch ging er weiter, statt zu den fröhlichen, albernen Geräuschen und ihren fleischigen, knochigen Quellen zurückzukehren. Denn ihr Schweigen war das einer anderen lauten und nutzlosen Art, obwohl es heute ein melancholisches, selbstverachtendes Schweigen geworden war.
    Er hatte sie gewittert; an ihnen den moschusartigen Cocktail von Schuld, Hass, Verzweiflung, Furcht und hoffnungslosem Selbstmitleid wahrgenommen. Ein Ruch, den sie alle an sich hatten, einige nur vereinzelte Spuren davon, andere dagegen trugen ihn wie eine Mähne um ihren Kopf.
    Das heißt, verbesserte er sich, fast alle von ihnen.
    Es war so ungewöhnlich, dass Lenk überhaupt keinen Geruch abgesondert hatte, als sie sich heute Morgen kurz über den Weg liefen, dass Gariath unwillkürlich stehen geblieben war. Für gewöhnlich strömte der junge Mann sehr viele

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