Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
Vom Netzwerk:
könntest, was ich von dir hören will, hätte ich dich nicht geschlagen. Das bedeutet es, eine Shict zu sein.«
    »Also macht Heuchelei eine Shict aus? Das klingt ziemlich einfach.«
    »Bist du anderer Meinung?«
    »Bin ich.«
    »Dann sag es mir.«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Ich kann dir sagen, was ich will, du wirst mich trotzdem schlagen, bis ich sage, was du hören willst. Wenn ich sage, was du hören willst, bin ich keine Shict. So viel weiß ich.«
    Daraufhin hatte sie gelächelt.
     
    Kataria lag auf dem Strand. Sie hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte in den Himmel. Die Sonne zog hinter den grauen Wolken langsam und träge ihre Bahn und schien sich überhaupt nicht für Katarias prüfende Blicke zu interessieren, mit denen sie ihre Bahn kontrollierte. Als sie schließlich hinter den Wolkenbergen hervorspähte, als wollte sie nachsehen, ob Kataria sie noch immer beobachtete, waren nach Schätzung der Shict drei Stunden verstrichen.
    Sie hob den Kopf ein wenig und sah an ihren nackten Füßen vorbei.
    Das Ufer schien ihr zuzuwinken, endlos, leer und eifrig. Es war ein bisschen zu sehr erpicht, ihr die heranrollende Gischt zu zeigen, die leise murmelnde Brandung und den endlosen blauen Horizont, der sich vor ihr ausdehnte.
    Und nichts anderes.
    Es gab keine Wrackteile, nichts rührte sich, es gab nicht einmal Leichen.
    Sie seufzte und richtete ihren Blick wieder gen Himmel, während sie überlegte, wie lange sie wohl schicklicherweise auf ein Anzeichen dafür warten musste, dass einer ihrer Gefährten überlebt hatte, nachdem sie alle in dem wüsten Toben des Meeres getrennt worden waren, das eine gigantische fleischfressende Seeschlange aufgewühlt hatte.
    Wonach soll man überhaupt suchen?, überlegte sie. Nach Holz? Nach abgetrennten Gliedmaßen? Sie erinnerte sich an das klaffende Maul der Akaneed, an ihre scharfen Zähne, die alles zerfetzten. Nach Kot?
    Aber nichts davon war zu sehen. Sie seufzte erneut. Und warum auch? Wie groß war schon die Chance, dass einer von
ihnen an den Strand gespült wurde? Und wenn doch, warum sollte es ihnen so ergangen sein wie ihr, die nur ihren Bogen und ihre Stiefel verloren hatte?
    Sie sind längst tot, sagte sich Kataria. Sie treiben im Meer, ruhen in einem Kropf, wurden von Möwen zerpickt oder werden gleich als aufgeschwemmte, blasse, von Wasser durchtränkte Fleischbrocken angespült. Sie waren tot, und sie lebte. Sie sollte sich glücklich schätzen.
    Sie lebte.
    Und sie sind tot.
    Sie war nicht tot.
    Und er ist tot.
    Und sie war eine sehr glückliche Shict.
    Shict. Sie wiederholte das Wort in Gedanken. Ich bin eine Shict. Shict sind stolz. Shict sind stark. Shict kämpfen nicht fair. Den Shict wurde von Riffid Instinkt gegeben, mehr nicht. Shict kämpfen, um zu schützen. Shict kämpfen, um zu reinigen. Shict töten Menschen. Menschen sind eine solche Pest. Menschen sind die Geißel, welche diese Welt erstickt. Menschen bauen, Menschen zerstören, Menschen verbrennen, Menschen töten. Shict töten Menschen. Shict trauen Menschen nicht.
    In diesem Augenblick beschloss die Natur zu schweigen. Das Tosen des Ozeans ebbte ab, das leise Wispern des Windes legte sich, das Rascheln und Knarren der Bäume, die sich im Wind wiegten, hörte auf. Und das alles nur für einen Moment, der gerade lang genug war, damit sie einen einzelnen unbedeutenden Gedanken hören konnte, der ihr ins Bewusstsein kroch.
    Aber du hast es doch getan.
    Dieser Gedanke schwoll rasch zu einer Flut von Erinnerungen an, Erinnerungen, die sie so gut wie möglich in einer dunklen Ecke ihres Verstandes verstaut hatte, bis sie sie irgendwann durch einen Schlag auf den Kopf wieder loswürde.
    Aber sie kamen zurück, ganz gleich, wie sehr sie sich bemühte, sie zu blockieren.
    Sie erinnerte sich an den Anblick einer silbernen Haarmähne,
erinnerte sich daran, wie ungewöhnlich sie damals solche Haare bei einem Menschen fand. Sie erinnerte sich daran, dass sie deshalb ihren Bogen hatte sinken lassen, den Pfeil, mit dem sie auf seinen Kopf gezielt hatte, einen Kopf, der so völlig frei von Argwohn und Pfeilen war. Sie erinnerte sich daran, wie fasziniert sie gewesen war, daran, dass sie ihm gefolgt war.
    Shict töten Menschen, sagte sie sich erneut und versuchte, die Erinnerung mit Rhetorik auszulöschen. Shict schlachten Menschen ab. Shict reinigen die Welt von Menschen. Mutter hat mir gesagt, was Shict sind.
    Aber sie konnte die Geräusche nicht ersticken. Seine Geräusche, die Geräusche,

Weitere Kostenlose Bücher