Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
s’na shict s’ha, schon vergessen? Menschen nennen sie Grünshict. Das Problem ist er. Töte ihn, und du bist eine Shict, richtig? Richtig.
Denn das ist eine Shict, sagte sie sich, während sie weiter
den Spuren folgte. Eine Shict tötete Menschen. Das taten Shict. Ihr Vater hatte das gesagt. Inqalle hatte es gesagt. Ihre Mutter ...
Sie ging langsamer, und die Erde hörte ihr Zögern.
Mutter, sagte sie zu sich selbst, hat dich gefragt, was eine Shict ist.
Sie starrte auf den Stock des Fürsprechs in ihrer Hand, auf die weiße Trauerfeder, die sie daran befestigt hatte.
Und du hast geantwortet ...
Ihre Ohren zuckten. Sie lauschten unablässig, auch wenn ihr Verstand nicht darauf achtete. Sie erhoben sich und bewegten sich langsam von einer Seite zur anderen, als sie ein Geräusch wahrnahmen.
Wasser ?
Sie folgte dem Geräusch, dem Tosen von Flüssigkeit, das bei jedem Schritt lauter wurde. Sie blickte dabei auf die Erde; die Spuren führten dorthin, obwohl die Erde sich immer noch weigerte, den Erzähler ihrer Geschichten zu verraten, selbst als sie feuchter wurde.
Schon bald verwandelte sich der Boden in eine Schlammpiste, auf der sich Wald und Fluss bekämpften. Die Bäume weigerten sich zurückzuweichen, bogen sich tief über die große blaue Schlange, die sich über die Erde wand. Sie schoss rasch dahin, gespeist von einem fernen Wasserfall, der sich über eine zerklüftete Klippe stürzte, nicht weit von der Stelle, wo sie am Ufer des Flusses stand.
Kaum drei Meter von ihr entfernt, wo das Wasser am flachsten war, erhob sich wie ein felsiger Pickel eine kleine Insel aus Erde und Stein. Lang und breit trotzte sie der Natur des Flusses mit ihrem steinernen Boden, den zerfallenden Pfeilern und etlichen von Efeu bedeckten Statuen. Der Wald jedoch schien selbst davor nicht zurückzuschrecken; Bäumen und Büschen war es gelungen, die Insel zu überwuchern, nachdem sie darauf Fuß gefasst hatten. Sie verbargen die unauffälligeren Beweise des Verfalls, während sie die Insel mit ihren blättrigen Händen würgten.
Merkwürdig, dachte sie, aber es war nicht der seltsamste Teil dieses Ortes.
Sie betrachtete den Fluss mit zusammengekniffenen Augen. Er klang genauso, wie ein Fluss klingen sollte. Das Wasser war klar und auf den ersten Blick auch zum Trinken geeignet. Ihre Lippen flehten sie an zu trinken; ihre Ohren sagten ihr, dass es sicher wäre zu verharren. Nur ihre Nase weigerte sich.
Nirgendwo roch es frisch; das Aroma von wachsenden Pflanzen, die von dem Fluss getränkt wurden, überlagerte ein sonderbarer Gestank, der unmittelbar darunter lauerte.
Trotzdem, Wasser war Wasser. Wasser konnte nicht vergiftet sein, wenn es dafür sorgte, dass solche Pflanzen wuchsen. Es kann nicht schaden, sagte sie sich, einen Schluck zu nehmen. Es würde sie befähigen, weiter zu jagen, schneller, und zu erledigen, was getan werden musste.
Sie blickte auf das Wasser und schmatzte. Ihre Nasenflügel zitterten.
Trotzdem, dachte sie mit einem Blick auf den Wasserfall, ich wüsste nicht, warum ich nicht direkt aus der Quelle trinken sollte.
Sie blickte hoch, als sie überlegte, woher der Fluss eigentlich kam. Und auf den großen Felsen der Klippe fand sie die Antwort. Der Fluss ergoss sich aus großen skelettierten Kiefern.
Der Schädel ähnelte einem gewaltigen, fleischlosen Fisch und starrte sie aus leeren Augenhöhlen an, während er gefährlich weit über dem Rand der Klippe hing. Er war riesig, und das Wasser quoll aus jeder leeren Öffnung in seiner gebleichten Oberfläche. Es strömte aus seinen großen, mit Zähnen reich bestückten Kiefern, brach aus den schwarzen leeren Augenhöhlen, schien gleichzeitig zu weinen und sich zu übergeben.
Nicht, dass dieses Bild sie nicht etwa beunruhigt hätte, aber es verblasste im Vergleich zu der Tatsache, dass sie einen solchen Schädel schon zuvor gesehen hatte, wenngleich auch einen viel kleineren. Aber sie hatte ihn gesehen, mit glatter,
schattengleicher schwarzer Haut, und in den Augenhöhlen hatten ausdruckslose weiße Augen geschimmert. Sie erinnerte sich an die Zähne, an die Kiefer, erinnerte sich an die gurgelnde, blubbernde Stimme.
Ein Abysmyth. Sie starrte auf den Schädel eines Dämons, der weit größer war, als sie je für möglich gehalten hätte.
Aber es ist nur ein Schädel, dachte sie. Der Dämon, dem er gehört hatte, war jetzt tot, und sie musste sich nicht fürchten. Ebenso wenig brauchte sie darüber nachzudenken, woher er gekommen war. Sie
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