Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
langsam von der anständigen Meeresgesellschaft fort.
Lenk blinzelte und starrte ihr dann verständnislos nach. »Na gut, das ist eine ziemlich harte Nuss.« Er streckte die Hand aus, als wollte er die Bedeutung dieser mit Flossen bestückten Missgeburt greifen. »Also … sie sieht aus wie … wie was? Eine Art … Hacke? Soll das nun bedeuten, dass ich meine Zukunft darauf ausrichten soll … Fische zu züchten?« Er runzelte nachdenklich die Stirn. »Wahrscheinlich ist das nicht einmal unbedingt die sonderbarste Methode …«
»Frag mich.«
Ihre Stimme traf ihn wie eine Ohrfeige. Ein Schatten starrte auf ihn herunter, aber er war nicht dunkel genug, um das gnadenlose Blau ihrer Augen zu verbergen.
Seine Stimme schmeckte salzig. »Was soll ich dich fragen?«
Ihr scharfer Blick und das unvermittelte Aussetzen seines Herzschlags deuteten darauf hin, dass sie beide die Antwort kannten. Sein Herz nahm seine Arbeit erst wieder auf, als er die Worte über seine Lippen gebracht hatte.
»Wer bist du?«
Sie schüttelte den Kopf. Sein Herz schien unter ihrem Blick zu zappeln und sich alle Mühe zu geben, hinter diesem fadenscheinigen Schleier aus Haut und Fleisch unsichtbar zu bleiben. Er wollte etwas anderes sagen. Und wenn er es nicht sagte, würde es jemand anders tun.
Und diese anderen würden erheblich lauter sprechen als sie.
»Was muss ich tun?«, fragte er.
»Töten.«
»Das will ich nicht.«
»Ich habe nicht von deinen Freunden gesprochen.«
»Ich auch nicht.«
Sie warf einen Blick in sein Inneres. Was sie sah, veranlasste ihn, den Kopf zu senken. Er log nicht.
»Du hast den Dämonen zugehört«, flüsterte sie. Sie log ebenfalls nicht.
Er hatte zugehört, als die Dämonen zu ihm gesprochen hatten. Ganz besonders, als ein Dämon zu ihm sprach. Ulbecetonth. Die Krakenkönigin, Abgründige Mutter. Er konnte ihre Stimme immer noch hören. Sie kam von dem winzigen, weit entfernten Platz, an dem eigentlich sein Gewissen hätte sitzen und das Wort ergreifen sollen. Und genau wie ein Gewissen es tun sollte, bat sie ihn, davon abzulassen.
Sie bat ihn, sich nicht in ihre Pläne einzumischen, sich nicht auf die Suche zu machen, um die Fibel zurückzuholen, nicht das Blut ihrer gläubigen Anhänger und ihrer Kinder zu vergießen. Sie nicht zu zwingen, den Schreien ihrer sterbenden Kinder zu lauschen, während diese verbluteten, abgeschlachtet von seinem Schwert.
Blieb sein Verstand stumm, in den Augenblicken zwischen seinen Atemzügen und den Stimmen, die in seinem Kopf sprachen, konnte er sie ebenfalls hören. Sie schrien so laut. Und so oft.
»Warum?«, erkundigte sie sich.
»Sie hat mein Leben verschont«, erwiderte Lenk. Er blickte auf den Meeresboden, als wären seine Gründe im Sand vergraben. »Sie hat mir Dinge erzählt, nach denen ich mich besser fühlte.« Er versuchte, ihren scharfen Blick zu ignorieren. »Sie hat mir gesagt, ich könnte das alles vermeiden … diese ganze Geschichte mit der Fibel, mit ihnen, mit … mit ihr.«
»Und trotzdem willst du sie töten? Nur die Dämonen nicht? Lenk, wie …?«
» ICH ATME UNTER WASSER !« Lenk starrte sie finster an. Das Herz hämmerte in seiner Brust. »Das ist bereits das dritte Mal, dass mir so etwas passiert. Beim letzten Mal leistete mir ein Gebiss aus gigantischen Zähnen im Meeresboden Gesellschaft, das sich mit einer Stimme in meinem Kopf anlegte, die mich ständig davon abhielt, mich selbst umzubringen. Gleichzeitig drängte mich dieselbe Stimme dazu, eine Frau umzubringen, mit der ich mich unbedingt aussprechen will. Obwohl diese Frau mich dem Tod überlassen hat, damit sie selbst sich mit einem hundsgemeinen, grünhäutigen, spitzohrigen Hurensohn herumwälzen kann …Also entschuldigst du vielleicht, wenn das alles etwas kompliziert klingt!«
Er rieb sich die Schläfen. Sein Kopf schmerzte. Plötzlich spürte er einen starken Druck. Sein Mund schmeckte Salz. Die Welt, diese Welt, begann sich unter ihm zu bewegen, obwohl er vollkommen ruhig dastand. Als ihr Schatten von ihm glitt, wurde ihm plötzlich unbehaglich heiß.
Er achtete kaum darauf.
»Ich will das alles nicht mehr«, sagte er. »Ich will niemanden mehr umbringen, niemanden. Ich will mich nicht ohne mein Schwert nackt fühlen. Ich will mich nicht wohlfühlen, wenn ich vollkommen blutverschmiert bin, und ich will auch nicht ohne …«
Er bemerkte das riesige Loch erst, als seine Absätze über den Rand rutschten.
Er kroch hastig davon fort, fiel auf Hände und Knie und
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