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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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wirbelte herum. Die Korallen und ihre Farben waren weit weg. Unter ihm befand sich nur noch ein winziges Stück Meeresboden. Vor ihm war die Welt einfach verschwunden, untergegangen in einem unermesslichen, endlosen Blau.
    »Wo sind wir?«, erkundigte er sich.
    »In der Hölle«, antwortete jemand. War sie das?
    »Warum?«
    »Du hast uns hierhergebracht.«
    »Nein.« Er stand auf, ein wenig zittrig. In seinem Kopf drehte sich alles. Sein Herz hämmerte. Und als er sprach, dröhnten die Worte in seinen Ohren. »Keine Rätsel mehr. Keine kryptischen Bemerkungen. Keine Deutungen. Du bist zu mir gekommen. Du hast mich hierhergebracht. Du musst mir sagen, was ich tun soll.«
    »Jaga.«
    »Was ist damit?«
    »Pflicht.«
    »Was für eine Pflicht?«
    »Was wir tun, tun wir nicht freiwillig. Wir wurden nicht damit geboren. Wir sind keine glücklichen Wesen, Lenk.«
    »Wir? Meinst du dich und mich, oder … oder gibt es noch mehr von uns?« Er umklammerte seinen Kopf, versuchte, die Finger durch seine Kopfhaut zu bohren, in seinen Schädel, und die Erinnerungen herauszuzerren. »Da war ein Mann … ein Mann im Eis. Ich erinnere mich … ich erinnere mich. Das bin ich. Meine Erinnerungen, meine Freunde, meine Stimme …«
    »Unsere.«
    Er trieb jetzt im Wasser. Diese Welt verschwand. Seine Welt war an der Oberfläche, weit entfernt. Und diese Welt hier öffnete sich unter ihm. Er war nirgendwo.
    Er hatte kein Herz mehr, keinen Kopf mit schweren Gedanken, die ihn hinabzogen. An ihrer Stelle wuchs etwas Kaltes.
    »Unsere Stimme.«
    Sein Kopf pochte, hämmerte, schwoll an und dehnte sich aus.
    »Unsere Pflicht.«
    Er platzte.
    Er spürte, wie sein Augenlid zuckte, zitterte und sich schließlich aufblähte. Eis und Schädel krachten, als ein durchsichtiger, spitzer Dorn sich an der Stelle bildete, wo sein Hirn gewesen war, und unaufhaltsam nach außen drang. Etwas löste sich in ihm, und er hörte, wie seine Augenhöhle krachend zerbarst.
    Er bemerkte es erst, als sein Augapfel vor ihm im Wasser schwebte, ihn anzustarren schien, und der gezackte Eisdorn aus seiner Augenhöhle herauswuchs.
    »Unser Tod.«
    Er spürte, wie sein Hinterkopf zerbarst, als ein weiterer eisiger Stachel wie ein Horn herausfuhr. Er spürte, wie sich sein Mund mit Frost füllte, fühlte, wie die dünne Hautschicht auf seiner Wange in einer roten Blume explodierte. Seine Fingerspitzen teilten sich, sein Rückgrat schlängelte sich aus seinem Rücken heraus, Schienbeine zersplitterten, als die Eiszapfen weiter aus ihm herauswuchsen, immer weiter wuchsen, bis sie den ganzen Ozean erfüllten und ihn zu Eis verwandelten.
    Erst als er keine Stimme mehr hatte, dachte er daran zu schreien.
    Der Frosch zuckte immer noch, als er ihn sich in den Mund schob. Seine Eckzähne gruben sich in sein Fleisch, und er spürte das berauschende Gefühl von starkem Gift auf seiner Zunge. In letzter Zeit dauerte es nur noch einen kurzen Augenblick, bis dieses Gefühl vorüberging.
    Knochen zersplitterten hinter seinen Lippen. Er schluckte, und ein Brei aus zerkautem Fleisch und Gift rutschte seine Kehle hinab.
    »Ich habe geträumt.«
    Seine Stimme war heiser von dem Gift, als er sprach.
    »Jedenfalls, als ich jung war. Ich bezweifle, dass jeder Stammesmann solche Träume erfahren hat. Allerdings habe ich niemals jemanden danach gefragt.«
    Seine Zehen zuckten. Die sechs blassgrünen Glieder gruben sich in die Erde. Er fühlte sich mit dieser Erde verbunden, war mit ihr verwandt; das Gift durchströmte auch sie, so wie es ihn durchfloss.
    »Im Süden haben wir nie viele Fragen gestellt. Vielleicht ist das ja im Silesrian anders. Ich weiß es nicht. Ich habe einmal meinen Onkel gefragt, ob er es weiß. Er hat mich nur angesehen und kein Wort gesagt. Dann hat er mir ein Fürsprech in die Hand gedrückt, mir auf den Kopf geklopft und mir die Menschen gezeigt.
    Damals war ich bereits seit etwa … etwa fünfzehn Jahren auf der Welt.« Er kratzte sich das Kinn. Seine Finger rieben über die Tätowierungen, die sich in Schleifen von seiner Stirn bis zu seinem Nabel erstreckten. »Vielleicht auch vierzehn. Ich hatte gerade geheiratet. Im Süden haben wir das immer ziemlich früh getan. Vielleicht ist das im Silesrian auch anders. Meine Frau war jedenfalls die erste Person, die ich jemals danach gefragt habe. Sie hat mich nur angesehen und den Kopf geschüttelt.
    Dann habe ich aufgehört, darüber nachzudenken, so gut es eben ging. Die Zeit verstrich. Ich tötete Menschen. Menschen töteten

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