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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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»Ärzte müssen richtig arbeiten, sie sind ja nicht der liebe Herrgott im Himmel.«
    Seit Greta sie an zwei Sonntagen mit in die Kirche genommen hatte, war Leni zu einer begeisterten Gläubigen geworden. Jeden Abend faltete sie ihre Händchen und betete: »Lieber Gott, bitte mach meinen Vati wieder gesund und mach, dass ich einmal sehen kann. Und bitte sag Greta, dass sie Siggo wieder liebhaben soll.« Wechselweiseschloss sie auch Oliver, Mathilde, Gerlinde, Erik, den Kutscher Carl und die Pferde in ihre Gebete ein.
    Â»So ist es«, sagte Greta jetzt zu ihr. »Du bist ein sehr kluges kleines Mädchen.«

31
    D as Fieber war zurückgekehrt. Achtunddreißig Grad zeigte das Thermometer an. Christoph fluchte. Er wollte aufstehen, wütend hin und her laufen, irgendetwas zerschlagen, das gläserne Thermometer aus dem Fenster werfen. Er tat nichts dergleichen. Stattdessen blieb er im Bett und versuchte, sich zu beruhigen. Achtunddreißig Grad waren nicht allzu viel. Er hatte in der Nacht kaum geschlafen. Die Aufregungen des gestrigen Abends waren zu viel gewesen. Ein paar Tage absoluter Ruhe, und er würde sich schon wieder erholen.
    Christoph begann zu schwitzen.
    Verdammt!, dachte er. Die Hand, mit der er nach dem Klingelzug griff, zitterte. Nelly sollte ihm eine frische Karaffe Wasser bringen. Und Chinin. Viel Chinin. Danach wollte er nach dem Arzt schicken lassen.
    Statt des Dienstmädchens erschien wenige Minuten darauf seine Mutter. »Brauchst du etwas, mein Sohn?« Ihre Stimme war sanft, ihr Ton besorgt.
    Vielleicht verzerrte das Fieber ja seine Wahrnehmung. Christoph erkannte seine Mutter kaum wieder. Wo war die strenge Hausherrin geblieben, die sich mehr um den guten Ruf der Familie denn um das Wohl ihrer einzelnen Mitglieder sorgte? Wann war diese ihm schmerzlich vertraute, kalte Mutter gegen die geradezu warmherzige Frauausgetauscht worden, die nun vor ihm stand? Gestern Abend, nachdem Greta weggelaufen war, hatte sie zu ihrem ältesten Sohn gesagt: »Schäm dich, Friedrich! Wie konntest du dem armen Mädchen so etwas Schreckliches antun! Hast du denn gar kein Herz?«
    Christoph hatte dabeigestanden und gestaunt. Selbst Cornelius Hansen hatte seine Frau verblüfft angeschaut und geschwiegen.
    Erst als auch Friedrich aus dem Salon gestürmt war, um oben in seinem Zimmer vielleicht über die Ungerechtigkeit dieser Welt und die Flatterhaftigkeit von Dienstmädchen zu grübeln, hatte Christoph wieder an Greta gedacht.
    Seine Beine waren plötzlich weich geworden. Er hatte alles falsch gemacht. Greta musste denken, er habe sie verraten, nur um den verhassten Bruder bei den Eltern vorzuführen. Um sich zu rächen für all die Jahre, in denen er von ihm unterdrückt und gehänselt worden war.
    Seine Eltern waren ihm zu Hilfe gekommen, bevor er auf den Teppich sinken konnte. Gemeinsam hatten sie ihn zurück in sein Bett gebracht. »Schlaf, mein Sohn«, hatte Freia Hansen gesagt. »Wir reden morgen Vormittag noch einmal in Ruhe.«
    Nun kam sie an sein Bett und musterte ihn prüfend. »Ein Rückfall. Das musste ja so kommen. Ich schicke gleich nach dem Arzt.« Sie betätigte nun ihrerseits den Klingelzug, und als kurz darauf Nelly erschien und knickste, erteilte sie kurze Befehle: »Eine Karaffe frisches Wasser, etwas von dem Chininpulver und einen Teller mit Haferbrei. Dann telefonieren Sie nach Dr. Weiß.«
    Nelly wurde bleich. »Bitte nicht. Gnädige Frau, ich … ich kann das nicht.«
    Freia schlug die Augen zur Decke. »Wann werden Sie endlich begreifen, dass der Telefonapparat kein Teufelswerk ist? Ich habe Ihnen schon unzählige Male beigebracht, wie Sie den Hörer abnehmen, die Kurbel drehen und mit der Vermittlung sprechen müssen.«
    Nelly ließ ihren Blick hilflos von ihrer Herrin zum jungen Herrn Christoph und zurück fliegen.
    Freia seufzte verhalten. »Nun gut, ich werde gleich selbst telefonieren. Führen Sie nun rasch die anderen Aufträge aus.«
    Erleichtert knickste Nelly erneut und verschwand.
    Christoph verzog amüsiert die Mundwinkel. »Die modernen Zeiten werden bei der armen Nelly wohl nicht mehr anbrechen.«
    Â»Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Immerhin gelingt es ihr schon, das elektrische Licht anzudrehen, ohne jedes Mal einen Schreckensschrei auszustoßen. Aber nun zu dir, mein Sohn. Erzähle mir noch einmal die Geschichte von Greta und der kleinen

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