Die Tortenbäckerin
kommen Sie noch wirklich bald unter die Hufe.« Sein Lächeln traf tief in ihrem Herzen auf einen leisen Widerhall, zu flüchtig jedoch, um lange nachzuwirken.
»Oh, wie goldig«, tönte von oben dieselbe gemeine Stimme, die Greta eben erst eine dumme Göre genannt hatte. »Zwei junge Turteltäubchen. Schade, dass ich keine Zeit habe, den Anblick zu genieÃen. Dummerweise müssen Leute wie ich ja arbeiten. Los, Kalle, fang an aufzuladen, oder muss ich mit der Peitsche nachhelfen?«
Ein magerer junger Mann sprang vom leeren Wagen und verschwand mit Frederik Eberle im Kellereingang der Weinhandlung.
Voller Wut blickte Greta hoch und sah direkt in ein böses, kaltes Grinsen.
»Gnädiges Fräulein, darf ich mich vorstellen? Oswald Lohmann mein Name. Meines Zeichens erster Fuhrunternehmer von Altona. Der edle Ritter neben Ihnen kennt mich, glaube ich.«
Aus dem Grinsen wurde ein gehässiges Lachen, und der Mann, der ob seiner Leibesfülle gemütlich hätte wirkenkönnen, strahlte reine Bosheit aus. »Bedaure, werter Freesen, dass der gute Eberle meine Dienste vorzieht. So ist das Geschäft.«
Ohne die Zusammenhänge zu kennen, begriff Greta, dass dieser Lohmann für Siggo eine Gefahr darstellte. Hilfloser Zorn schwang in seiner Stimme mit, als er nun erwiderte: »Sie haben Eberle einen Preis gemacht, der Ihre eigenen Kosten nicht im Entferntesten decken kann. Einzig und allein aus dem Grund, um mich auszustechen.«
Lohmann klatschte in die Hände wie ein Lehrer, der sich über einen klugen Schüler freute.
»Sehr gut, mien Jung. Du hast es verstanden.«
»Ich bin nicht Ihr Junge!« Siggo schrie jetzt, und Greta legte ihm beruhigend eine Hand auf den Arm. Zu ihrer Ãberraschung entspannte er sich ein wenig. Gleichzeitig spürte sie ein leises Zittern unter dem rauen Stoff seines Hemdes. Er hat Angst vor dem Mann, schoss es ihr durch den Kopf. Er ist so groà und stark, aber da ist auch etwas, das ihn schwach macht. Seltsamerweise fühlte sie sich dadurch zu ihm hingezogen.
Siggos Aufmerksamkeit war auf Lohmann gerichtet. »Die Frage ist nur«, fuhr er fort, »wie lange Ihre armen Pferde es noch aushalten werden, bei wenig Nahrung und reichlich Peitschenhieben so schwer zu arbeiten.«
Greta verstand nicht viel von Pferden, aber selbst sie konnte sehen, wie unter dem dumpfen Fell der beiden Braunen vor Lohmanns Wagen die Rippen spitz hervorstachen.
»Um meine Gäule brauchst du dich nicht zu sorgen«, gab der dicke Mann leichthin zurück. »Ich habe noch genug andere im Stall. Na los, wirdâs bald?« Letzteres galt dem Jüngling namens Kalle, der nun zusammen mit einemAngestellten der Weinhandlung das erste Fass über ein Holzbrett die Kellertreppe hinaufrollte.
»Lassen Sie uns verschwinden«, raunte Siggo Greta zu und half ihr auf den Kutschbock. Ohne seinem Widersacher noch einen Blick zu gönnen, schnalzte er mit der Zunge, woraufhin die beiden falbenfarbenen Wallache munter den leeren, leichten Pritschenwagen anzogen.
»Was für ein schrecklicher Mensch«, sagte Greta vorsichtig, erntete aber nur Schweigen. Sie konnte sehen, wie seine Kiefernmuskeln mahlten, und wieder spürte sie diesen kleinen Stich im Herzen. Doch sogleich musste sie an Christoph denken, den schönen, eleganten Christoph, mit seinen weichen zärtlichen Händen und dem Grübchen im Kinn. Für Tante Mathilde war er nur ein eitler Geck. Ein zupackender Kerl wie Siggo wäre mehr nach ihrem Geschmack, überlegte Greta und unterdrückte ein Seufzen. Wie viel einfacher könnte mein Leben sein, wenn ich mich in einen Mann von gleichem Stand verlieben könnte, einen wie diesen hier. Bevor er ihren Blick auffangen konnte, wandte sie sich ab und sagte: »Das ist nicht der Weg nach Hause.«
Siggo lockerte seine Fäuste, und ein kleines Lächeln lieà sein Gesicht aufleuchten. »Richtig. Wir fahren zur Sternschanze. Dort wohnt ein Freund, der dringend warme Mahlzeiten braucht.«
Aufmerksam lauschte Greta der Geschichte des pensionierten Leutnants Wilhelm Podolski und fragte schlieÃlich: »War er nie verheiratet?«
»Doch, aber seine Frau starb noch ganz jung am Kindbettfieber. Sie war seine groÃe Liebe, und er hat nie wieder geheiratet.«
»Und das Kind?«
»Ein Junge. Er ist im Krieg gefallen. Wurde keine siebzehn Jahre alt.«
»Der arme Mann«, murmelte
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