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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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war seit vierzehn Tagen überfällig. Greta musste einfach darauf vertrauen, dass diese Leute ein bisschen Geduld hatten. Bald, dachte sie hoffnungsvoll. Bald nehme ich den Omnibus nach Barmbeck. Ein Lächeln stahl sich in ihre Mundwinkel. Und wenn Christoph nächstes Jahr aus Afrika zurück ist, beginnt für uns alle ein neues Leben. Auch für Leni.
    Ihr Lächeln erstarb, als sie in die Küche zurückkehrte. Was soll werden, wenn ich hier fortmuss?, fragte sie sich. Aber dann schob sie alle trüben Gedanken beiseite und machte sich an die Zubereitung eines Eintopfgerichtes, das nur ein echter Hanseat zu würdigen wusste. Sie legte Scheiben von durchwachsenem Räucherspeck auf denBoden eines Schmortopfes und bedeckte sie mit gewaschenen und gebrochenen Bohnen. Dann goss sie Wasser bis zur Höhe der Bohnen ein und würzte mit Salz, Pfeffer und ein wenig Bohnenkraut. Während der Eintopf zugedeckt fünfzehn Minuten kochte, wusch sie kleine harte Birnen, entfernte nur den Blütenansatz und legte sie auf die Bohnen. Dann ließ sie den Eintopf erneut kochen, so lange, bis die Birnen weich, aber nicht musig waren. Das eingekochte Wasser musste schließlich noch mit Stärkemehl gebunden werden, und als Beilage machte Greta Salzkartoffeln.
    Den Teig für den Kuchen hatte sie schon zuvor aus Eidotter, Mehl, Butter, Zucker, Zitrone, Zimt und Kardamom zubereitet. Nun rollte sie ihn auf einem Tortenblech aus und bestrich ihn mit Eigelb und süßem Rahm. Darauf kamen gehackte, mit Zimt und Zucker vermischte Mandeln. Während auf dem Herd der Eintopf köchelte, buk im Ofen der Kuchen.
    Als Leutnant Podolski von seinem Spaziergang zurückkehrte, duftete das ganze Haus deftig und süß, und wie jeden Tag bestand er drauf, dass seine Köchin ihm beim Essen Gesellschaft leistete.

    Zu Gretas Überraschung entwickelte sich Wilhelm Podolski innerhalb weniger Tage zu einem begeisterten Spaziergänger. Im schönsten Licht, nachmittags um drei, marschierte er los und kehrte erst nach Einbruch der Dunkelheit gegen fünf Uhr zurück. Er bekam eine rosige Gesichtsfarbe, wirkte auf einmal um Jahre verjüngt und pfiff schrecklich falsch, aber mit Inbrunst, alte Soldatenlieder.Erstaunlich, dachte Greta, was so eine Dezembersonne ausrichten kann. Aber in Wahrheit hegte sie einen ganz anderen Verdacht.
    Die Bestätigung dafür bekam sie, als Wilhelm eines Tages sagte: »Sie können heute früher nach Hause gehen, meine Liebe. Ich bin zum Abendessen eingeladen.«
    Greta musste sich auf die Lippen beißen, um nicht neugierig nachzufragen. Das Privatleben ihres Arbeitgebers ging sie nichts an.
    Â»Vielen Dank«, sagte sie nur.
    Podolski schien sie schon gar nicht mehr zu sehen.
    Mit der Bahn fuhr Greta nach Altona und nahm dann den Pferdeomnibus bis zur Norderreihe. Sie beschloss, kurz bei Siggo vorbeizuschauen, um ihm die Neuigkeit zu erzählen. In diesen vergangenen drei Wochen hatten sie sich nicht oft gesehen, aber bei den seltenen Gelegenheiten grüßte er stets höflich und zurückhaltend. Die wenigen Male, als sie Zeit gefunden hatte, bei Gerlinde Freesen in die Lehre zu gehen, war er nicht zu Hause gewesen. Vielleicht mit Absicht?
    Greta hatte sich schon gefragt, ob er wütend auf sie sei, aber sie wusste keinen Grund dafür. Sie nahm an, dass ihm sein Konkurrent Oswald Lohmann das Leben besonders schwermachte, trotzdem ärgerte sie sich über sein Verhalten. Was hätte ihn ein freundliches Lächeln, ein liebenswürdiger Blick schon gekostet? Nicht dass ihr das so wichtig wäre, ihr Herz gehörte natürlich nach wie vor Christoph, der im fernen Afrika weilte, sie jedoch ganz bestimmt nicht vergaß.
    Da! Dieser sture Fischkopf tat es schon wieder! Sah sie herankommen, machte sich am Lederzeug zu schaffen und schickte nur ein knappes Nicken in ihre Richtung. Diesmaljedoch ging Greta nicht einfach weiter, sondern blieb einen Meter vor ihm stehen.
    Â»Ihr Freund, der Leutnant, wandelt auf Freiersfüßen«, sagte sie statt einer Begrüßung, bemüht, ebenso unhöflich zu sein wie er.
    Siggo sah überrascht auf, und für einen winzigen Moment sah sie ein helles Licht in seinen Augen, das aber rasch wieder verschwand. »Wilhelm?«
    Â»Wer sonst? Ich kenne wohl kaum andere Freunde von Ihnen.«
    Sie merkte erschrocken, wie beleidigt das klang, und erzählte ihm daher schnell, was sie vermutete. »Und

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