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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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werden? Gab es denn nichts, womit er ihr helfen konnte? Seit Tagen grübelte er darüber danach, nun traf er eine Entscheidung: Ein Automobil war nicht wichtig. Leni war wichtig. Wenn es etwas gab, das Leni ein besseres Leben schenken konnte, dann wollte er gern seine Ersparnisse dafür hergeben. Die Frage war bloß, was Greta dazu sagen würde. Sie war eine verdammt stolze Frau, und sie würde kein Geld von ihm annehmen. So kam Siggo wieder einmal zu keinem befriedigenden Ergebnis seiner Grübelei. Seufzend gab er es auf und tippte mit der Fahrleine kurz die breiten Pferderückenan. Hans und Helene beschleunigten willig ihren Schritt. Wenn er sich beeilte und Max vor die leichte Kutsche spannte, würde er rechtzeitig am Mittelweg sein, um Greta abzuholen. Bei der Gelegenheit konnte er sie gleich fragen, ob sie mit ihm den Silvesterabend verbringen wollte. Seine Mutter würde Karpfen auf Lübecker Art zubereiten. Danach konnten sie zum Hafen fahren, um das Feuerwerk zu bewundern. Siggo lächelte in sich hinein. Ja, das würde ihm gefallen.

    So kalt war ihm noch nie gewesen. So kalt, dass er gar kein Gefühl mehr in den Füßen hatte und die Hände wie gläserne Klauen aussahen, die kaputtgehen konnten, wenn er irgendwo gegenkam. Merkwürdig, er zitterte gar nicht mehr. Lag nur reglos in der Zimmerecke und starrte blicklos auf den Ofen, in dem schon seit Wochen kein Feuer mehr brannte. Erst war ihm die Kohle ausgegangen, dann hatte er alle Möbel in der Wohnung verheizt. Jetzt war nichts mehr da. Und diesmal hatte er nicht einmal die Kraft gehabt, seine Freunde um Hilfe zu bitten. Es waren Jungen wie er selbst, und sie hatten in diesem eisigen Winter genug zu kämpfen, um zu überleben.
    Von draußen drangen Gelächter und Rufe herein. Die Menschen feierten das neue Jahr. Irgendwo wurde ein Feuerwerk gezündet. Er liebte Feuerwerk! Welcher Junge tat das nicht? Er musste aufstehen und es sich ansehen! Aber er kam nicht hoch. Schaffte es einfach nicht. Oliver schloss die Augen.

14
    S iggo Freesen hob sein Weinglas. »Auf ein gesundes und erfolgreiches neues Jahr.« Er sah dabei Greta an, die ihren Blick jedoch in die goldgelbe Flüssigkeit senkte. »Prost Neujahr.«
    Immerhin stieß sie zunächst mit ihm an und danach erst mit seinen Eltern. Siggo wertete das als Erfolg. Bei diesem Mädchen kam er nur mit winzigen Schritten zum Ziel, das war ihm längst klar. Er war ja schon froh gewesen, dass sie überhaupt seine Einladung für den Silvesterabend angenommen hatte. Ohne das gute Zureden ihrer Tante hätte sie vermutlich abgesagt. »Höchste Zeit, dass du dich mal ein bisschen amüsierst«, hatte Mathilde Voss energisch gesagt. »Du bist zu jung, um immer nur zu arbeiten und dir Sorgen zu machen.«
    Siggo hatte dabeigestanden und genau gespürt, wie Greta nach einer glaubhaften Ausrede suchte. Doch am Ende war ihr nichts eingefallen, und so hatte sie nur förmlich erwidert: »Bitte richte deiner Mutter meinen Dank aus. Ich komme gern.«
    Als ob das Ganze Mutters Idee gewesen wäre! Nun gut, was zählte, war das Ergebnis. Und sie war tatsächlich erschienen. Wollte nicht von ihm abgeholt werden, klopfte aber um Punkt sieben an die Tür, trug ein dunkelblaues Kleid, das die Farbe ihrer Augen noch heller wirken ließ,schüttelte einzelne Schneeflocken aus ihrem Umschlagtuch und brachte ihren ganz eigenen Duft nach Zimt und Wacholder mit. Seinen Vorschlag, später gemeinsam zum Hafen zu fahren, lehnte sie kategorisch ab. Das Feuerwerk konnten sie genauso gut vom Dachboden aus bewundern.
    Siggo fand den Dachboden nicht annähernd so romantisch wie eine nächtliche Kutschfahrt an die Elbe, doch er beugte sich lächelnd ihrem Wunsch. Und vielleicht gelang es ihm ja auch dort oben, ganz nah am Sternenhimmel, Greta einen Kuss zu rauben.
    Sein Hals war plötzlich trocken, und er trank rasch einen großen Schluck Wein. Dann bemerkte er, dass seine Mutter und Greta schon wieder in ein Fachgespräch vertieft waren. Verdammt! Dies sollte sein und Gretas Abend werden.
    Â»Nein«, sagte Gerlinde gerade, »keine Kuchen mehr. Da kann ich dir nichts mehr beibringen. Du bereitest Butterkuchen mit Mandeln, Heidesand und Hamburger Kaffeebrot inzwischen genauso gut zu wie ich.«
    Greta lachte. »Ich habe schon richtige Muskeln vom vielen Rühren gekriegt.«
    Zu seinem Erstaunen bemerkte Siggo, wie Gerlinde das

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