Die Tortenbäckerin
auseinanderschrecken. »Bringen Sie Ihre Verlobte nach Hause. Sie können hier nichts tun.«
Siggo sah, wie Greta rot wurde. Sie öffnete den Mund, sagte dann aber doch nichts. Ein plötzliches Glücksgefühl überkam ihn, sodann erinnerte er sich, wo er war. »Wie geht es Oliver? Wird er durchkommen?«
»Er lebt«, sagte die Schwester knapp. »Aber er hat eine Lungenentzündung und ist stark unterernährt. Alles hängt davon ab, ob er die nächsten Tage übersteht.«
»Darf ich für ihn kochen?«, fragt Greta.
Magda nickte. »Das würde helfen. Bei dem FraÃ, den es hier im Krankenhaus gibt, setzt niemand Fett an. Aber nur etwas Leichtes. Milchsuppen oder Fleischbrühen. Der Kleine kann in den nächsten Tagen nur flüssige Nahrung zu sich nehmen.«
Er war im Paradies. Es konnte gar nicht anders sein. Alles war hell und sauber, und ihm war überhaupt nicht mehr kalt. Eigentlich war ihm sogar heiÃ, viel zu heiÃ, und er merkte, wie er schwitzte. AuÃerdem störte ihn das Kindergeschrei.Irgendwo in seiner Nähe brüllte ein Junge: »Aua! Aua! Es tut so weh!«
Wie war das möglich? Im Paradies gab es keine Schmerzen, und zu warm durfte es auch nicht sein. Oliver sah zur Seite und erkannte schemenhaft den Jungen, der so brüllte. Ein Arm steckte in einem Gipsverband, das runde Gesicht war hochrot.
»Halt den Mund!«, fuhr ihn eine Frau in einer weiÃen Schwesterntracht an. »Du weckst die anderen Kinder.«
Dann kam sie an Olivers Bett, und ihm wurde klar, dass er doch nicht im Paradies war. Trotzdem fühlte er sich so gut wie seit ewiger Zeit nicht mehr. Wenn ihm bloà nicht so heià gewesen wäre!
»Das ist das Fieber«, erklärte ihm die Schwester, die zwar sehr streng tat, aber eigentlich ganz lieb war. Mit einem warmen, leicht nach Essig riechenden Lappen wusch sie ihn ab. Sodann steckte sie ihn in ein neues blütenweiÃes Nachthemd und zog ein frisches Laken auf. »So, fertig für deinen Besuch.«
Und auf einmal waren sie fast alle da. Gerlinde Freesen, Greta und Siggo, und sogar Mathilde, vor der er sich stets ein bisschen gefürchtet hatte. Nur der Mann von Gerlinde fehlte, aber der war ja Olivers Meinung nach auch nicht ganz richtig im Oberstübchen. Die Besucher standen um sein Bett herum, als sei er der Kaiser persönlich, und freuten sich, als die Schwester ihnen versicherte, es ginge ihm schon viel besser.
»Das Fieber ist noch hoch, aber er kommt langsam zu Kräften.« Na ja, da war er anderer Meinung. Er schaffte es ja noch nicht einmal allein zur Toilette.
»Was für ein Glück, dass ich ihn gefunden habe«, sagteMathilde. »Vielleicht war es auch nur so eine Ahnung, dass ich an seine Tür geklopft habe. Mir war aufgefallen, dass ich den Lütten schon ein paar Tage nicht mehr gesehen hatte.«
»Ja«, erwiderte Greta. »Ohne dich wäre er heute nicht mehr am Leben.«
Mathilde lächelte bescheiden. »Es kam so ein eisiger Luftzug durch die Türritze. Da habe ich nicht länger nachgedacht. Musste nur feste gegen die Tür treten, schon war ich drin.«
Greta setzte sich auf die Bettkante. Aus einem dicken Baumwolltuch zauberte sie einen Topf hervor, aus dem es verführerisch duftete. »SüÃe Graupensuppe«, sagte sie lächelnd und begann, ihm langsam Löffel für Löffel in den Mund zu schieben.
Aber auf einmal konnte er nicht mehr schlucken, musste furchtbar heulen und schämte sich entsetzlich. Da schickte Mathilde alle anderen fort, nahm ihn auf den Schoà und wiegte ihn wie ein Baby. Erst schämte sich Oliver noch, aber dann lieà er sich in ihre weichen Arme fallen und fühlte sich getröstet.
15
I wei Tage später standen zur Besuchszeit nur drei Erwachsene an Olivers Bett. Siggo hatte diesmal auch seine Mutter zu Hause gelassen, damit sie sich um den Vater kümmern konnte. Erik Freesen kämpfte sich nur ganz langsam aus seiner Schwermut heraus. Inzwischen unternahm er zusammen mit seiner Frau schon mal einen kurzen Spaziergang, aber von einer Genesung war er noch weit entfernt. Gerlinde war da ganz seiner Meinung gewesen. »Es ist ein langer Weg für Vater. Er muss ihn langsam gehen«, hatte sie gesagt, als Greta in der Tür stand, um Siggo abzuholen. Dann hatte sie ihrem Sohn einen warmen Schal um den Hals gewickelt, so wie sie es wohl schon seit vielen Jahren tat. »Und
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