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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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Georgstraße entschieden. Was immer da an Idee in ihrem Kopf reifte, niemand durfte davon erfahren. Zumindest noch nicht zu diesem Zeitpunkt, und schon gar nicht Mathilde.
    Jetzt blickte sie ihre Tante an und straffte die Schultern. »Es ist mein Geschäft, und ich bestimme die Preise.«
    Mathilde stemmte die Fäuste in die Hüften, aber bevor sie etwas erwidern konnte, meinte Siggo: »Ausgezeichneter Vorschlag. Wenn ich dich heute Abend abhole, fahren wir zu mir und stellen eine neue Kalkulation auf.«
    Greta nickte, obwohl sie den Verdacht hegte, dass Siggo nur nach einer Gelegenheit suchte, um mit ihr allein zu sein.
    Â»Ich werde danach aber gleich nach Hause gehen. Ich bin abends immer sehr müde.« Das war nicht einmal gelogen. Nach der schweren Arbeit spürte Greta jeden einzelnen Knochen im Leib und sehnte sich nur noch nach ihrem Bett.
    Â»Still, alle beide.« Mathilde Voss schaute streng in ihre Richtung. »Oliver hat sich entschlossen, uns die Wahrheit zu sagen.«
    Greta fand, der Junge sah keineswegs entschlossen aus, aber als ihre Tante ihm eine Hand auf die schmale Schulter legte, begann er langsam: »Mein Vater hat im August auf einem Elbdampfer angeheuert. Er hat gesagt, ich soll mich gut benehmen.«
    Â»Und deine Mutter?«, fragte Greta leise, obwohl sie die Antwort schon ahnte.
    Â»Mutti ist gestorben, als ich erst ein paar Tage alt war«, sagte er mit einem Schluchzen in der Stimme. »Vati hat immer gesagt, es war ein böses Fieber.«
    Demnach musste das verhuschte Wesen, das Greta einmal an der Seite von Olivers Vater gesehen hatte, eine Freundin oder Geliebte gewesen sein.
    Siggo an ihrer Seite war sehr ernst geworden. »Weißt du, wie der Dampfer hieß?«
    Der Junge nickte angstvoll. »Ja. Das war die ›Concordia‹.Wieso?«
    Greta erstarrte innerlich. Sie hatte es damals in der Zeitung gelesen: Am achtzehnten August war der Dampfer »Concordia« auf der Elbe vor Falkenthal mit einem Motorboot kollidiert. Das Unglück hatte zwanzig Tote gefordert. Wie konnte es nur sein, dass Oliver nie davon erfahren hatte? Sein nächster Satz war den Erwachsenen Antwort genug: »Ich habe mich in der Wohnung versteckt, bis ich nichts mehr zu essen hatte.« Also hatte ihm niemand davon erzählen können, und eine Zeitung hat er sicher auch nicht zu Gesicht bekommen, dachte Greta.
    Â»Vati hatte im Frühjar gut verdient, und er hat mir gesagt, dass er die Miete schon bis Weihnachten bezahlt hat. Vati ist ein ganz kluger Mann. Er sorgt vor. Und ein bisschen Geld war noch unter seiner Matratze. Aber das war dann bald alle.«
    Â»Armes Kind«, sagte Mathilde mitfühlend. »Ich danke Gott, dass er mich Silvester zu dir geführt hat. Aber jemand muss sich von nun an um dich kümmern. Ich werde nachher gleich bei Benno vorbeigehen. Weißt du, er ist Schutzmann und ein guter Freund von mir.«
    Siggo warf Greta einen nachdenklichen Blick zu, und sie wusste, er dachte dasselbe wie sie. Mathilde meinte es gut, aber dies war der falsche Weg.
    Sogleich schrie Oliver vor Angst leise auf. »Oh nein! Bitte nicht! Bitte rufen Sie nicht die Polizei. Dann muss ich ins Kinderheim, und da ist es ganz schrecklich. Vater hat gesagt, wenn ich mich erwischen lasse, werden wir uns nie wiedersehen. Und zu essen gibt es da auch nichts, und alleKinder sterben, und dann werden sie einfach in die Elbe geworfen.«
    Â»Na, na«, sagte Mathilde leise, aber der Junge ließ sich nicht beruhigen. Er weinte so herzzerreißend, dass die Krankenschwester herbeigeeilt kam.
    Â»Sie gehen jetzt. Alle drei«, befahl Magda. »Wenn Sie den Kleinen so aufregen, steigt sein Fieber wieder.«
    Â»Ich hab’s doch nur gut gemeint«, murmelte Mathilde, als sie den Krankensaal verließen. »Jemand muss sich doch um den Jungen kümmern.«
    Wieder tauschte Greta mit Siggo einen Blick. Schließlieh schüttelte er den Kopf. Nicht jetzt, sagte er damit. Wir werden mit Mathilde reden, aber später.

16
    D ankbar stellte Greta ihre Füße auf den heißen, in Tücher eingewickelten Ziegelstein. Der Winter überzog den Norden Deutschlands in dieser zweiten Januarwoche mit eisiger Kälte und scharfem Wind. In der offenen Kutsche waren die Temperaturen kaum auszuhalten, und für einen Moment sehnte sich Greta nach den guten alten Pferdeomnibussen. Die waren zwar auch nicht geheizt, speicherten durch die vielen Menschen darin

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