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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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im Heim zu nehmen. »Von nun an kümmere ich mich um dich«, hatte Mathilde ihm versprochen. »Solange ich da bin, musst du in kein Heim gehen. Und keine Sorge, ich werde steinalt. Das liegt bei mir in der Familie.«
    Oliver hatte sie angestrahlt, dann allerdings das Gesicht verzogen, als Mathilde hinzugefügt hatte: »Um die Schule kommst du aber nicht herum, mien Jung. Sobald du wieder ganz bei Kräften bist, melde ich dich an der Volksschule an. Bildung ist alles, und natürlich wirst du später einmal das Johanneum besuchen. Danach kannst du studieren, und im nächsten Jahrhundert wirst du dann ein Gelehrter.«
    Â»Ich war bereits in der Schule«, hatte Oliver entsetzt protestiert. »Zwei Jahre lang. Das genügt doch. Und ich will Fuhrunternehmer werden. Siggo nimmt mich als Lehrling, das hat er mir versprochen. Oder ich werde Kapitän. Dann gehe ich auf große Fahrt.«
    Â»So oder so musst du noch mehr lernen. Jetzt isst du erst mal deine Kartoffelpuffer auf.«
    Für Greta war die Sache eindeutig. »Der Junge hat wieder ein Zuhause. Er kann sich glücklich schätzen. So viel Glück haben nur wenige.«
    Â»Ganz recht«, erwiderte Siggo. »Aber endlich hat auch deine Tante einen Menschen ganz für sich allein. All die Jahre hat sie sich gewissenhaft um deine kranke Mutter gekümmert und auch um dich. Doch eine eigene Familie hatte sie nie, und ein Kind, das zu ihr gehört, ist etwasBesonderes. Fällt dir nicht auf, wie sie aufblüht? Ich könnte schwören, sie ist sogar dünner geworden.«
    Nun musste Greta lachen. »Sie stopft ja alles in den Jungen hinein. Gestern Abend hat er einen ganzen Kalbfleischpudding verdrückt. Ich dachte, der platzt gleich.«
    Insgeheim staunte sie über Siggos Beobachtungsgabe. Es stimmte ja, Mathilde war wie ausgewechselt, seit Oliver bei ihr wohnte.
    Â»Außerdem«, fuhr Siggo ruhig fort, »sehe ich deine Tante seit einer Woche nicht mehr vom Kirchhof kommen, wenn ich dich frühmorgens abhole.«
    War das möglich? Mathilde trauerte nicht mehr um ihren geliebten Infanteristen? Seit jenem Tag vor fünfundzwanzig Jahren war sie regelmäßig auf den Kirchhof von Sankt Johannis gegangen und hatte an fremden Gräbern um ihre große Liebe geweint. Wenn das nun plötzlich vorbei war, dann hatte Siggo recht. Dann brauchte Mathilde den Jungen genauso sehr, wie Oliver sie brauchte. Er gab ihr die Familie, die sie nie gehabt hatte.
    Und ich?, dachte Greta. Was ist mit meiner Familie? Brauche ich nicht Leni genauso, wie sie mich braucht? Gretas gute Stimmung verflog, die größte ihrer Sorgen nahm von ihr Besitz und raubte ihr wieder einmal alle Fröhlichkeit.
    Nach dem Tag der Heiligen Drei Könige hatte Greta an einem freien Nachmittag Zeit gefunden, nach Barmbeck zu fahren. Sie hatte Siggo nichts davon gesagt, weil … ja, ganz sicher war sie sich nicht, warum sie ihn von Leni fernhalten wollte. Vielleicht war es einfach die Angst, er könnte sich mehr und mehr in ihr Leben schleichen, bis er nicht mehr herausfand und bis Greta nicht mehr wusste,wie sie ihn zurück auf seinen Platz schicken sollte: den des guten Freundes.
    Leni hatte recht gut ausgesehen. Sauberer als bei ihrem letzten Besuch und auch munterer. Stolz hatte sie Greta gezeigt, wie viele Weihnachtsplätzchen sie noch übrig hatte, und als Greta eine neue Tüte mit Butterkeksen hervorholte, da hatte sie sogar ein kleines, helles Lachen erklingen lassen: »Oh, da werde ich ja noch rund und fett.«
    Das bestimmt nicht, hatte Greta gedacht, und später, als Leni eingeschlafen war, hatte sie ein ernstes Wort mit Lotte Kröger gewechselt. »Die Kleine braucht mehr zu essen. Und jeden Tag einen Becher frische Milch.« Bevor die Frau noch jammern konnte, wovon sie das bezahlen sollte, zog Greta zwei Reichsmark aus ihrem Ridikül. »Hier. Zusätzlich für das Essen. Und wenn ich nächstes Mal komme, möchte ich sehen, dass Leni zugenommen hat.«
    Lotte Kröger hatte das Geld schnell verschwinden lassen und nur genickt.
    Einigermaßen beruhigt war Greta dann gegangen. Leni wurde versorgt, lebte in einer warmen Wohnung und würde von nun an besser ernährt werden. Doch obwohl sie sich dies immer wieder vorsagte, blieb ein schlechtes Gefühl zurück. Es war nichts Greifbares, nichts, worauf sie den Finger hätte legen können. Nur so ein Instinkt, der sie vor drohender

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