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Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)

Titel: Die Tortenkönigin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Conrad
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sie auf den Fotos aussieht? Hey, wenn mein Freund mich darum bitten würde, für seine erste Kollektion zu posieren, dann würde ich nicht aus der Wäsche gucken, als würde ich vor Langeweile gerade sterben. Was hätte sie denn lieber gemacht? Vor dem Spiegel ihre Rippen durchgezählt?«
    »Aber die Kleider sehen klasse an ihr aus.«
    »Klar, wenn man auf Frauen steht, die wie Grashalme aussehen, wenn sie Grün tragen.« Sie brach wieder in Gelächter aus und kreischte: »Oder wie Pfeifenreiniger!«
    Ich ließ mich von ihrer Heiterkeit anstecken. »Oder wie eine Salzstange!«
    »Genau! Oder … oder … wie ein Strohhalm!«
    Ich lachte mit ihr und fragte mich gleichzeitig, ob ich nicht nur neidisch war. Wenn ich mir vorstellte, dass ich eine der Roben trug … in meiner Größe natürlich … also zwanzig Zentimeter kleiner und gleichzeitig zwanzig Zentimeter breiter als Chantal … oje. Kein roter Strohhalm, sondern ein kandierter Apfel. Kein schmaler, grüner Grashalm, sondern eine runde, geschälte Kiwi. Keine Salzstange, sondern ein dickes, aufgeplustertes Roggenbrötchen.
    Hm, interessant: Zu mir und meinen Proportionen fielen mir nur Dinge ein, die man essen konnte. Darüber sollte ich gelegentlich mal nachdenken.
    »Woran denkst du?«, fragte Marie plötzlich. »Du bist so still geworden.«
    »Vielleicht sollte ich mal ein paar Kilo abnehmen.«
    »Wie bitte? Doch wohl nicht wegen dieser blutleeren, saftlosen, langweiligen Trine! Die kann doch höchstens ein abschreckendes Beispiel sein. Dieses hohlwangige Gesicht! Die sieht doch nur nach was aus, wenn sie Tonnen von Schminke im Gesicht hat. Hast du ihre Haare gesehen? Wie Sauerkraut!«
    »Ja, aber …«
    »Aufhören, kein Wort mehr. Das ist ja wohl der Hammer. Du bist wunderschön, Helene.«
    Klar, ich war so wunderschön, dass Leon mich mit anderen Frauen und Männern betrügen musste. Noch immer fühlte ich beim Gedanken an ihn diesen Schmerz tief in mir, fühlte die Scham, dass ich so dumm und naiv gewesen war. Und nicht einmal die Vorfreude auf die Arbeit mit Patrick konnte mich trösten.

KAPITEL 22
     
    Ich fühlte mich wie gerädert, als ich am nächsten Morgen aufwachte. Wirre Träume hatten mich geplagt, ohne dass ich mich an konkrete Bilder erinnern konnte. Ich musste raus, an den Strand, mich körperlich verausgaben und den Kopf freiblasen lassen.
    Als ich in die Küche kam, hockte Schorsch mitten auf dem Küchentresen und starrte mich erschrocken an. Die Arbeitsplatte war übersät mit Pfotenabdrücken aus feuchter Erde, denn es hatte über Nacht geregnet. Offenbar hatte er mich nicht kommen hören, da ich auf Socken geschlichen war, um Marie nicht zu wecken.
    Wir stierten uns ein paar Sekunden schweigend an, aber Schorsch rührte sich nicht vom Fleck, bis ich die Hände in die Hüften stemmte und laut »Wird’s bald?« rief. Sofort sprang der Kater vom Tresen und flitzte zur Katzentür hinaus.
    Also wirklich. Er wusste genau, dass er weder auf Tische noch auf die Arbeitsplatte oder den Tresen durfte. In unserer Anwesenheit hatte er es auch noch nie gewagt. Was er wohl noch alles anstellte, während wir schliefen? Musik hören? Reste aus dem Mülleimer angeln und fressen?
    Ich öffnete die Tür in den Garten und rief nach ihm, aber er hatte sich unter einem Busch verschanzt und tat so, als sei er unsichtbar.
    »Gut, dann gibt es eben kein Frühstück, oller Doofkopp«, sagte ich und ging wieder ins Haus.
    Marie hatte angekündigt, ausschlafen und keinesfalls vor dem Mittagessen aufstehen zu wollen, also zog ich mich rasch an und nahm ihren Autoschlüssel vom Haken neben der Tür, nachdem ich zur Sicherheit einen Zettel mit der Info, wo ihr Auto und ich waren, auf den Küchentresen gelegt hatte. In die Konditorei musste ich erst gegen Mittag, damit mein Vater und ich Gebäck, Brötchen und Torten für Sonntag vorbereiten konnten.
     
    Ich verließ das Dorf, folgte dann der kurvenreichen Landstraße, bis ich in die Straße, die zum Hooksieler Außenstrand führte, einbiegen konnte. Links flog der grüne Deich vorbei, rechts dicht bewachsenes, flaches Land und mehrere große, zu dieser frühen Stunde noch leere Parkplätze, die auf die Autos von Touristen und Tagesgästen warteten. Der Himmel war blau, keine Wolke zeigte sich – der kilometerlange Strand würde spätestens mittags überfüllt sein.
    Die Straße stieg ein wenig an, und jetzt konnte ich über den Deich auf das offene Meer blicken. Wieso war ich eigentlich nicht jeden Tag hier, fragte

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